man lese die Nachrichten zuverlässiger Beobach- ter c) von den Geistesfähigkeiten des Orang-Ou- tang: den Abstand zwischen diesem und dem Menschen wird man allerdings gross finden. Aber den Besitz ähnlicher, wenn auch weit mehr be- schränkter, geistiger Kräfte, als dem Menschen verliehen sind, wird man dem Affen nicht ab- sprechen können.
Das Thier scheint zu suchen und zu mei- den, zu begehren und zu verabscheuen, zu lie- ben und zu hassen, wie der Mensch. Diese Aeusserungen lassen sich vielleicht ohne Voraus- setzung einer andern, als einer bewusstlos wir- kenden Kraft erklären. Aber das Thier erinnert sich auch des Vergangenen, welches ohne Be- wusstseyn der Existenz nicht möglich wäre, und handelt da, wo der Instinkt allein dasselbe nicht leiten kann, mit Ueberlegung und Wahl der Mit- tel, also mit Freyheit. Die Bienen suchen im Frühlinge den Ort wieder auf, wo sie im Herbst mit Honig gefüttert sind d). Beyspiele von einer Klugheit dieser Thiere, die sich nicht aus dem blossen Instinkt erklären lässt, enthält fast jede
der
c) Wie F. Cuvier's in den Annales du Mus. d'Hist. nat. T. XVI. p. 46. und Tilesius's in Krusenstern's Reise um die Welt. Th. 3. S. 109.
d) F. Huber Nouv. observat, sur les abeilles. Ed. 2. T. II. p. 375.
man lese die Nachrichten zuverlässiger Beobach- ter c) von den Geistesfähigkeiten des Orang-Ou- tang: den Abstand zwischen diesem und dem Menschen wird man allerdings groſs finden. Aber den Besitz ähnlicher, wenn auch weit mehr be- schränkter, geistiger Kräfte, als dem Menschen verliehen sind, wird man dem Affen nicht ab- sprechen können.
Das Thier scheint zu suchen und zu mei- den, zu begehren und zu verabscheuen, zu lie- ben und zu hassen, wie der Mensch. Diese Aeuſserungen lassen sich vielleicht ohne Voraus- setzung einer andern, als einer bewuſstlos wir- kenden Kraft erklären. Aber das Thier erinnert sich auch des Vergangenen, welches ohne Be- wuſstseyn der Existenz nicht möglich wäre, und handelt da, wo der Instinkt allein dasselbe nicht leiten kann, mit Ueberlegung und Wahl der Mit- tel, also mit Freyheit. Die Bienen suchen im Frühlinge den Ort wieder auf, wo sie im Herbst mit Honig gefüttert sind d). Beyspiele von einer Klugheit dieser Thiere, die sich nicht aus dem bloſsen Instinkt erklären läſst, enthält fast jede
der
c) Wie F. Cuvier’s in den Annales du Mus. d’Hist. nat. T. XVI. p. 46. und Tilesius’s in Krusenstern’s Reise um die Welt. Th. 3. S. 109.
d) F. Huber Nouv. observat, sur les abeilles. Ed. 2. T. II. p. 375.
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man lese die Nachrichten zuverlässiger Beobach-
ter c) von den Geistesfähigkeiten des Orang-Ou-
tang: den Abstand zwischen diesem und dem
Menschen wird man allerdings groſs finden. Aber
den Besitz ähnlicher, wenn auch weit mehr be-
schränkter, geistiger Kräfte, als dem Menschen
verliehen sind, wird man dem Affen nicht ab-
sprechen können.
Das Thier scheint zu suchen und zu mei-
den, zu begehren und zu verabscheuen, zu lie-
ben und zu hassen, wie der Mensch. Diese
Aeuſserungen lassen sich vielleicht ohne Voraus-
setzung einer andern, als einer bewuſstlos wir-
kenden Kraft erklären. Aber das Thier erinnert
sich auch des Vergangenen, welches ohne Be-
wuſstseyn der Existenz nicht möglich wäre, und
handelt da, wo der Instinkt allein dasselbe nicht
leiten kann, mit Ueberlegung und Wahl der Mit-
tel, also mit Freyheit. Die Bienen suchen im
Frühlinge den Ort wieder auf, wo sie im Herbst
mit Honig gefüttert sind d). Beyspiele von einer
Klugheit dieser Thiere, die sich nicht aus dem
bloſsen Instinkt erklären läſst, enthält fast jede
der
c) Wie F. Cuvier’s in den Annales du Mus. d’Hist.
nat. T. XVI. p. 46. und Tilesius’s in Krusenstern’s
Reise um die Welt. Th. 3. S. 109.
d) F. Huber Nouv. observat, sur les abeilles. Ed. 2.
T. II. p. 375.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/20>, abgerufen am 24.11.2024.
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