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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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Auf ähnliche Art besitzen die übrigen Sin-
neswerkzeuge ebenfalls ausser der Empfänglich-
keit, die jedem von ihnen ausschliesslich eigen
ist, zugleich Receptivität für Nebeneindrücke,
und bey allen lässt sich eine Abstammung von
dem Tastsinne bemerken. Die Zunge und die
Nase verschaffen uns Empfindungen von der
chemischen Einwirkung der im Wasser und in
der Luft aufgelösten Körper. Aber die Zunge
ist zugleich Tastorgan. Der blind- und taub-
geborne J. Mitchell, dessen Geschichte von
Wardrop beschrieben ist e), untersuchte alles,
was ihm vorkam, durch das Getast und den
Geruch. Grosse Gegenstände überstrich er mit
den Fingern, kleine und solche, die seine Neu-
gierde mehr rege machten, brachte er an die
Zähne, oder berührte sie mit der Zungenspitze.
Auf das Innere der Nase wirkt ausser den
riechbaren Materien auch der mechanische Ein-
druck der eingezogenen Luft. Das Ohr ist
ebenfalls für eine Art von mechanischer Ein-
wirkung empfanglich, insofern es im Allgemei-
nen von den Schwingungen der Luft gerührt
wird und blos die quantitative Verschiedenheit
des Schalls wahrnimmt. Nur die Empfindung
der Qualität des letztern ist Folge einer specifi-

schen
e) History of J. Mitchell, a boy born blind and deaf.
By J. Wardrop. Edinb. 1813.
M 4

Auf ähnliche Art besitzen die übrigen Sin-
neswerkzeuge ebenfalls auſser der Empfänglich-
keit, die jedem von ihnen ausschlieſslich eigen
ist, zugleich Receptivität für Nebeneindrücke,
und bey allen läſst sich eine Abstammung von
dem Tastsinne bemerken. Die Zunge und die
Nase verschaffen uns Empfindungen von der
chemischen Einwirkung der im Wasser und in
der Luft aufgelösten Körper. Aber die Zunge
ist zugleich Tastorgan. Der blind- und taub-
geborne J. Mitchell, dessen Geschichte von
Wardrop beschrieben ist e), untersuchte alles,
was ihm vorkam, durch das Getast und den
Geruch. Groſse Gegenstände überstrich er mit
den Fingern, kleine und solche, die seine Neu-
gierde mehr rege machten, brachte er an die
Zähne, oder berührte sie mit der Zungenspitze.
Auf das Innere der Nase wirkt auſser den
riechbaren Materien auch der mechanische Ein-
druck der eingezogenen Luft. Das Ohr ist
ebenfalls für eine Art von mechanischer Ein-
wirkung empfanglich, insofern es im Allgemei-
nen von den Schwingungen der Luft gerührt
wird und blos die quantitative Verschiedenheit
des Schalls wahrnimmt. Nur die Empfindung
der Qualität des letztern ist Folge einer specifi-

schen
e) History of J. Mitchell, a boy born blind and deaf.
By J. Wardrop. Edinb. 1813.
M 4
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[177/0195] Auf ähnliche Art besitzen die übrigen Sin- neswerkzeuge ebenfalls auſser der Empfänglich- keit, die jedem von ihnen ausschlieſslich eigen ist, zugleich Receptivität für Nebeneindrücke, und bey allen läſst sich eine Abstammung von dem Tastsinne bemerken. Die Zunge und die Nase verschaffen uns Empfindungen von der chemischen Einwirkung der im Wasser und in der Luft aufgelösten Körper. Aber die Zunge ist zugleich Tastorgan. Der blind- und taub- geborne J. Mitchell, dessen Geschichte von Wardrop beschrieben ist e), untersuchte alles, was ihm vorkam, durch das Getast und den Geruch. Groſse Gegenstände überstrich er mit den Fingern, kleine und solche, die seine Neu- gierde mehr rege machten, brachte er an die Zähne, oder berührte sie mit der Zungenspitze. Auf das Innere der Nase wirkt auſser den riechbaren Materien auch der mechanische Ein- druck der eingezogenen Luft. Das Ohr ist ebenfalls für eine Art von mechanischer Ein- wirkung empfanglich, insofern es im Allgemei- nen von den Schwingungen der Luft gerührt wird und blos die quantitative Verschiedenheit des Schalls wahrnimmt. Nur die Empfindung der Qualität des letztern ist Folge einer specifi- schen e) History of J. Mitchell, a boy born blind and deaf. By J. Wardrop. Edinb. 1813. M 4

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/195>, abgerufen am 21.11.2024.