Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

grössern Stärke die denselben zum Grunde lie-
gende Empfänglichkeit des lebenden Körpers für
eben diese Eindrücke (die Reitzbarkeit) zu- oder
abnimmt.

2) Exaltirende und deprimirende Po-
tenzen
, Ursachen, welche die Beziehungen der
Reitzbarkeit auf die Aussenwelt und die Wir-
kungsart der Bildungskraft abändern.

3) Dynamische Einwirkungen. Ein-
flüsse, denen der lebende Körper insofern aus-
gesetzt ist, als er ein Glied in dem Organismus
der ganzen lebenden Natur ist. Gegen diese
reagirt er nicht nach den Gesetzen der Reitzbar-
keit. Alle Thätigkeit, die er in Beziehung auf
sie äussert, hat, gleich der des ursprünglichen
Bildungstriebs, den Charakter der Zweckmässig-
keit und scheinbarer Selbstbestimmung zum Han-
deln.

Diese Autonomie ist der thierischen Natur
eigen, und das ihr zum Grunde liegende Prin-
cip ist der Instinkt, im allgemeinsten Sinne
genommen. Der Organismus, der sie besitzt,
handelt vermöge derselben mit dem Schein des
Bewusstseyns und der Freyheit, und doch unbe-
wusst und nach nothwendigen Gesetzen.

Es lässt sich nicht bestimmen, wie weit sich
dieser Mangel an Bewusstseyn im Thierreiche er-

streckt.

gröſsern Stärke die denselben zum Grunde lie-
gende Empfänglichkeit des lebenden Körpers für
eben diese Eindrücke (die Reitzbarkeit) zu- oder
abnimmt.

2) Exaltirende und deprimirende Po-
tenzen
, Ursachen, welche die Beziehungen der
Reitzbarkeit auf die Auſsenwelt und die Wir-
kungsart der Bildungskraft abändern.

3) Dynamische Einwirkungen. Ein-
flüsse, denen der lebende Körper insofern aus-
gesetzt ist, als er ein Glied in dem Organismus
der ganzen lebenden Natur ist. Gegen diese
reagirt er nicht nach den Gesetzen der Reitzbar-
keit. Alle Thätigkeit, die er in Beziehung auf
sie äuſsert, hat, gleich der des ursprünglichen
Bildungstriebs, den Charakter der Zweckmäſsig-
keit und scheinbarer Selbstbestimmung zum Han-
deln.

Diese Autonomie ist der thierischen Natur
eigen, und das ihr zum Grunde liegende Prin-
cip ist der Instinkt, im allgemeinsten Sinne
genommen. Der Organismus, der sie besitzt,
handelt vermöge derselben mit dem Schein des
Bewuſstseyns und der Freyheit, und doch unbe-
wuſst und nach nothwendigen Gesetzen.

Es läſst sich nicht bestimmen, wie weit sich
dieser Mangel an Bewuſstseyn im Thierreiche er-

streckt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0018" n="6"/>
grö&#x017F;sern Stärke die denselben zum Grunde lie-<lb/>
gende Empfänglichkeit des lebenden Körpers für<lb/>
eben diese Eindrücke (die Reitzbarkeit) zu- oder<lb/>
abnimmt.</p><lb/>
            <p>2) <hi rendition="#g">Exaltirende und deprimirende Po-<lb/>
tenzen</hi>, Ursachen, welche die Beziehungen der<lb/>
Reitzbarkeit auf die Au&#x017F;senwelt und die Wir-<lb/>
kungsart der Bildungskraft abändern.</p><lb/>
            <p>3) <hi rendition="#g">Dynamische Einwirkungen</hi>. Ein-<lb/>
flüsse, denen der lebende Körper insofern aus-<lb/>
gesetzt ist, als er ein Glied in dem Organismus<lb/>
der ganzen lebenden Natur ist. Gegen diese<lb/>
reagirt er nicht nach den Gesetzen der Reitzbar-<lb/>
keit. Alle Thätigkeit, die er in Beziehung auf<lb/>
sie äu&#x017F;sert, hat, gleich der des ursprünglichen<lb/>
Bildungstriebs, den Charakter der Zweckmä&#x017F;sig-<lb/>
keit und scheinbarer Selbstbestimmung zum Han-<lb/>
deln.</p><lb/>
            <p>Diese Autonomie ist der thierischen Natur<lb/>
eigen, und das ihr zum Grunde liegende Prin-<lb/>
cip ist <hi rendition="#g">der Instinkt</hi>, im allgemeinsten Sinne<lb/>
genommen. Der Organismus, der sie besitzt,<lb/>
handelt vermöge derselben mit dem Schein des<lb/>
Bewu&#x017F;stseyns und der Freyheit, und doch unbe-<lb/>
wu&#x017F;st und nach nothwendigen Gesetzen.</p><lb/>
            <p>Es lä&#x017F;st sich nicht bestimmen, wie weit sich<lb/>
dieser Mangel an Bewu&#x017F;stseyn im Thierreiche er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">streckt.</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0018] gröſsern Stärke die denselben zum Grunde lie- gende Empfänglichkeit des lebenden Körpers für eben diese Eindrücke (die Reitzbarkeit) zu- oder abnimmt. 2) Exaltirende und deprimirende Po- tenzen, Ursachen, welche die Beziehungen der Reitzbarkeit auf die Auſsenwelt und die Wir- kungsart der Bildungskraft abändern. 3) Dynamische Einwirkungen. Ein- flüsse, denen der lebende Körper insofern aus- gesetzt ist, als er ein Glied in dem Organismus der ganzen lebenden Natur ist. Gegen diese reagirt er nicht nach den Gesetzen der Reitzbar- keit. Alle Thätigkeit, die er in Beziehung auf sie äuſsert, hat, gleich der des ursprünglichen Bildungstriebs, den Charakter der Zweckmäſsig- keit und scheinbarer Selbstbestimmung zum Han- deln. Diese Autonomie ist der thierischen Natur eigen, und das ihr zum Grunde liegende Prin- cip ist der Instinkt, im allgemeinsten Sinne genommen. Der Organismus, der sie besitzt, handelt vermöge derselben mit dem Schein des Bewuſstseyns und der Freyheit, und doch unbe- wuſst und nach nothwendigen Gesetzen. Es läſst sich nicht bestimmen, wie weit sich dieser Mangel an Bewuſstseyn im Thierreiche er- streckt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/18
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/18>, abgerufen am 18.12.2024.