Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

Sinnes- und Bewegungsorgane bestimmt. Durch
jene wirkt die äussere Natur auf das Thier, und
durch die letztere das Thier auf die Aussenwelt
zurück. Die Funktionen des vegetativen Lebens
erhalten die Mittel zu ihrer Fortdauer bey je-
nen Thieren vermittelst derer des sensitiven Le-
bens, und das Hauptorgan des letztern ist das
Gehirn. In diesem also müssen die Sinnes- und
Bewegungsnerven ihren gemeinschaftlichen Mit-
telpunkt haben, und in diesen muss die Form
und Wirkungsart derselben ausgedrückt seyn.
So verhält es sich auch. Die Nerven des Ge-
sichts, Geruchs, Gehöre und Geschmacks sind
unmittelbare Sprossen des Gehirns; die des Ge-
tastes und der Bewegungsorgane gehen unmit-
telbar oder vermittelst des Rückenmarks in das
verlängerte Mark über. Je mehr Ausbildung des
Muskelsystems und körperliche Stärke, desto
grösser ist das letztere in Verhältniss zum übri-
gen Gehirn; je mehr Mannichfaltigkeit der höhern
Sinnesvorstellungen, desto grösser ist umgekehrt
das übrige Gehirn zum verlängerten Mark. Zu
den Bewegungsorganen gehören aber in diesem
Sinne nicht nur die äussern Gliedmassen, son-
dern überhaupt alle Theile, worauf der Wille
einen Einfluss hat, also auch die Werkzeuge,
wodurch die Speisen aufgenommen, zermalmt
und verschluckt werden, und die Respirations-
organe, insoweit dieselben der Willkühr unter-

worfen

Sinnes- und Bewegungsorgane bestimmt. Durch
jene wirkt die äuſsere Natur auf das Thier, und
durch die letztere das Thier auf die Auſsenwelt
zurück. Die Funktionen des vegetativen Lebens
erhalten die Mittel zu ihrer Fortdauer bey je-
nen Thieren vermittelst derer des sensitiven Le-
bens, und das Hauptorgan des letztern ist das
Gehirn. In diesem also müssen die Sinnes- und
Bewegungsnerven ihren gemeinschaftlichen Mit-
telpunkt haben, und in diesen muſs die Form
und Wirkungsart derselben ausgedrückt seyn.
So verhält es sich auch. Die Nerven des Ge-
sichts, Geruchs, Gehöre und Geschmacks sind
unmittelbare Sprossen des Gehirns; die des Ge-
tastes und der Bewegungsorgane gehen unmit-
telbar oder vermittelst des Rückenmarks in das
verlängerte Mark über. Je mehr Ausbildung des
Muskelsystems und körperliche Stärke, desto
gröſser ist das letztere in Verhältniſs zum übri-
gen Gehirn; je mehr Mannichfaltigkeit der höhern
Sinnesvorstellungen, desto gröſser ist umgekehrt
das übrige Gehirn zum verlängerten Mark. Zu
den Bewegungsorganen gehören aber in diesem
Sinne nicht nur die äuſsern Gliedmaſsen, son-
dern überhaupt alle Theile, worauf der Wille
einen Einfluſs hat, also auch die Werkzeuge,
wodurch die Speisen aufgenommen, zermalmt
und verschluckt werden, und die Respirations-
organe, insoweit dieselben der Willkühr unter-

worfen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0148" n="132"/>
Sinnes- und Bewegungsorgane bestimmt. Durch<lb/>
jene wirkt die äu&#x017F;sere Natur auf das Thier, und<lb/>
durch die letztere das Thier auf die Au&#x017F;senwelt<lb/>
zurück. Die Funktionen des vegetativen Lebens<lb/>
erhalten die Mittel zu ihrer Fortdauer bey je-<lb/>
nen Thieren vermittelst derer des sensitiven Le-<lb/>
bens, und das Hauptorgan des letztern ist das<lb/>
Gehirn. In diesem also müssen die Sinnes- und<lb/>
Bewegungsnerven ihren gemeinschaftlichen Mit-<lb/>
telpunkt haben, und in diesen mu&#x017F;s die Form<lb/>
und Wirkungsart derselben ausgedrückt seyn.<lb/>
So verhält es sich auch. Die Nerven des Ge-<lb/>
sichts, Geruchs, Gehöre und Geschmacks sind<lb/>
unmittelbare Sprossen des Gehirns; die des Ge-<lb/>
tastes und der Bewegungsorgane gehen unmit-<lb/>
telbar oder vermittelst des Rückenmarks in das<lb/>
verlängerte Mark über. Je mehr Ausbildung des<lb/>
Muskelsystems und körperliche Stärke, desto<lb/>
grö&#x017F;ser ist das letztere in Verhältni&#x017F;s zum übri-<lb/>
gen Gehirn; je mehr Mannichfaltigkeit der höhern<lb/>
Sinnesvorstellungen, desto grö&#x017F;ser ist umgekehrt<lb/>
das übrige Gehirn zum verlängerten Mark. Zu<lb/>
den Bewegungsorganen gehören aber in diesem<lb/>
Sinne nicht nur die äu&#x017F;sern Gliedma&#x017F;sen, son-<lb/>
dern überhaupt alle Theile, worauf der Wille<lb/>
einen Einflu&#x017F;s hat, also auch die Werkzeuge,<lb/>
wodurch die Speisen aufgenommen, zermalmt<lb/>
und verschluckt werden, und die Respirations-<lb/>
organe, insoweit dieselben der Willkühr unter-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">worfen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0148] Sinnes- und Bewegungsorgane bestimmt. Durch jene wirkt die äuſsere Natur auf das Thier, und durch die letztere das Thier auf die Auſsenwelt zurück. Die Funktionen des vegetativen Lebens erhalten die Mittel zu ihrer Fortdauer bey je- nen Thieren vermittelst derer des sensitiven Le- bens, und das Hauptorgan des letztern ist das Gehirn. In diesem also müssen die Sinnes- und Bewegungsnerven ihren gemeinschaftlichen Mit- telpunkt haben, und in diesen muſs die Form und Wirkungsart derselben ausgedrückt seyn. So verhält es sich auch. Die Nerven des Ge- sichts, Geruchs, Gehöre und Geschmacks sind unmittelbare Sprossen des Gehirns; die des Ge- tastes und der Bewegungsorgane gehen unmit- telbar oder vermittelst des Rückenmarks in das verlängerte Mark über. Je mehr Ausbildung des Muskelsystems und körperliche Stärke, desto gröſser ist das letztere in Verhältniſs zum übri- gen Gehirn; je mehr Mannichfaltigkeit der höhern Sinnesvorstellungen, desto gröſser ist umgekehrt das übrige Gehirn zum verlängerten Mark. Zu den Bewegungsorganen gehören aber in diesem Sinne nicht nur die äuſsern Gliedmaſsen, son- dern überhaupt alle Theile, worauf der Wille einen Einfluſs hat, also auch die Werkzeuge, wodurch die Speisen aufgenommen, zermalmt und verschluckt werden, und die Respirations- organe, insoweit dieselben der Willkühr unter- worfen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/148
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/148>, abgerufen am 22.11.2024.