Verrichtungen derselben in näherer Beziehung stehen?
Die Schriften der praktischen Aerzte sind voll von Beobachtungen, wo bald die grössten Zerrüttungen des Gehirns ohne bemerkbare See- lenstörungen zugegen waren, bald diese in ho- hem Grade statt fanden, ohne dass nach dem Tode bedeutende Veränderungen der Struktur des Gehirns entdeckt wurden, und bald schon geringe Verletzungen des letztern schwere Gei- steskrankheiten nach sich zogen. Eben so ab- weichend und zum Theil widersprechend sind die Resultate der bisherigen Versuche an Thie- ren über den Einfluss des Gehirns auf den übri- gen Körper. Wer eine, ohne Kritik gemachte, Zusammenstellung dieser Erfahrungen liest, muss gänzlich an der Möglichkeit verzweifeln, Ein- heit in ein solches Chaos zu bringen. Wer sie aber nach richtigen Grundsätzen sichtet, wird finden, dass, wenn auch des Unerklärbaren im- mer Vieles zurückbleibt, dessen doch so viel nicht ist, wie es beym ersten Anblick scheint. Ein grosser Theil jener Beobachtungen ist ohne allen Werth, indem derselbe entweder von blos praktischen Aerzten herrührt, die nicht genug den Bau des Hirns kannten und nicht genug in der Zergliederung desselben geübt waren, um Abweichungen vom regelmässigen Bau gehörig
beur-
Verrichtungen derselben in näherer Beziehung stehen?
Die Schriften der praktischen Aerzte sind voll von Beobachtungen, wo bald die gröſsten Zerrüttungen des Gehirns ohne bemerkbare See- lenstörungen zugegen waren, bald diese in ho- hem Grade statt fanden, ohne daſs nach dem Tode bedeutende Veränderungen der Struktur des Gehirns entdeckt wurden, und bald schon geringe Verletzungen des letztern schwere Gei- steskrankheiten nach sich zogen. Eben so ab- weichend und zum Theil widersprechend sind die Resultate der bisherigen Versuche an Thie- ren über den Einfluſs des Gehirns auf den übri- gen Körper. Wer eine, ohne Kritik gemachte, Zusammenstellung dieser Erfahrungen liest, muſs gänzlich an der Möglichkeit verzweifeln, Ein- heit in ein solches Chaos zu bringen. Wer sie aber nach richtigen Grundsätzen sichtet, wird finden, daſs, wenn auch des Unerklärbaren im- mer Vieles zurückbleibt, dessen doch so viel nicht ist, wie es beym ersten Anblick scheint. Ein groſser Theil jener Beobachtungen ist ohne allen Werth, indem derselbe entweder von blos praktischen Aerzten herrührt, die nicht genug den Bau des Hirns kannten und nicht genug in der Zergliederung desselben geübt waren, um Abweichungen vom regelmäſsigen Bau gehörig
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[111/0127]
Verrichtungen derselben in näherer Beziehung
stehen?
Die Schriften der praktischen Aerzte sind
voll von Beobachtungen, wo bald die gröſsten
Zerrüttungen des Gehirns ohne bemerkbare See-
lenstörungen zugegen waren, bald diese in ho-
hem Grade statt fanden, ohne daſs nach dem
Tode bedeutende Veränderungen der Struktur
des Gehirns entdeckt wurden, und bald schon
geringe Verletzungen des letztern schwere Gei-
steskrankheiten nach sich zogen. Eben so ab-
weichend und zum Theil widersprechend sind
die Resultate der bisherigen Versuche an Thie-
ren über den Einfluſs des Gehirns auf den übri-
gen Körper. Wer eine, ohne Kritik gemachte,
Zusammenstellung dieser Erfahrungen liest, muſs
gänzlich an der Möglichkeit verzweifeln, Ein-
heit in ein solches Chaos zu bringen. Wer sie
aber nach richtigen Grundsätzen sichtet, wird
finden, daſs, wenn auch des Unerklärbaren im-
mer Vieles zurückbleibt, dessen doch so viel
nicht ist, wie es beym ersten Anblick scheint.
Ein groſser Theil jener Beobachtungen ist ohne
allen Werth, indem derselbe entweder von blos
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/127>, abgerufen am 30.11.2024.
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