Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Antwort auf diese Frage ergiebt sich, wenn
man folgende Thatsachen erwägt. Boyle k) be-
obachtete, dass Fliegen, denen die Köpfe abge-
schnitten waren, sich noch paarten, und Lyon-
net
l) sahe den Körper einer Raupe ohne Kopf
noch einige Tage herumkriechen, den Rumpf ei-
nes Regenwurms, den ein Wasserinsekt fast um
ein Drittel an beyden Enden verkürzt hatte, noch
eine Woche nachher im Wasser leben, und den
Vorder- und Hintertheil einer durchschnittenen
Wespe sich noch drey Tage bewegen. Berührte
Lyonnet die Raupe, so machte sie die nehmli-
chen Bewegungen wie vorher, als sie noch ihren
Kopf hatte, und setzte er die Berührungen fort,
so ergriff sie die Flucht. Wurde der Rumpf des
Regenwurms angetastet, so setzte dieser sich,
selbst wenn er in völliger Ruhe gewesen war,
gleich in Bewegung. Reitzte man den Vordertheil
der Wespe, so biss sie in alles, was man ihr
vorhielt, und berührte man ihren Rumpf, so
streckte sie ihren Stachel aus und bewegte ihn
nach allen Seiten, als wenn sie stechen wollte.
Ich habe ähnliche Versuche an Fliegen und Wes-
pen gemacht. Schnitt ich diesen Thieren den

Kopf
k) De utilitate philos. oxperiment. Exp. 116.
l) In seiner Anmerkung zu Lesser's Theologie des in-
sectes. p. 84.
E e 4

Die Antwort auf diese Frage ergiebt sich, wenn
man folgende Thatsachen erwägt. Boyle k) be-
obachtete, daſs Fliegen, denen die Köpfe abge-
schnitten waren, sich noch paarten, und Lyon-
net
l) sahe den Körper einer Raupe ohne Kopf
noch einige Tage herumkriechen, den Rumpf ei-
nes Regenwurms, den ein Wasserinsekt fast um
ein Drittel an beyden Enden verkürzt hatte, noch
eine Woche nachher im Wasser leben, und den
Vorder- und Hintertheil einer durchschnittenen
Wespe sich noch drey Tage bewegen. Berührte
Lyonnet die Raupe, so machte sie die nehmli-
chen Bewegungen wie vorher, als sie noch ihren
Kopf hatte, und setzte er die Berührungen fort,
so ergriff sie die Flucht. Wurde der Rumpf des
Regenwurms angetastet, so setzte dieser sich,
selbst wenn er in völliger Ruhe gewesen war,
gleich in Bewegung. Reitzte man den Vordertheil
der Wespe, so biſs sie in alles, was man ihr
vorhielt, und berührte man ihren Rumpf, so
streckte sie ihren Stachel aus und bewegte ihn
nach allen Seiten, als wenn sie stechen wollte.
Ich habe ähnliche Versuche an Fliegen und Wes-
pen gemacht. Schnitt ich diesen Thieren den

Kopf
k) De utilitate philos. oxperiment. Exp. 116.
l) In seiner Anmerkung zu Lesser’s Théologie des in-
sectes. p. 84.
E e 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0451" n="439"/>
Die Antwort auf diese Frage ergiebt sich, wenn<lb/>
man folgende Thatsachen erwägt. <hi rendition="#k">Boyle</hi> <note place="foot" n="k)">De utilitate philos. oxperiment. Exp. 116.</note> be-<lb/>
obachtete, da&#x017F;s Fliegen, denen die Köpfe abge-<lb/>
schnitten waren, sich noch paarten, und <hi rendition="#k">Lyon-<lb/>
net</hi> <note place="foot" n="l)">In seiner Anmerkung zu <hi rendition="#k">Lesser</hi>&#x2019;s Théologie des in-<lb/>
sectes. p. 84.</note> sahe den Körper einer Raupe ohne Kopf<lb/>
noch einige Tage herumkriechen, den Rumpf ei-<lb/>
nes Regenwurms, den ein Wasserinsekt fast um<lb/>
ein Drittel an beyden Enden verkürzt hatte, noch<lb/>
eine Woche nachher im Wasser leben, und den<lb/>
Vorder- und Hintertheil einer durchschnittenen<lb/>
Wespe sich noch drey Tage bewegen. Berührte<lb/><hi rendition="#k">Lyonnet</hi> die Raupe, so machte sie die nehmli-<lb/>
chen Bewegungen wie vorher, als sie noch ihren<lb/>
Kopf hatte, und setzte er die Berührungen fort,<lb/>
so ergriff sie die Flucht. Wurde der Rumpf des<lb/>
Regenwurms angetastet, so setzte dieser sich,<lb/>
selbst wenn er in völliger Ruhe gewesen war,<lb/>
gleich in Bewegung. Reitzte man den Vordertheil<lb/>
der Wespe, so bi&#x017F;s sie in alles, was man ihr<lb/>
vorhielt, und berührte man ihren Rumpf, so<lb/>
streckte sie ihren Stachel aus und bewegte ihn<lb/>
nach allen Seiten, als wenn sie stechen wollte.<lb/>
Ich habe ähnliche Versuche an Fliegen und Wes-<lb/>
pen gemacht. Schnitt ich diesen Thieren den<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Kopf</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E e 4</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[439/0451] Die Antwort auf diese Frage ergiebt sich, wenn man folgende Thatsachen erwägt. Boyle k) be- obachtete, daſs Fliegen, denen die Köpfe abge- schnitten waren, sich noch paarten, und Lyon- net l) sahe den Körper einer Raupe ohne Kopf noch einige Tage herumkriechen, den Rumpf ei- nes Regenwurms, den ein Wasserinsekt fast um ein Drittel an beyden Enden verkürzt hatte, noch eine Woche nachher im Wasser leben, und den Vorder- und Hintertheil einer durchschnittenen Wespe sich noch drey Tage bewegen. Berührte Lyonnet die Raupe, so machte sie die nehmli- chen Bewegungen wie vorher, als sie noch ihren Kopf hatte, und setzte er die Berührungen fort, so ergriff sie die Flucht. Wurde der Rumpf des Regenwurms angetastet, so setzte dieser sich, selbst wenn er in völliger Ruhe gewesen war, gleich in Bewegung. Reitzte man den Vordertheil der Wespe, so biſs sie in alles, was man ihr vorhielt, und berührte man ihren Rumpf, so streckte sie ihren Stachel aus und bewegte ihn nach allen Seiten, als wenn sie stechen wollte. Ich habe ähnliche Versuche an Fliegen und Wes- pen gemacht. Schnitt ich diesen Thieren den Kopf k) De utilitate philos. oxperiment. Exp. 116. l) In seiner Anmerkung zu Lesser’s Théologie des in- sectes. p. 84. E e 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/451
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/451>, abgerufen am 27.11.2024.