Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

dass in keinem dieser Fälle ein unmittelbarer Ein-
fluss des Willens auf die Verdauungsorgane, das
Herz u. s. w. statt fand. Bey den Thieren lässt
sich nicht unterscheiden, ob es nicht vielmehr
eine Gemüthsbewegung als der Wille ist, was die
erwähnten Bewegungen zur Folge hat. Fontana
hat das Wichtigste für den Physiologen, die Art,
wie er dahin gelangt ist, sich einen willkührli-
chen Einfluss auf die Iris, das Herz und die äu-
ssern Ohren zu erwerben, nicht angegeben. Die
Einwirkung auf das Herz geschahe ohne Zweifel
in allen Fällen durch den Einfluss des Willens
auf das Athemholen, oder auf das ganze System
der willkührlichen Muskeln. Jeder kann, wie Ra-
sori
gegen Fontana sehr richtig bemerkt hat a),
die Zahl der Pulsschläge in einer Minute um 30
bis 40 willkührlich steigen machen, wenn er die
willkührlichen Muskeln in eine anhaltende Span-
nung versetzt, die nicht einmal sichtbar zu seyn
braucht. Das willkührliche Erbrechen, wovon
Perrault erzählt, wurde vielleicht durch Ver-
schlucken von Luft hervorgebracht, und in dem,
von Darwin erzählten Fall wirkte der Wille viel-
leicht nicht unmittelbar auf die Gedärme, sondern
auf die Bauchmuskeln und das Zwerchfell.

Zur Erklärung der Thatsache, dass nicht alle
Nerven empfangene Eindrücke fortpflanzen, giebt

es
a) Hufeland's u. Harles's Journal der prakt. Heilk.
J. 1816. St. 2. S. 50.

daſs in keinem dieser Fälle ein unmittelbarer Ein-
fluſs des Willens auf die Verdauungsorgane, das
Herz u. s. w. statt fand. Bey den Thieren läſst
sich nicht unterscheiden, ob es nicht vielmehr
eine Gemüthsbewegung als der Wille ist, was die
erwähnten Bewegungen zur Folge hat. Fontana
hat das Wichtigste für den Physiologen, die Art,
wie er dahin gelangt ist, sich einen willkührli-
chen Einfluſs auf die Iris, das Herz und die äu-
ſsern Ohren zu erwerben, nicht angegeben. Die
Einwirkung auf das Herz geschahe ohne Zweifel
in allen Fällen durch den Einfluſs des Willens
auf das Athemholen, oder auf das ganze System
der willkührlichen Muskeln. Jeder kann, wie Ra-
sori
gegen Fontana sehr richtig bemerkt hat a),
die Zahl der Pulsschläge in einer Minute um 30
bis 40 willkührlich steigen machen, wenn er die
willkührlichen Muskeln in eine anhaltende Span-
nung versetzt, die nicht einmal sichtbar zu seyn
braucht. Das willkührliche Erbrechen, wovon
Perrault erzählt, wurde vielleicht durch Ver-
schlucken von Luft hervorgebracht, und in dem,
von Darwin erzählten Fall wirkte der Wille viel-
leicht nicht unmittelbar auf die Gedärme, sondern
auf die Bauchmuskeln und das Zwerchfell.

Zur Erklärung der Thatsache, daſs nicht alle
Nerven empfangene Eindrücke fortpflanzen, giebt

es
a) Hufeland’s u. Harles’s Journal der prakt. Heilk.
J. 1816. St. 2. S. 50.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0363" n="351"/>
da&#x017F;s in keinem dieser Fälle ein unmittelbarer Ein-<lb/>
flu&#x017F;s des Willens auf die Verdauungsorgane, das<lb/>
Herz u. s. w. statt fand. Bey den Thieren lä&#x017F;st<lb/>
sich nicht unterscheiden, ob es nicht vielmehr<lb/>
eine Gemüthsbewegung als der Wille ist, was die<lb/>
erwähnten Bewegungen zur Folge hat. <hi rendition="#k">Fontana</hi><lb/>
hat das Wichtigste für den Physiologen, die Art,<lb/>
wie er dahin gelangt ist, sich einen willkührli-<lb/>
chen Einflu&#x017F;s auf die Iris, das Herz und die äu-<lb/>
&#x017F;sern Ohren zu erwerben, nicht angegeben. Die<lb/>
Einwirkung auf das Herz geschahe ohne Zweifel<lb/>
in allen Fällen durch den Einflu&#x017F;s des Willens<lb/>
auf das Athemholen, oder auf das ganze System<lb/>
der willkührlichen Muskeln. Jeder kann, wie <hi rendition="#k">Ra-<lb/>
sori</hi> gegen <hi rendition="#k">Fontana</hi> sehr richtig bemerkt hat <note place="foot" n="a)"><hi rendition="#k">Hufeland</hi>&#x2019;s u. <hi rendition="#k">Harles</hi>&#x2019;s Journal der prakt. Heilk.<lb/>
J. 1816. St. 2. S. 50.</note>,<lb/>
die Zahl der Pulsschläge in einer Minute um 30<lb/>
bis 40 willkührlich steigen machen, wenn er die<lb/>
willkührlichen Muskeln in eine anhaltende Span-<lb/>
nung versetzt, die nicht einmal sichtbar zu seyn<lb/>
braucht. Das willkührliche Erbrechen, wovon<lb/><hi rendition="#k">Perrault</hi> erzählt, wurde vielleicht durch Ver-<lb/>
schlucken von Luft hervorgebracht, und in dem,<lb/>
von <hi rendition="#k">Darwin</hi> erzählten Fall wirkte der Wille viel-<lb/>
leicht nicht unmittelbar auf die Gedärme, sondern<lb/>
auf die Bauchmuskeln und das Zwerchfell.</p><lb/>
              <p>Zur Erklärung der Thatsache, da&#x017F;s nicht alle<lb/>
Nerven empfangene Eindrücke fortpflanzen, giebt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0363] daſs in keinem dieser Fälle ein unmittelbarer Ein- fluſs des Willens auf die Verdauungsorgane, das Herz u. s. w. statt fand. Bey den Thieren läſst sich nicht unterscheiden, ob es nicht vielmehr eine Gemüthsbewegung als der Wille ist, was die erwähnten Bewegungen zur Folge hat. Fontana hat das Wichtigste für den Physiologen, die Art, wie er dahin gelangt ist, sich einen willkührli- chen Einfluſs auf die Iris, das Herz und die äu- ſsern Ohren zu erwerben, nicht angegeben. Die Einwirkung auf das Herz geschahe ohne Zweifel in allen Fällen durch den Einfluſs des Willens auf das Athemholen, oder auf das ganze System der willkührlichen Muskeln. Jeder kann, wie Ra- sori gegen Fontana sehr richtig bemerkt hat a), die Zahl der Pulsschläge in einer Minute um 30 bis 40 willkührlich steigen machen, wenn er die willkührlichen Muskeln in eine anhaltende Span- nung versetzt, die nicht einmal sichtbar zu seyn braucht. Das willkührliche Erbrechen, wovon Perrault erzählt, wurde vielleicht durch Ver- schlucken von Luft hervorgebracht, und in dem, von Darwin erzählten Fall wirkte der Wille viel- leicht nicht unmittelbar auf die Gedärme, sondern auf die Bauchmuskeln und das Zwerchfell. Zur Erklärung der Thatsache, daſs nicht alle Nerven empfangene Eindrücke fortpflanzen, giebt es a) Hufeland’s u. Harles’s Journal der prakt. Heilk. J. 1816. St. 2. S. 50.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/363
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/363>, abgerufen am 25.11.2024.