Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

Rindensubstanz endlich wird eben so wie die Far-
be des Bluts durch Alkalien erhöhet.

Nach Gall c) ist die Rinde die erzeugende
und ernährende Materie des Marks, weil allent-
halben, wo das letztere an Masse zunimmt, auch
jene in grösserer Menge vorhanden ist, und alle
Nerven aus einer Anhäufung von Rinde entsprin-
gen, deren Quantität mit der Grösse dieser Ner-
ven in Verhältniss steht. Gegen diese Behauptung
sprechen mehrere Gründe. Man vergleiche das
Gehirn der Vögel mit dem des Menschen in Hin-
sicht auf das Verhältniss beyder Hirnsubstanzen.
Dort wird man sehr viel Rinde und wenig Mark,
hier umgekehrt viel Mark und wenig Rinde fin-
den. Zur Hervorbringung des Edlern sollte es
also eines geringern Aufwandes von ernährender
Substanz als zur Erzeugung des Niedern bedür-
fen? Dass alle Nerven aus grauer Substanz ent-
stehen, ist ungegründet. Die Nerven des Rücken-
marks haben gar keinen Zusammenhang mit der
grauen Substanz dieses Theils. An einer dünnen
Scheibe von dem Rückenmark des Frosches und
einer mit demselben verbundenen Nervenwurzel
habe ich unter dem Vergrösserungsglas die Sub-
stanz der Wurzel in das Mark übergehen sehen,
nicht aber irgend eine Verbindung zwischen ihr
und der Rinde gefunden.

Die
c) Anat, et Physiol. du Systeme nerveux. Vol. I.

Rindensubstanz endlich wird eben so wie die Far-
be des Bluts durch Alkalien erhöhet.

Nach Gall c) ist die Rinde die erzeugende
und ernährende Materie des Marks, weil allent-
halben, wo das letztere an Masse zunimmt, auch
jene in gröſserer Menge vorhanden ist, und alle
Nerven aus einer Anhäufung von Rinde entsprin-
gen, deren Quantität mit der Gröſse dieser Ner-
ven in Verhältniſs steht. Gegen diese Behauptung
sprechen mehrere Gründe. Man vergleiche das
Gehirn der Vögel mit dem des Menschen in Hin-
sicht auf das Verhältniſs beyder Hirnsubstanzen.
Dort wird man sehr viel Rinde und wenig Mark,
hier umgekehrt viel Mark und wenig Rinde fin-
den. Zur Hervorbringung des Edlern sollte es
also eines geringern Aufwandes von ernährender
Substanz als zur Erzeugung des Niedern bedür-
fen? Daſs alle Nerven aus grauer Substanz ent-
stehen, ist ungegründet. Die Nerven des Rücken-
marks haben gar keinen Zusammenhang mit der
grauen Substanz dieses Theils. An einer dünnen
Scheibe von dem Rückenmark des Frosches und
einer mit demselben verbundenen Nervenwurzel
habe ich unter dem Vergröſserungsglas die Sub-
stanz der Wurzel in das Mark übergehen sehen,
nicht aber irgend eine Verbindung zwischen ihr
und der Rinde gefunden.

Die
c) Anat, et Physiol. du Systême nerveux. Vol. I.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0334" n="322"/>
Rindensubstanz endlich wird eben so wie die Far-<lb/>
be des Bluts durch Alkalien erhöhet.</p><lb/>
            <p>Nach <hi rendition="#k">Gall</hi> <note place="foot" n="c)">Anat, et Physiol. du Systême nerveux. Vol. I.</note> ist die Rinde die erzeugende<lb/>
und ernährende Materie des Marks, weil allent-<lb/>
halben, wo das letztere an Masse zunimmt, auch<lb/>
jene in grö&#x017F;serer Menge vorhanden ist, und alle<lb/>
Nerven aus einer Anhäufung von Rinde entsprin-<lb/>
gen, deren Quantität mit der Grö&#x017F;se dieser Ner-<lb/>
ven in Verhältni&#x017F;s steht. Gegen diese Behauptung<lb/>
sprechen mehrere Gründe. Man vergleiche das<lb/>
Gehirn der Vögel mit dem des Menschen in Hin-<lb/>
sicht auf das Verhältni&#x017F;s beyder Hirnsubstanzen.<lb/>
Dort wird man sehr viel Rinde und wenig Mark,<lb/>
hier umgekehrt viel Mark und wenig Rinde fin-<lb/>
den. Zur Hervorbringung des Edlern sollte es<lb/>
also eines geringern Aufwandes von ernährender<lb/>
Substanz als zur Erzeugung des Niedern bedür-<lb/>
fen? Da&#x017F;s alle Nerven aus grauer Substanz ent-<lb/>
stehen, ist ungegründet. Die Nerven des Rücken-<lb/>
marks haben gar keinen Zusammenhang mit der<lb/>
grauen Substanz dieses Theils. An einer dünnen<lb/>
Scheibe von dem Rückenmark des Frosches und<lb/>
einer mit demselben verbundenen Nervenwurzel<lb/>
habe ich unter dem Vergrö&#x017F;serungsglas die Sub-<lb/>
stanz der Wurzel in das Mark übergehen sehen,<lb/>
nicht aber irgend eine Verbindung zwischen ihr<lb/>
und der Rinde gefunden.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0334] Rindensubstanz endlich wird eben so wie die Far- be des Bluts durch Alkalien erhöhet. Nach Gall c) ist die Rinde die erzeugende und ernährende Materie des Marks, weil allent- halben, wo das letztere an Masse zunimmt, auch jene in gröſserer Menge vorhanden ist, und alle Nerven aus einer Anhäufung von Rinde entsprin- gen, deren Quantität mit der Gröſse dieser Ner- ven in Verhältniſs steht. Gegen diese Behauptung sprechen mehrere Gründe. Man vergleiche das Gehirn der Vögel mit dem des Menschen in Hin- sicht auf das Verhältniſs beyder Hirnsubstanzen. Dort wird man sehr viel Rinde und wenig Mark, hier umgekehrt viel Mark und wenig Rinde fin- den. Zur Hervorbringung des Edlern sollte es also eines geringern Aufwandes von ernährender Substanz als zur Erzeugung des Niedern bedür- fen? Daſs alle Nerven aus grauer Substanz ent- stehen, ist ungegründet. Die Nerven des Rücken- marks haben gar keinen Zusammenhang mit der grauen Substanz dieses Theils. An einer dünnen Scheibe von dem Rückenmark des Frosches und einer mit demselben verbundenen Nervenwurzel habe ich unter dem Vergröſserungsglas die Sub- stanz der Wurzel in das Mark übergehen sehen, nicht aber irgend eine Verbindung zwischen ihr und der Rinde gefunden. Die c) Anat, et Physiol. du Systême nerveux. Vol. I.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/334
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/334>, abgerufen am 25.11.2024.