In den Stamm eines Nussbaums, welcher 9 Fuss hoch war und 7 Fuss im Umfange hatte, wurde 5 Fuss über der Erde ein 11 Zoll tiefes Loch gebohrt. In dieses wurde ein Thermometer gebracht und der äussern Luft der Zugang zu der Oeffnung verschlossen. Im Frühling war der Stand des Thermometers so unbeständig, dass sich nichts Allgemeines darüber bestimmen liess; im Herbst aber stand er um einige Grade höher als ein correspondirendes Thermometer, das in der freyen Luft hing. Im Winter, bey einer Tem- peratur von 29 bis 16°, zeigten auch Thermome- ter, die in Pappeln, Platanen, Fichten, Tannen und mehrere andere Bäume eingesenkt waren, eine etwas höhere Temperatur, als die Atmo- sphäre hatte; doch betrug der Unterschied gewöhn- lich nur Einen Grad.
Hunter schloss aus diesen Beobachtungen, dass die Pflanzen ein Vermögen besitzen, Wärme zu erzeugen, und zwar eine Wärme, die mit der Temperatur der Atmosphäre in einem gewis- sen Verhältniss steht. Allein seine Erfahrungen berechtigen nicht zu diesem Schluss. Die That- sachen, dass ein frisches Blatt langsamer als ein gefrornes und wieder aufgethautes gefror, und dass die Temperatur des Nussbaums im Herbst um einige Grade höher als die Temperatur der Atmosphäre war, lassen sich schon daraus befrie-
digend
In den Stamm eines Nuſsbaums, welcher 9 Fuſs hoch war und 7 Fuſs im Umfange hatte, wurde 5 Fuſs über der Erde ein 11 Zoll tiefes Loch gebohrt. In dieſes wurde ein Thermometer gebracht und der äuſsern Luft der Zugang zu der Oeffnung verschlossen. Im Frühling war der Stand des Thermometers so unbeständig, daſs sich nichts Allgemeines darüber bestimmen lieſs; im Herbst aber stand er um einige Grade höher als ein correspondirendes Thermometer, das in der freyen Luft hing. Im Winter, bey einer Tem- peratur von 29 bis 16°, zeigten auch Thermome- ter, die in Pappeln, Platanen, Fichten, Tannen und mehrere andere Bäume eingesenkt waren, eine etwas höhere Temperatur, als die Atmo- sphäre hatte; doch betrug der Unterschied gewöhn- lich nur Einen Grad.
Hunter schloſs aus diesen Beobachtungen, daſs die Pflanzen ein Vermögen besitzen, Wärme zu erzeugen, und zwar eine Wärme, die mit der Temperatur der Atmosphäre in einem gewis- sen Verhältniſs steht. Allein seine Erfahrungen berechtigen nicht zu diesem Schluſs. Die That- sachen, daſs ein frisches Blatt langsamer als ein gefrornes und wieder aufgethautes gefror, und daſs die Temperatur des Nuſsbaums im Herbst um einige Grade höher als die Temperatur der Atmosphäre war, lassen sich schon daraus befrie-
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In den Stamm eines Nuſsbaums, welcher 9
Fuſs hoch war und 7 Fuſs im Umfange hatte,
wurde 5 Fuſs über der Erde ein 11 Zoll tiefes
Loch gebohrt. In dieſes wurde ein Thermometer
gebracht und der äuſsern Luft der Zugang zu
der Oeffnung verschlossen. Im Frühling war der
Stand des Thermometers so unbeständig, daſs sich
nichts Allgemeines darüber bestimmen lieſs; im
Herbst aber stand er um einige Grade höher als
ein correspondirendes Thermometer, das in der
freyen Luft hing. Im Winter, bey einer Tem-
peratur von 29 bis 16°, zeigten auch Thermome-
ter, die in Pappeln, Platanen, Fichten, Tannen
und mehrere andere Bäume eingesenkt waren,
eine etwas höhere Temperatur, als die Atmo-
sphäre hatte; doch betrug der Unterschied gewöhn-
lich nur Einen Grad.
Hunter schloſs aus diesen Beobachtungen,
daſs die Pflanzen ein Vermögen besitzen, Wärme
zu erzeugen, und zwar eine Wärme, die mit
der Temperatur der Atmosphäre in einem gewis-
sen Verhältniſs steht. Allein seine Erfahrungen
berechtigen nicht zu diesem Schluſs. Die That-
sachen, daſs ein frisches Blatt langsamer als ein
gefrornes und wieder aufgethautes gefror, und
daſs die Temperatur des Nuſsbaums im Herbst
um einige Grade höher als die Temperatur der
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/18>, abgerufen am 23.11.2024.
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