Weingeiste bis zur Entzündung durchdrungen wer- den kann, einer Meinung, die jeder geradezu für unrichtig erklären muss, dem bekannt ist, dass nur der Nahrungscanal der Säufer, und dieser blos unmittelbar nach der Berauschung, einen Alcohol- geruch verbreitet, dass aber aus den Geschwüren dieser Unglücklichen ein stinkendes, fressendes Wasser hervordringt. Tritt man Kopp's Meinung bey, nach welcher blosses, im Zellgewebe ver- breitetes Wasserstoffgas der entzündete Stoff, und ein Funken, der aus einem hohen Grad von thie- rischer Elektricität entstand, der Grund der Ent- zündung war, so nimmt man eine doppelte Ursa- che an, wo eine einzige hinreichend ist, und über- sieht, dass die Entzündung in den meisten Fällen vom Innern des Körpers ausgegangen seyn muss, also von Orten, wo schwerlich elektrische Funken entstehen können, und dass blosses Wasserstoffgas ohne Zumischung von Sauerstoffgas, an dessen Abscheidung im menschlichen Körper nicht zu denken ist, sich nicht anzünden lässt. Kopp glaubt zwar, man könne blosses Phosphorwasserstoffgas nicht für die Ursache der Verbrennung annehmen, weil dabey der plötzliche Ausbruch des Feuers unerklärt bleibe. Aber dieser bleibt bey jeder Hypo- these unerklärt, wenn man nicht voraussetzt, dass das brennbare Gas, oder der entzündbare Dunst entweder plötzlich entbunden wurde, oder doch plötzlich an Stellen gelangte, wo er sich entzün-
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Weingeiste bis zur Entzündung durchdrungen wer- den kann, einer Meinung, die jeder geradezu für unrichtig erklären muſs, dem bekannt ist, daſs nur der Nahrungscanal der Säufer, und dieser blos unmittelbar nach der Berauschung, einen Alcohol- geruch verbreitet, daſs aber aus den Geschwüren dieser Unglücklichen ein stinkendes, fressendes Wasser hervordringt. Tritt man Kopp’s Meinung bey, nach welcher bloſses, im Zellgewebe ver- breitetes Wasserstoffgas der entzündete Stoff, und ein Funken, der aus einem hohen Grad von thie- rischer Elektricität entstand, der Grund der Ent- zündung war, so nimmt man eine doppelte Ursa- che an, wo eine einzige hinreichend ist, und über- sieht, daſs die Entzündung in den meisten Fällen vom Innern des Körpers ausgegangen seyn muſs, also von Orten, wo schwerlich elektrische Funken entstehen können, und daſs bloſses Wasserstoffgas ohne Zumischung von Sauerstoffgas, an dessen Abscheidung im menschlichen Körper nicht zu denken ist, sich nicht anzünden läſst. Kopp glaubt zwar, man könne bloſses Phosphorwasserstoffgas nicht für die Ursache der Verbrennung annehmen, weil dabey der plötzliche Ausbruch des Feuers unerklärt bleibe. Aber dieser bleibt bey jeder Hypo- these unerklärt, wenn man nicht voraussetzt, daſs das brennbare Gas, oder der entzündbare Dunst entweder plötzlich entbunden wurde, oder doch plötzlich an Stellen gelangte, wo er sich entzün-
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Weingeiste bis zur Entzündung durchdrungen wer-
den kann, einer Meinung, die jeder geradezu für
unrichtig erklären muſs, dem bekannt ist, daſs
nur der Nahrungscanal der Säufer, und dieser blos
unmittelbar nach der Berauschung, einen Alcohol-
geruch verbreitet, daſs aber aus den Geschwüren
dieser Unglücklichen ein stinkendes, fressendes
Wasser hervordringt. Tritt man Kopp’s Meinung
bey, nach welcher bloſses, im Zellgewebe ver-
breitetes Wasserstoffgas der entzündete Stoff, und
ein Funken, der aus einem hohen Grad von thie-
rischer Elektricität entstand, der Grund der Ent-
zündung war, so nimmt man eine doppelte Ursa-
che an, wo eine einzige hinreichend ist, und über-
sieht, daſs die Entzündung in den meisten Fällen
vom Innern des Körpers ausgegangen seyn muſs,
also von Orten, wo schwerlich elektrische Funken
entstehen können, und daſs bloſses Wasserstoffgas
ohne Zumischung von Sauerstoffgas, an dessen
Abscheidung im menschlichen Körper nicht zu
denken ist, sich nicht anzünden läſst. Kopp glaubt
zwar, man könne bloſses Phosphorwasserstoffgas
nicht für die Ursache der Verbrennung annehmen,
weil dabey der plötzliche Ausbruch des Feuers
unerklärt bleibe. Aber dieser bleibt bey jeder Hypo-
these unerklärt, wenn man nicht voraussetzt, daſs
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/150>, abgerufen am 31.01.2025.
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