Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

sich mit dem Essig zu einer weisslichen, schlei-
migen, vollkommnen Auflösung. Vermehrte ich
die Quantität des Essigs in dieser Mischung, so
blieb die unaufgelöste Wolke doch unverändert.
Diese blieb auch unaufgelöst, nachdem ich sie
von der übrigen Flüssigkeit abgesondert, und
mit concentrirtem Essig übergossen hatte. Eben
so löste sich nur ein Theil Eyweiss in sehr ver-
dünnter Salpetersäure auf, indem die Flüssigkeit
milchweiss und undurchsichtig wurde; der unauf-
gelöste Theil bildete eine auf dem Boden des
Gefässes schwimmende, weisse Membran. Diese
in Säuren unauflösliche Substanz wird zugleich
mit der auflöslichen von ätzenden Alkalien aufge-
nommen, und durch Säuren daraus zum Theil
wieder niedergeschlagen; umgekehrt scheiden koh-
lensaure Alkalien und kohlensaurer Baryt die in
Säuren aufgelöste Substanz des Eyweiss daraus
zum Theil wieder ab.

Folgende Theorie der Ernährung scheint mir
nun aus den vorstehenden Erfahrungen hervorzu-
gehen. Was den Eyweisstoff im Blute aufgelöst
erhält, ist ein Alkali, das seine Gegenwart durch
die Reaktion, die es gegen Pflanzenpigmente äus-
sert, zu erkennen giebt. Wird dieses Auflösungs-
mittel dem Eyweiss entzogen, so erfolgt immer
ein Niederschlag des gerinnbaren Theils. Daher
coagulirt Eyweiss in der Voltaischen Säule am
negativen Pol, wo das Alkali abgeschieden wird,

indem
IV. Bd. N n

sich mit dem Essig zu einer weiſslichen, schlei-
migen, vollkommnen Auflösung. Vermehrte ich
die Quantität des Essigs in dieser Mischung, so
blieb die unaufgelöste Wolke doch unverändert.
Diese blieb auch unaufgelöst, nachdem ich sie
von der übrigen Flüssigkeit abgesondert, und
mit concentrirtem Essig übergossen hatte. Eben
so löste sich nur ein Theil Eyweiſs in sehr ver-
dünnter Salpetersäure auf, indem die Flüssigkeit
milchweiſs und undurchsichtig wurde; der unauf-
gelöste Theil bildete eine auf dem Boden des
Gefäſses schwimmende, weisse Membran. Diese
in Säuren unauflösliche Substanz wird zugleich
mit der auflöslichen von ätzenden Alkalien aufge-
nommen, und durch Säuren daraus zum Theil
wieder niedergeschlagen; umgekehrt scheiden koh-
lensaure Alkalien und kohlensaurer Baryt die in
Säuren aufgelöste Substanz des Eyweiſs daraus
zum Theil wieder ab.

Folgende Theorie der Ernährung scheint mir
nun aus den vorstehenden Erfahrungen hervorzu-
gehen. Was den Eyweiſstoff im Blute aufgelöst
erhält, ist ein Alkali, das seine Gegenwart durch
die Reaktion, die es gegen Pflanzenpigmente äus-
sert, zu erkennen giebt. Wird dieses Auflösungs-
mittel dem Eyweiſs entzogen, so erfolgt immer
ein Niederschlag des gerinnbaren Theils. Daher
coagulirt Eyweiſs in der Voltaischen Säule am
negativen Pol, wo das Alkali abgeschieden wird,

indem
IV. Bd. N n
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0577" n="561"/>
sich mit dem Essig zu einer wei&#x017F;slichen, schlei-<lb/>
migen, vollkommnen Auflösung. Vermehrte ich<lb/>
die Quantität des Essigs in dieser Mischung, so<lb/>
blieb die unaufgelöste Wolke doch unverändert.<lb/>
Diese blieb auch unaufgelöst, nachdem ich sie<lb/>
von der übrigen Flüssigkeit abgesondert, und<lb/>
mit concentrirtem Essig übergossen hatte. Eben<lb/>
so löste sich nur ein Theil Eywei&#x017F;s in sehr ver-<lb/>
dünnter Salpetersäure auf, indem die Flüssigkeit<lb/>
milchwei&#x017F;s und undurchsichtig wurde; der unauf-<lb/>
gelöste Theil bildete eine auf dem Boden des<lb/>
Gefä&#x017F;ses schwimmende, weisse Membran. Diese<lb/>
in Säuren unauflösliche Substanz wird zugleich<lb/>
mit der auflöslichen von ätzenden Alkalien aufge-<lb/>
nommen, und durch Säuren daraus zum Theil<lb/>
wieder niedergeschlagen; umgekehrt scheiden koh-<lb/>
lensaure Alkalien und kohlensaurer Baryt die in<lb/>
Säuren aufgelöste Substanz des Eywei&#x017F;s daraus<lb/>
zum Theil wieder ab.</p><lb/>
                <p>Folgende Theorie der Ernährung scheint mir<lb/>
nun aus den vorstehenden Erfahrungen hervorzu-<lb/>
gehen. Was den Eywei&#x017F;stoff im Blute aufgelöst<lb/>
erhält, ist ein Alkali, das seine Gegenwart durch<lb/>
die Reaktion, die es gegen Pflanzenpigmente äus-<lb/>
sert, zu erkennen giebt. Wird dieses Auflösungs-<lb/>
mittel dem Eywei&#x017F;s entzogen, so erfolgt immer<lb/>
ein Niederschlag des gerinnbaren Theils. Daher<lb/>
coagulirt Eywei&#x017F;s in der <hi rendition="#k">Volta</hi>ischen Säule am<lb/>
negativen Pol, wo das Alkali abgeschieden wird,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#i">IV. Bd.</hi> N n</fw><fw place="bottom" type="catch">indem</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[561/0577] sich mit dem Essig zu einer weiſslichen, schlei- migen, vollkommnen Auflösung. Vermehrte ich die Quantität des Essigs in dieser Mischung, so blieb die unaufgelöste Wolke doch unverändert. Diese blieb auch unaufgelöst, nachdem ich sie von der übrigen Flüssigkeit abgesondert, und mit concentrirtem Essig übergossen hatte. Eben so löste sich nur ein Theil Eyweiſs in sehr ver- dünnter Salpetersäure auf, indem die Flüssigkeit milchweiſs und undurchsichtig wurde; der unauf- gelöste Theil bildete eine auf dem Boden des Gefäſses schwimmende, weisse Membran. Diese in Säuren unauflösliche Substanz wird zugleich mit der auflöslichen von ätzenden Alkalien aufge- nommen, und durch Säuren daraus zum Theil wieder niedergeschlagen; umgekehrt scheiden koh- lensaure Alkalien und kohlensaurer Baryt die in Säuren aufgelöste Substanz des Eyweiſs daraus zum Theil wieder ab. Folgende Theorie der Ernährung scheint mir nun aus den vorstehenden Erfahrungen hervorzu- gehen. Was den Eyweiſstoff im Blute aufgelöst erhält, ist ein Alkali, das seine Gegenwart durch die Reaktion, die es gegen Pflanzenpigmente äus- sert, zu erkennen giebt. Wird dieses Auflösungs- mittel dem Eyweiſs entzogen, so erfolgt immer ein Niederschlag des gerinnbaren Theils. Daher coagulirt Eyweiſs in der Voltaischen Säule am negativen Pol, wo das Alkali abgeschieden wird, indem IV. Bd. N n

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/577
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/577>, abgerufen am 22.11.2024.