Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Zellgewebe besitzt auch alle Erfordernisse
eines einsaugenden und das Eingesogene fortlei-
tenden Organs. Kein Theil des thierischen Kör-
pers tränkt sich so leicht mit Flüssigkeit, und kei-
ner ist so weit durch alle Organe verbreitet, als
diese weiche, dehnbare Substanz. Sie füllt den
Zwischenraum zwischen den äussern Bedeckungen
des Körpers und den Muskeln aus; sie dringt
in das Innere des Fleisches, und vereinigt die Fa-
sern zu Bündeln, die Bündel zu Muskeln; sie
überzieht beyde Flächen aller Häute, worin die
Eingeweide der Brust und des Bauchs eingeschlos-
sen sind, umgiebt als Arachnoidea das Gehirn,
und bekleidet als solche die Wände der Ventrikel
desselben, bildet Scheiden um alle Nerven und
Gefässe, und Zwischenlagen zwischen den verschie-
denen Membranen, woraus der Nahrungscanal, die
Gallen- und Harnblase, die Saamenbläschen und
alle übrige hohle Eingeweide bestehen; sie füllt
als Markhaut das Innere der Knochen aus, und
mit ihr ist selbst das Parenchyma aller drüsenar-
tigen Eingeweide durchwebt. Alle diese Ausbrei-
tungen des Zellstoffs stehen dabey unter einander
in der engsten Verbindung. Luft, die an einer
einzelnen Stelle in das Zellgewebe der Haut ein-
geblasen ist, breitet sich unter der Oberfläche des
ganzen Körpers aus, und umgekehrt lässt sich
bey der Hautwassersucht das unter der Oberfläche
des ganzen Körpers angehäufte Wasser durch eine

Oeff-
K k 2

Das Zellgewebe besitzt auch alle Erfordernisse
eines einsaugenden und das Eingesogene fortlei-
tenden Organs. Kein Theil des thierischen Kör-
pers tränkt sich so leicht mit Flüssigkeit, und kei-
ner ist so weit durch alle Organe verbreitet, als
diese weiche, dehnbare Substanz. Sie füllt den
Zwischenraum zwischen den äussern Bedeckungen
des Körpers und den Muskeln aus; sie dringt
in das Innere des Fleisches, und vereinigt die Fa-
sern zu Bündeln, die Bündel zu Muskeln; sie
überzieht beyde Flächen aller Häute, worin die
Eingeweide der Brust und des Bauchs eingeschlos-
sen sind, umgiebt als Arachnoidea das Gehirn,
und bekleidet als solche die Wände der Ventrikel
desselben, bildet Scheiden um alle Nerven und
Gefäſse, und Zwischenlagen zwischen den verschie-
denen Membranen, woraus der Nahrungscanal, die
Gallen- und Harnblase, die Saamenbläschen und
alle übrige hohle Eingeweide bestehen; sie füllt
als Markhaut das Innere der Knochen aus, und
mit ihr ist selbst das Parenchyma aller drüsenar-
tigen Eingeweide durchwebt. Alle diese Ausbrei-
tungen des Zellstoffs stehen dabey unter einander
in der engsten Verbindung. Luft, die an einer
einzelnen Stelle in das Zellgewebe der Haut ein-
geblasen ist, breitet sich unter der Oberfläche des
ganzen Körpers aus, und umgekehrt läſst sich
bey der Hautwassersucht das unter der Oberfläche
des ganzen Körpers angehäufte Wasser durch eine

Oeff-
K k 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0531" n="515"/>
                <p>Das Zellgewebe besitzt auch alle Erfordernisse<lb/>
eines einsaugenden und das Eingesogene fortlei-<lb/>
tenden Organs. Kein Theil des thierischen Kör-<lb/>
pers tränkt sich so leicht mit Flüssigkeit, und kei-<lb/>
ner ist so weit durch alle Organe verbreitet, als<lb/>
diese weiche, dehnbare Substanz. Sie füllt den<lb/>
Zwischenraum zwischen den äussern Bedeckungen<lb/>
des Körpers und den Muskeln aus; sie dringt<lb/>
in das Innere des Fleisches, und vereinigt die Fa-<lb/>
sern zu Bündeln, die Bündel zu Muskeln; sie<lb/>
überzieht beyde Flächen aller Häute, worin die<lb/>
Eingeweide der Brust und des Bauchs eingeschlos-<lb/>
sen sind, umgiebt als Arachnoidea das Gehirn,<lb/>
und bekleidet als solche die Wände der Ventrikel<lb/>
desselben, bildet Scheiden um alle Nerven und<lb/>
Gefä&#x017F;se, und Zwischenlagen zwischen den verschie-<lb/>
denen Membranen, woraus der Nahrungscanal, die<lb/>
Gallen- und Harnblase, die Saamenbläschen und<lb/>
alle übrige hohle Eingeweide bestehen; sie füllt<lb/>
als Markhaut das Innere der Knochen aus, und<lb/>
mit ihr ist selbst das Parenchyma aller drüsenar-<lb/>
tigen Eingeweide durchwebt. Alle diese Ausbrei-<lb/>
tungen des Zellstoffs stehen dabey unter einander<lb/>
in der engsten Verbindung. Luft, die an einer<lb/>
einzelnen Stelle in das Zellgewebe der Haut ein-<lb/>
geblasen ist, breitet sich unter der Oberfläche des<lb/>
ganzen Körpers aus, und umgekehrt lä&#x017F;st sich<lb/>
bey der Hautwassersucht das unter der Oberfläche<lb/>
des ganzen Körpers angehäufte Wasser durch eine<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K k 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Oeff-</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[515/0531] Das Zellgewebe besitzt auch alle Erfordernisse eines einsaugenden und das Eingesogene fortlei- tenden Organs. Kein Theil des thierischen Kör- pers tränkt sich so leicht mit Flüssigkeit, und kei- ner ist so weit durch alle Organe verbreitet, als diese weiche, dehnbare Substanz. Sie füllt den Zwischenraum zwischen den äussern Bedeckungen des Körpers und den Muskeln aus; sie dringt in das Innere des Fleisches, und vereinigt die Fa- sern zu Bündeln, die Bündel zu Muskeln; sie überzieht beyde Flächen aller Häute, worin die Eingeweide der Brust und des Bauchs eingeschlos- sen sind, umgiebt als Arachnoidea das Gehirn, und bekleidet als solche die Wände der Ventrikel desselben, bildet Scheiden um alle Nerven und Gefäſse, und Zwischenlagen zwischen den verschie- denen Membranen, woraus der Nahrungscanal, die Gallen- und Harnblase, die Saamenbläschen und alle übrige hohle Eingeweide bestehen; sie füllt als Markhaut das Innere der Knochen aus, und mit ihr ist selbst das Parenchyma aller drüsenar- tigen Eingeweide durchwebt. Alle diese Ausbrei- tungen des Zellstoffs stehen dabey unter einander in der engsten Verbindung. Luft, die an einer einzelnen Stelle in das Zellgewebe der Haut ein- geblasen ist, breitet sich unter der Oberfläche des ganzen Körpers aus, und umgekehrt läſst sich bey der Hautwassersucht das unter der Oberfläche des ganzen Körpers angehäufte Wasser durch eine Oeff- K k 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/531
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/531>, abgerufen am 25.11.2024.