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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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werden. Tröpfelte ich eine Auflösung des Eisens
in verdünnter Schwefelsäure zu einer Mischung
von Gallenstoff und Speichel, so wurde diese erst
milchig; dann schied sich der Eyweissstoff des
Speichels, verbunden mit Gallenharz, ab, und
nun trat nach und nach die rothe Farbe, doch
nur schwach, ein. Vollständiger, doch ebenfalls
nur langsam, erschien diese, wenn ich eine sal-
petersaure Eisenauflösung zu einer Auflösung des
Speichels und Gallenstoffs in ätzendem Natrum
goss.

Ueber die Funktion des pankreatischen und
enterischen Safts sind wir noch sehr im Unge-
wissen. Bis diese Dunkelheit aufgeklärt seyn
wird, muss in unserer Kenntniss des Chylifika-
tionsprocesses eine bedeutende Lücke bleiben.

Die Galle wirkt gewiss bey der Verdauung
vorzüglich durch ihren Gehalt an Schwefel-Was-
serstoffgas und Blausäure. Beyde Substanzen ge-
hören zu den wirksamsten Zersetzungsmitteln des
Eyweiss. Wasser, das mit ihnen geschwängert
ist, nimmt das Eyweiss ohne allen Rückstand auf.
Laugen von ätzenden Alkalien, worin Eyweiss
aufgelöst ist, lassen beym Zusatz von Säuren ei-
nen Theil dieser Substanz immer wieder fallen.
Setzte ich hingegen concentrirte Schwefelsäure zu
einer Auflösung von Eyweiss in Wasser, das
Schwefelkali enthielt, so schied sich anfangs blos

eine

werden. Tröpfelte ich eine Auflösung des Eisens
in verdünnter Schwefelsäure zu einer Mischung
von Gallenstoff und Speichel, so wurde diese erst
milchig; dann schied sich der Eyweiſsstoff des
Speichels, verbunden mit Gallenharz, ab, und
nun trat nach und nach die rothe Farbe, doch
nur schwach, ein. Vollständiger, doch ebenfalls
nur langsam, erschien diese, wenn ich eine sal-
petersaure Eisenauflösung zu einer Auflösung des
Speichels und Gallenstoffs in ätzendem Natrum
goſs.

Ueber die Funktion des pankreatischen und
enterischen Safts sind wir noch sehr im Unge-
wissen. Bis diese Dunkelheit aufgeklärt seyn
wird, muſs in unserer Kenntniſs des Chylifika-
tionsprocesses eine bedeutende Lücke bleiben.

Die Galle wirkt gewiſs bey der Verdauung
vorzüglich durch ihren Gehalt an Schwefel-Was-
serstoffgas und Blausäure. Beyde Substanzen ge-
hören zu den wirksamsten Zersetzungsmitteln des
Eyweiſs. Wasser, das mit ihnen geschwängert
ist, nimmt das Eyweiſs ohne allen Rückstand auf.
Laugen von ätzenden Alkalien, worin Eyweiſs
aufgelöst ist, lassen beym Zusatz von Säuren ei-
nen Theil dieser Substanz immer wieder fallen.
Setzte ich hingegen concentrirte Schwefelsäure zu
einer Auflösung von Eyweiſs in Wasser, das
Schwefelkali enthielt, so schied sich anfangs blos

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[470/0486] werden. Tröpfelte ich eine Auflösung des Eisens in verdünnter Schwefelsäure zu einer Mischung von Gallenstoff und Speichel, so wurde diese erst milchig; dann schied sich der Eyweiſsstoff des Speichels, verbunden mit Gallenharz, ab, und nun trat nach und nach die rothe Farbe, doch nur schwach, ein. Vollständiger, doch ebenfalls nur langsam, erschien diese, wenn ich eine sal- petersaure Eisenauflösung zu einer Auflösung des Speichels und Gallenstoffs in ätzendem Natrum goſs. Ueber die Funktion des pankreatischen und enterischen Safts sind wir noch sehr im Unge- wissen. Bis diese Dunkelheit aufgeklärt seyn wird, muſs in unserer Kenntniſs des Chylifika- tionsprocesses eine bedeutende Lücke bleiben. Die Galle wirkt gewiſs bey der Verdauung vorzüglich durch ihren Gehalt an Schwefel-Was- serstoffgas und Blausäure. Beyde Substanzen ge- hören zu den wirksamsten Zersetzungsmitteln des Eyweiſs. Wasser, das mit ihnen geschwängert ist, nimmt das Eyweiſs ohne allen Rückstand auf. Laugen von ätzenden Alkalien, worin Eyweiſs aufgelöst ist, lassen beym Zusatz von Säuren ei- nen Theil dieser Substanz immer wieder fallen. Setzte ich hingegen concentrirte Schwefelsäure zu einer Auflösung von Eyweiſs in Wasser, das Schwefelkali enthielt, so schied sich anfangs blos eine

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/486>, abgerufen am 22.11.2024.