Richtiger ist es, dass die Leber der Wasserthiere mehr ölige Theile als die der Landthiere enthält. Man könnte vermuthen, dass die Grösse der Le- ber mit der Vollkommenheit und Energie der Werkzeuge des Athemholens im umgekehrten Ver- hältniss stände, wenn nicht auch diese Voraus- setzung mit der Thatsache, dass die Vögel eine relativ grössere Leber als die Säugthiere haben, unvereinbar wäre. Am wahrscheinlichsten ist es mir, dass jene Grösse mit der Stärke des Assimila- tionsvermögens wächst und abnimmt. Diese lässt sich indess nicht nach der Quantität der Nahrung, die in einer bestimmten Zeit verbraucht wird, sondern blos nach der Stärke des Reproductions- vermögens schätzen. Da nun die letztere mit der abnehmenden relativen Grösse des Gehirns zu- nimmt y), so scheint auch die Leber mit dem Ge- hirn in einem gewissen Antagonismus zu stehen.
Die Verschiedenheit in der Gestalt der Leber besteht vorzüglich in der Zahl ihrer Einschnitte. Diese Abtheilungen können aber nichts Wesentli- ches seyn, da sie weder mit der übrigen Organi- sation, noch mit der Art der Nahrungsmittel irgend eine Verbindung haben. Nur von geringer Zahl und schwach sind sie z. B. bey dem Menschen und in den Familien der Schweine, Rinder, Pferde und Wallfische; hingegen besteht die Leber aus
drey,
y) Biol. Bd. 3. S. 486.
Richtiger ist es, daſs die Leber der Wasserthiere mehr ölige Theile als die der Landthiere enthält. Man könnte vermuthen, daſs die Gröſse der Le- ber mit der Vollkommenheit und Energie der Werkzeuge des Athemholens im umgekehrten Ver- hältniſs stände, wenn nicht auch diese Voraus- setzung mit der Thatsache, daſs die Vögel eine relativ gröſsere Leber als die Säugthiere haben, unvereinbar wäre. Am wahrscheinlichsten ist es mir, daſs jene Gröſse mit der Stärke des Assimila- tionsvermögens wächst und abnimmt. Diese läſst sich indeſs nicht nach der Quantität der Nahrung, die in einer bestimmten Zeit verbraucht wird, sondern blos nach der Stärke des Reproductions- vermögens schätzen. Da nun die letztere mit der abnehmenden relativen Gröſse des Gehirns zu- nimmt y), so scheint auch die Leber mit dem Ge- hirn in einem gewissen Antagonismus zu stehen.
Die Verschiedenheit in der Gestalt der Leber besteht vorzüglich in der Zahl ihrer Einschnitte. Diese Abtheilungen können aber nichts Wesentli- ches seyn, da sie weder mit der übrigen Organi- sation, noch mit der Art der Nahrungsmittel irgend eine Verbindung haben. Nur von geringer Zahl und schwach sind sie z. B. bey dem Menschen und in den Familien der Schweine, Rinder, Pferde und Wallfische; hingegen besteht die Leber aus
drey,
y) Biol. Bd. 3. S. 486.
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Richtiger ist es, daſs die Leber der Wasserthiere
mehr ölige Theile als die der Landthiere enthält.
Man könnte vermuthen, daſs die Gröſse der Le-
ber mit der Vollkommenheit und Energie der
Werkzeuge des Athemholens im umgekehrten Ver-
hältniſs stände, wenn nicht auch diese Voraus-
setzung mit der Thatsache, daſs die Vögel eine
relativ gröſsere Leber als die Säugthiere haben,
unvereinbar wäre. Am wahrscheinlichsten ist es
mir, daſs jene Gröſse mit der Stärke des Assimila-
tionsvermögens wächst und abnimmt. Diese läſst
sich indeſs nicht nach der Quantität der Nahrung,
die in einer bestimmten Zeit verbraucht wird,
sondern blos nach der Stärke des Reproductions-
vermögens schätzen. Da nun die letztere mit der
abnehmenden relativen Gröſse des Gehirns zu-
nimmt y), so scheint auch die Leber mit dem Ge-
hirn in einem gewissen Antagonismus zu stehen.
Die Verschiedenheit in der Gestalt der Leber
besteht vorzüglich in der Zahl ihrer Einschnitte.
Diese Abtheilungen können aber nichts Wesentli-
ches seyn, da sie weder mit der übrigen Organi-
sation, noch mit der Art der Nahrungsmittel irgend
eine Verbindung haben. Nur von geringer Zahl
und schwach sind sie z. B. bey dem Menschen
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/436>, abgerufen am 22.11.2024.
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