Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

Wägt man jetzt Gründe und Gegengründe
gegen einander ab, so, glaube ich, ist das Ueber-
gewicht auf Seiten der Meinung, dass die Lun-
gen bey der Respiration nicht blos leidend sind.
Man könnte für diese Hypothese auch noch Be-
weise anführen, die von dem Mechanismus des
Athemholens der Vögel hergenommen wären. Doch
würden hierbey manche Umstände vorkommen,
die noch nicht hinreichend untersucht sind. Aber
bey den Amphibien giebt es eine Erscheinung, die
ich mir nicht ganz ohne die Voraussetzung eines
eigenen Bewegungsvermögens der Lungen zu er-
klären weiss, nehmlich den Wechsel von An-
schwellung und Zusammenziehung dieser Theile
bey Amphibien, denen die ganze Brusthöhle ge-
öffnet, und selbst das Herz ausgeschnitten ist.
Schon Blumenbach t) leitete dieses Phänomen
von einer eigenen Lebenskraft der Lungen her,
ohne jedoch auf Morgagni's Erklärung desselben
aus einer Erweiterung und Verengerung der Mund-
höhle Rücksicht zu nehmen. Ich habe Versuche
beschrieben, woraus sich ergiebt, dass die Be-
netzung solcher angeschwollenen Lungen mit Lau-
danum und Belladonna-Extrakt Zusammenziehun-
gen und dann wieder Turgescenzen derselben her-

vor-
t) Specimen Physiol. comp. inter animantia calidi et
frigidi sanguinis. p. 14.

Wägt man jetzt Gründe und Gegengründe
gegen einander ab, so, glaube ich, ist das Ueber-
gewicht auf Seiten der Meinung, daſs die Lun-
gen bey der Respiration nicht blos leidend sind.
Man könnte für diese Hypothese auch noch Be-
weise anführen, die von dem Mechanismus des
Athemholens der Vögel hergenommen wären. Doch
würden hierbey manche Umstände vorkommen,
die noch nicht hinreichend untersucht sind. Aber
bey den Amphibien giebt es eine Erscheinung, die
ich mir nicht ganz ohne die Voraussetzung eines
eigenen Bewegungsvermögens der Lungen zu er-
klären weiſs, nehmlich den Wechsel von An-
schwellung und Zusammenziehung dieser Theile
bey Amphibien, denen die ganze Brusthöhle ge-
öffnet, und selbst das Herz ausgeschnitten ist.
Schon Blumenbach t) leitete dieses Phänomen
von einer eigenen Lebenskraft der Lungen her,
ohne jedoch auf Morgagni’s Erklärung desselben
aus einer Erweiterung und Verengerung der Mund-
höhle Rücksicht zu nehmen. Ich habe Versuche
beschrieben, woraus sich ergiebt, daſs die Be-
netzung solcher angeschwollenen Lungen mit Lau-
danum und Belladonna-Extrakt Zusammenziehun-
gen und dann wieder Turgescenzen derselben her-

vor-
t) Specimen Physiol. comp. inter animantia calidi et
frigidi sanguinis. p. 14.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0157" n="141"/>
                <p>Wägt man jetzt Gründe und Gegengründe<lb/>
gegen einander ab, so, glaube ich, ist das Ueber-<lb/>
gewicht auf Seiten der Meinung, da&#x017F;s die Lun-<lb/>
gen bey der Respiration nicht blos leidend sind.<lb/>
Man könnte für diese Hypothese auch noch Be-<lb/>
weise anführen, die von dem Mechanismus des<lb/>
Athemholens der Vögel hergenommen wären. Doch<lb/>
würden hierbey manche Umstände vorkommen,<lb/>
die noch nicht hinreichend untersucht sind. Aber<lb/>
bey den Amphibien giebt es eine Erscheinung, die<lb/>
ich mir nicht ganz ohne die Voraussetzung eines<lb/>
eigenen Bewegungsvermögens der Lungen zu er-<lb/>
klären wei&#x017F;s, nehmlich den Wechsel von An-<lb/>
schwellung und Zusammenziehung dieser Theile<lb/>
bey Amphibien, denen die ganze Brusthöhle ge-<lb/>
öffnet, und selbst das Herz ausgeschnitten ist.<lb/>
Schon <hi rendition="#k">Blumenbach</hi> <note place="foot" n="t)">Specimen Physiol. comp. inter animantia calidi et<lb/>
frigidi sanguinis. p. 14.</note> leitete dieses Phänomen<lb/>
von einer eigenen Lebenskraft der Lungen her,<lb/>
ohne jedoch auf <hi rendition="#k">Morgagni</hi>&#x2019;s Erklärung desselben<lb/>
aus einer Erweiterung und Verengerung der Mund-<lb/>
höhle Rücksicht zu nehmen. Ich habe Versuche<lb/>
beschrieben, woraus sich ergiebt, da&#x017F;s die Be-<lb/>
netzung solcher angeschwollenen Lungen mit Lau-<lb/>
danum und Belladonna-Extrakt Zusammenziehun-<lb/>
gen und dann wieder Turgescenzen derselben her-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vor-</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0157] Wägt man jetzt Gründe und Gegengründe gegen einander ab, so, glaube ich, ist das Ueber- gewicht auf Seiten der Meinung, daſs die Lun- gen bey der Respiration nicht blos leidend sind. Man könnte für diese Hypothese auch noch Be- weise anführen, die von dem Mechanismus des Athemholens der Vögel hergenommen wären. Doch würden hierbey manche Umstände vorkommen, die noch nicht hinreichend untersucht sind. Aber bey den Amphibien giebt es eine Erscheinung, die ich mir nicht ganz ohne die Voraussetzung eines eigenen Bewegungsvermögens der Lungen zu er- klären weiſs, nehmlich den Wechsel von An- schwellung und Zusammenziehung dieser Theile bey Amphibien, denen die ganze Brusthöhle ge- öffnet, und selbst das Herz ausgeschnitten ist. Schon Blumenbach t) leitete dieses Phänomen von einer eigenen Lebenskraft der Lungen her, ohne jedoch auf Morgagni’s Erklärung desselben aus einer Erweiterung und Verengerung der Mund- höhle Rücksicht zu nehmen. Ich habe Versuche beschrieben, woraus sich ergiebt, daſs die Be- netzung solcher angeschwollenen Lungen mit Lau- danum und Belladonna-Extrakt Zusammenziehun- gen und dann wieder Turgescenzen derselben her- vor- t) Specimen Physiol. comp. inter animantia calidi et frigidi sanguinis. p. 14.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/157
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/157>, abgerufen am 24.11.2024.