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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.

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Bey diesen Schlüssen ist indess vorausge-
setzt, dass alle einwirkende Potenzen die Re-
ceptivität vermindern, und dieser Satz lässt sich
in Zweifel ziehen. Man kann einwenden, dass
das Gesetz des Sinkens der Receptivität bey wie-
derhohlten Einwirkungen blos von solchen Ein-
flüssen gilt, welche durch die Lebenskraft auf
die Receptivität agiren. Aber kann es nicht auch
Potenzen geben, welche unmittelbar und ohne
durch die Lebenskraft vorher gebrochen zu seyn,
auf den Organismus Einfluss haben, und welche
Exaltationen der Lebenskraft, Depressionen der-
selben, oder Umwandelungen der Form des Le-
bens ohne vorhergegangene vitale Reaktionen
hervorbringen? Ja, haben wir nicht selber im
dritten Kapitel der Einleitung (l) bey der Dar-
stellung desjenigen biologischen Systems, wel-
ches durch unsere Untersuchungen über die Ent-
stehung und Verwandelungen der lebenden Kör-
per begründet ist (m), die Wirklichkeit solcher
Potenzen behauptet?

Diese Einwürfe lassen sich aber beantwor-
ten. In der Einleitung, wo unsere Absicht blos
war, von den drey möglichen biologischen Sy-
stemen Skizzen zu liefern, konnten wir freylich,

ohne
(l) Biol. Bd. 1. S. 102.
(m) Biol. Bd. 2. S. 264.
O o 4

Bey diesen Schlüssen ist indeſs vorausge-
setzt, daſs alle einwirkende Potenzen die Re-
ceptivität vermindern, und dieser Satz läſst sich
in Zweifel ziehen. Man kann einwenden, daſs
das Gesetz des Sinkens der Receptivität bey wie-
derhohlten Einwirkungen blos von solchen Ein-
flüssen gilt, welche durch die Lebenskraft auf
die Receptivität agiren. Aber kann es nicht auch
Potenzen geben, welche unmittelbar und ohne
durch die Lebenskraft vorher gebrochen zu seyn,
auf den Organismus Einfluſs haben, und welche
Exaltationen der Lebenskraft, Depressionen der-
selben, oder Umwandelungen der Form des Le-
bens ohne vorhergegangene vitale Reaktionen
hervorbringen? Ja, haben wir nicht selber im
dritten Kapitel der Einleitung (l) bey der Dar-
stellung desjenigen biologischen Systems, wel-
ches durch unsere Untersuchungen über die Ent-
stehung und Verwandelungen der lebenden Kör-
per begründet ist (m), die Wirklichkeit solcher
Potenzen behauptet?

Diese Einwürfe lassen sich aber beantwor-
ten. In der Einleitung, wo unsere Absicht blos
war, von den drey möglichen biologischen Sy-
stemen Skizzen zu liefern, konnten wir freylich,

ohne
(l) Biol. Bd. 1. S. 102.
(m) Biol. Bd. 2. S. 264.
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[583/0593] Bey diesen Schlüssen ist indeſs vorausge- setzt, daſs alle einwirkende Potenzen die Re- ceptivität vermindern, und dieser Satz läſst sich in Zweifel ziehen. Man kann einwenden, daſs das Gesetz des Sinkens der Receptivität bey wie- derhohlten Einwirkungen blos von solchen Ein- flüssen gilt, welche durch die Lebenskraft auf die Receptivität agiren. Aber kann es nicht auch Potenzen geben, welche unmittelbar und ohne durch die Lebenskraft vorher gebrochen zu seyn, auf den Organismus Einfluſs haben, und welche Exaltationen der Lebenskraft, Depressionen der- selben, oder Umwandelungen der Form des Le- bens ohne vorhergegangene vitale Reaktionen hervorbringen? Ja, haben wir nicht selber im dritten Kapitel der Einleitung (l) bey der Dar- stellung desjenigen biologischen Systems, wel- ches durch unsere Untersuchungen über die Ent- stehung und Verwandelungen der lebenden Kör- per begründet ist (m), die Wirklichkeit solcher Potenzen behauptet? Diese Einwürfe lassen sich aber beantwor- ten. In der Einleitung, wo unsere Absicht blos war, von den drey möglichen biologischen Sy- stemen Skizzen zu liefern, konnten wir freylich, ohne (l) Biol. Bd. 1. S. 102. (m) Biol. Bd. 2. S. 264. O o 4

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/593>, abgerufen am 22.11.2024.