Ganzen sind; sie müssen bey ihrem Ursprunge, ihrer Ausbildung und ihrem Absterben einen ei- genen, von dem des Ganzen verschiedenen Ty- pus haben, und, auch nach der Absonderung von dem letztern, diejenigen Funktionen, denen sie vorstanden, als sie mit diesem in Verbindung waren, noch eine Zeitlang vollziehen; kurz, sie müssen ein eigenthümliches Leben haben.
Die Fortdauer dieses eigenthümlichen Lebens nach der Trennung von dem Ganzen wird desto länger seyn, je unabhängiger die untergeordneten Organe der Sympathie von dem Hauptorgane sind, also je weniger Unterschied zwischen je- nen und diesem in der Grösse und Gestalt ist, folglich am längsten bey den Würmern, Zoophy- ten und Pflanzen. Bey eben diesen Organismen nun ist zugleich jeder Haupttheil dem Ganzen ähnlich; er besitzt also dieselben Mittel zu sei- ner Fortdauer, die das Ganze hat, und wird daher, auch abgesondert von diesem, den Kreislauf seines eigenthümlichen Lebens vollen- den können.
Aber nicht blos als Theil wird er fortdauern; auch zu einem lebenden Ganzen wird er sich unter günstigen Umständen erheben. Alles Le- ben des Einzelnen nehmlich geht auf Erhaltung der Individualität gegen den Einfluss der äussern
Welt.
Ganzen sind; sie müssen bey ihrem Ursprunge, ihrer Ausbildung und ihrem Absterben einen ei- genen, von dem des Ganzen verschiedenen Ty- pus haben, und, auch nach der Absonderung von dem letztern, diejenigen Funktionen, denen sie vorstanden, als sie mit diesem in Verbindung waren, noch eine Zeitlang vollziehen; kurz, sie müssen ein eigenthümliches Leben haben.
Die Fortdauer dieses eigenthümlichen Lebens nach der Trennung von dem Ganzen wird desto länger seyn, je unabhängiger die untergeordneten Organe der Sympathie von dem Hauptorgane sind, also je weniger Unterschied zwischen je- nen und diesem in der Gröſse und Gestalt ist, folglich am längsten bey den Würmern, Zoophy- ten und Pflanzen. Bey eben diesen Organismen nun ist zugleich jeder Haupttheil dem Ganzen ähnlich; er besitzt also dieselben Mittel zu sei- ner Fortdauer, die das Ganze hat, und wird daher, auch abgesondert von diesem, den Kreislauf seines eigenthümlichen Lebens vollen- den können.
Aber nicht blos als Theil wird er fortdauern; auch zu einem lebenden Ganzen wird er sich unter günstigen Umständen erheben. Alles Le- ben des Einzelnen nehmlich geht auf Erhaltung der Individualität gegen den Einfluſs der äussern
Welt.
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Ganzen sind; sie müssen bey ihrem Ursprunge,
ihrer Ausbildung und ihrem Absterben einen ei-
genen, von dem des Ganzen verschiedenen Ty-
pus haben, und, auch nach der Absonderung
von dem letztern, diejenigen Funktionen, denen
sie vorstanden, als sie mit diesem in Verbindung
waren, noch eine Zeitlang vollziehen; kurz, sie
müssen ein eigenthümliches Leben haben.
Die Fortdauer dieses eigenthümlichen Lebens
nach der Trennung von dem Ganzen wird desto
länger seyn, je unabhängiger die untergeordneten
Organe der Sympathie von dem Hauptorgane
sind, also je weniger Unterschied zwischen je-
nen und diesem in der Gröſse und Gestalt ist,
folglich am längsten bey den Würmern, Zoophy-
ten und Pflanzen. Bey eben diesen Organismen
nun ist zugleich jeder Haupttheil dem Ganzen
ähnlich; er besitzt also dieselben Mittel zu sei-
ner Fortdauer, die das Ganze hat, und wird
daher, auch abgesondert von diesem, den
Kreislauf seines eigenthümlichen Lebens vollen-
den können.
Aber nicht blos als Theil wird er fortdauern;
auch zu einem lebenden Ganzen wird er sich
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/569>, abgerufen am 22.11.2024.
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