zuleiten im Stande seyn. Von jedem dieser Individuen lässt sich dasselbe sagen, was Leibnitz von den Monaden sagte: Atque huic adaptationi rerum omnium creatarum ad unamquamque, et uniuscuiusque ad caeteras omnes tribuendum, quod quaelibet substan- tia simplex habeat respectus, quibus expri- muntur caeterae omnes, et per consequens speculum vivum perpetuum universi exi- stat.
Aus diesen Sätzen folgt nun erstens, dass es einen quantitativen Unterschied zwischen den verschiedenen lebenden Organismen in Betreff der Intensität ihres Lebens giebt. Aber es folgt zu- gleich auch, dass diese Stufenfolge sich nur auf einige, nicht auf alle Funktionen erstrecken kann, und dass, je höher ein Organismus in Betreff einer einzelnen Funktion steht, desto tie- fer er in Hinsicht auf eine andere stehen muss. Denn wäre dies nicht der Fall, fände unter den lebenden Körpern eine solche Gradation statt, dass einige in jeder Rücksicht auf einer höhern Stufe des Lebens ständen, als die übrigen, so würden jene bald alle übrige verdrängen; es würde nur ein einziges lebendes Individuum übrig bleiben, und auch dieses würde, weil das Leben desselben immer noch beschränkt wäre, sein Daseyn nur auf eine kurze Zeit behaupten
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zuleiten im Stande seyn. Von jedem dieser Individuen läſst sich dasselbe sagen, was Leibnitz von den Monaden sagte: Atque huic adaptationi rerum omnium creatarum ad unamquamque, et uniuscuiusque ad caeteras omnes tribuendum, quod quaelibet substan- tia simplex habeat respectus, quibus expri- muntur caeterae omnes, et per consequens speculum vivum perpetuum universi exi- stat.
Aus diesen Sätzen folgt nun erstens, daſs es einen quantitativen Unterschied zwischen den verschiedenen lebenden Organismen in Betreff der Intensität ihres Lebens giebt. Aber es folgt zu- gleich auch, daſs diese Stufenfolge sich nur auf einige, nicht auf alle Funktionen erstrecken kann, und daſs, je höher ein Organismus in Betreff einer einzelnen Funktion steht, desto tie- fer er in Hinsicht auf eine andere stehen muſs. Denn wäre dies nicht der Fall, fände unter den lebenden Körpern eine solche Gradation statt, daſs einige in jeder Rücksicht auf einer höhern Stufe des Lebens ständen, als die übrigen, so würden jene bald alle übrige verdrängen; es würde nur ein einziges lebendes Individuum übrig bleiben, und auch dieses würde, weil das Leben desselben immer noch beschränkt wäre, sein Daseyn nur auf eine kurze Zeit behaupten
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zuleiten im Stande seyn. Von jedem dieser
Individuen läſst sich dasselbe sagen, was
Leibnitz von den Monaden sagte: Atque
huic adaptationi rerum omnium creatarum ad
unamquamque, et uniuscuiusque ad caeteras
omnes tribuendum, quod quaelibet substan-
tia simplex habeat respectus, quibus expri-
muntur caeterae omnes, et per consequens
speculum vivum perpetuum universi exi-
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Aus diesen Sätzen folgt nun erstens, daſs
es einen quantitativen Unterschied zwischen den
verschiedenen lebenden Organismen in Betreff der
Intensität ihres Lebens giebt. Aber es folgt zu-
gleich auch, daſs diese Stufenfolge sich nur auf
einige, nicht auf alle Funktionen erstrecken
kann, und daſs, je höher ein Organismus in
Betreff einer einzelnen Funktion steht, desto tie-
fer er in Hinsicht auf eine andere stehen muſs.
Denn wäre dies nicht der Fall, fände unter den
lebenden Körpern eine solche Gradation statt,
daſs einige in jeder Rücksicht auf einer höhern
Stufe des Lebens ständen, als die übrigen, so
würden jene bald alle übrige verdrängen; es
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/563>, abgerufen am 22.11.2024.
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