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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.

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Antheil an der Bildung der jetzigen lebenden Na-
tur zuschreibt, muss zu der Voraussetzung, dass
die Rückkehr der Bastardgenerationen zu ihren
Urformen in ehemaligen Zeiten nicht statt gefun-
den hat, also zu einer Behauptung, die durch
keine Gründe unterstützt wird, seine Zuflucht
nehmen.

Aber wenn man auch diese Voraussetzung
gelten lässt, so bleibt doch gerade das durch jene
Hypothese unerklärt, was am meisten der Erklä-
rung bedarf. Die Vereinigung verschiedenartiger
Formen in einem einzigen Individuum ist nir-
gends häufiger, als in Neuholland. Und wo sind
die Urformen, durch deren Vermischung diese
Individuen gebildet wurden? Sie sind nicht in
Neuholland und nicht auf den übrigen Südsee-
inseln. Nur in Südamerika, im südlichen Asien
und in Afrika finden sich Thiere, die mit jenen
in einzelnen Stücken übereinkommen. Aber wer
wird die Neuholländischen Thiere von Südame-
rika ableiten wollen? Und warum finden sich
denn in Neuholland nur noch Bastarde, nicht
mehr ursprüngliche Thiere? Sind diese unterge-
gangen? Aber Neuholland ist von zu neuer
Entstehung, als dass hier die lebende Natur schon
viele Revolutionen erlitten haben könnte. Und
gerade in jenem Erdstriche, mit dessen Thieren
die von Neuholland manches gemein haben, in

Süd-

Antheil an der Bildung der jetzigen lebenden Na-
tur zuschreibt, muſs zu der Voraussetzung, daſs
die Rückkehr der Bastardgenerationen zu ihren
Urformen in ehemaligen Zeiten nicht statt gefun-
den hat, also zu einer Behauptung, die durch
keine Gründe unterstützt wird, seine Zuflucht
nehmen.

Aber wenn man auch diese Voraussetzung
gelten läſst, so bleibt doch gerade das durch jene
Hypothese unerklärt, was am meisten der Erklä-
rung bedarf. Die Vereinigung verschiedenartiger
Formen in einem einzigen Individuum ist nir-
gends häufiger, als in Neuholland. Und wo sind
die Urformen, durch deren Vermischung diese
Individuen gebildet wurden? Sie sind nicht in
Neuholland und nicht auf den übrigen Südsee-
inseln. Nur in Südamerika, im südlichen Asien
und in Afrika finden sich Thiere, die mit jenen
in einzelnen Stücken übereinkommen. Aber wer
wird die Neuholländischen Thiere von Südame-
rika ableiten wollen? Und warum finden sich
denn in Neuholland nur noch Bastarde, nicht
mehr ursprüngliche Thiere? Sind diese unterge-
gangen? Aber Neuholland ist von zu neuer
Entstehung, als daſs hier die lebende Natur schon
viele Revolutionen erlitten haben könnte. Und
gerade in jenem Erdstriche, mit dessen Thieren
die von Neuholland manches gemein haben, in

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[418/0428] Antheil an der Bildung der jetzigen lebenden Na- tur zuschreibt, muſs zu der Voraussetzung, daſs die Rückkehr der Bastardgenerationen zu ihren Urformen in ehemaligen Zeiten nicht statt gefun- den hat, also zu einer Behauptung, die durch keine Gründe unterstützt wird, seine Zuflucht nehmen. Aber wenn man auch diese Voraussetzung gelten läſst, so bleibt doch gerade das durch jene Hypothese unerklärt, was am meisten der Erklä- rung bedarf. Die Vereinigung verschiedenartiger Formen in einem einzigen Individuum ist nir- gends häufiger, als in Neuholland. Und wo sind die Urformen, durch deren Vermischung diese Individuen gebildet wurden? Sie sind nicht in Neuholland und nicht auf den übrigen Südsee- inseln. Nur in Südamerika, im südlichen Asien und in Afrika finden sich Thiere, die mit jenen in einzelnen Stücken übereinkommen. Aber wer wird die Neuholländischen Thiere von Südame- rika ableiten wollen? Und warum finden sich denn in Neuholland nur noch Bastarde, nicht mehr ursprüngliche Thiere? Sind diese unterge- gangen? Aber Neuholland ist von zu neuer Entstehung, als daſs hier die lebende Natur schon viele Revolutionen erlitten haben könnte. Und gerade in jenem Erdstriche, mit dessen Thieren die von Neuholland manches gemein haben, in Süd-

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/428>, abgerufen am 05.10.2024.