Welt antreffen, aus der Voraussetzung sehr we- niger Urformen, also auf einem sehr einfachen Wege, zu erklären. Man kann sich ferner auf die wunderbare Vereinigung der verschiedenartig- sten Formen in einem einzigen Individuum be- rufen, die wir bey so vielen Organismen wahr- nehmen, und welche in der Bastarderzeugung einen befriedigenden Grund findet.
Allein so scheinbar diese Gründe beym er- sten Anblicke seyn mögen, so wenig vertragen sie eine genauere Prüfung. Es ist erstens ge- wiss, dass die Nachkommenschaft fruchtbarer Bastarde binnen einigen Generationen ganz wieder zur Art des Stammvaters oder der Stammmutter zurückkehrt. Vermischen sich jene mit Individuen von der Art des Vaters, so nähert sich die fol- gende Generation wieder dem Vater; geschieht die Vermischung mit einem Individuum mütter- licher Art, so werden die Nachkommen wieder der Mutter ähnlich; begatten sich endlich Bastar- de mit Bastarden, so gehen die erzeugten Indivi- duen wieder zur Art des Stammvaters oder der Stammmutter über, je nachdem die Bastarde mehr mit dem erstern, oder mehr mit der letztern ge- mein hatten. So lehren es Kölreuter's Versu- che über die Bastarderzeugung der Pflanzen. Wer, dieser Erfahrungen ohngeachtet, der Ver- mischung ungleichartiger Individuen doch einen
An-
III. Bd. D d
Welt antreffen, aus der Voraussetzung sehr we- niger Urformen, also auf einem sehr einfachen Wege, zu erklären. Man kann sich ferner auf die wunderbare Vereinigung der verschiedenartig- sten Formen in einem einzigen Individuum be- rufen, die wir bey so vielen Organismen wahr- nehmen, und welche in der Bastarderzeugung einen befriedigenden Grund findet.
Allein so scheinbar diese Gründe beym er- sten Anblicke seyn mögen, so wenig vertragen sie eine genauere Prüfung. Es ist erstens ge- wiſs, daſs die Nachkommenschaft fruchtbarer Bastarde binnen einigen Generationen ganz wieder zur Art des Stammvaters oder der Stammmutter zurückkehrt. Vermischen sich jene mit Individuen von der Art des Vaters, so nähert sich die fol- gende Generation wieder dem Vater; geschieht die Vermischung mit einem Individuum mütter- licher Art, so werden die Nachkommen wieder der Mutter ähnlich; begatten sich endlich Bastar- de mit Bastarden, so gehen die erzeugten Indivi- duen wieder zur Art des Stammvaters oder der Stammmutter über, je nachdem die Bastarde mehr mit dem erstern, oder mehr mit der letztern ge- mein hatten. So lehren es Kölreuter’s Versu- che über die Bastarderzeugung der Pflanzen. Wer, dieser Erfahrungen ohngeachtet, der Ver- mischung ungleichartiger Individuen doch einen
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Welt antreffen, aus der Voraussetzung sehr we-
niger Urformen, also auf einem sehr einfachen
Wege, zu erklären. Man kann sich ferner auf
die wunderbare Vereinigung der verschiedenartig-
sten Formen in einem einzigen Individuum be-
rufen, die wir bey so vielen Organismen wahr-
nehmen, und welche in der Bastarderzeugung
einen befriedigenden Grund findet.
Allein so scheinbar diese Gründe beym er-
sten Anblicke seyn mögen, so wenig vertragen
sie eine genauere Prüfung. Es ist erstens ge-
wiſs, daſs die Nachkommenschaft fruchtbarer
Bastarde binnen einigen Generationen ganz wieder
zur Art des Stammvaters oder der Stammmutter
zurückkehrt. Vermischen sich jene mit Individuen
von der Art des Vaters, so nähert sich die fol-
gende Generation wieder dem Vater; geschieht
die Vermischung mit einem Individuum mütter-
licher Art, so werden die Nachkommen wieder
der Mutter ähnlich; begatten sich endlich Bastar-
de mit Bastarden, so gehen die erzeugten Indivi-
duen wieder zur Art des Stammvaters oder der
Stammmutter über, je nachdem die Bastarde mehr
mit dem erstern, oder mehr mit der letztern ge-
mein hatten. So lehren es Kölreuter’s Versu-
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/427>, abgerufen am 22.11.2024.
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