ren Weibchen Eyer legen, wenn ihnen blos der Rücken gekitzelt wird. Hic enim, sagt er, so- lus stimulus sentientium oviductuum et ovariis eos admovet, et ova per eosdem in cloacam du- cit. Gegen diese Einwürfe haben wir indess Fol- gendes zu bemerken: Was natürlich (simplex) und nicht natürlich ist, lässt sich selten bestim- men, und am wenigsten bey einem Gegenstande, der in ein so tiefes Dunkel gehüllt ist, wie die Erzeugung. Dass die Bewegung der Mutter- trompeten zu den Eyerstöcken Wirkung des Or- gasmus bey der Begattung ist, beweiset das Bey- spiel der Vögel freylich; aber es beweiset nicht, dass es eine unmittelbare Wirkung desselben ist. Endlich würde sich durch eben die Argumente, deren sich Haller bedient, auch beweisen las- sen, dass sich der Zeugungsstoff der Eyerstöcke schon während der Begattung ergiessen müsste. Da aber dieser Satz mit so vielen Erfahrungen im Widerspruche steht, so sind wir auch berech- tigt, an der Richtigkeit jener Argumente zu zwei- feln, und wir haben hierzu um so mehr Grund, da es höchst wahrscheinlich ist, dass die Ergies- sung des weiblichen Zeugungsstoffs aus den Ey- erstöcken und die Bewegung der Muttertrompe- ten zu diesen Organen durch einerley Ursache bewirkt werden, und also auch zu einerley Zeit geschehen.
Aus
ren Weibchen Eyer legen, wenn ihnen blos der Rücken gekitzelt wird. Hic enim, sagt er, so- lus stimulus sentientium oviductuum et ovariis eos admovet, et ova per eosdem in cloacam du- cit. Gegen diese Einwürfe haben wir indeſs Fol- gendes zu bemerken: Was natürlich (simplex) und nicht natürlich ist, läſst sich selten bestim- men, und am wenigsten bey einem Gegenstande, der in ein so tiefes Dunkel gehüllt ist, wie die Erzeugung. Daſs die Bewegung der Mutter- trompeten zu den Eyerstöcken Wirkung des Or- gasmus bey der Begattung ist, beweiset das Bey- spiel der Vögel freylich; aber es beweiset nicht, daſs es eine unmittelbare Wirkung desselben ist. Endlich würde sich durch eben die Argumente, deren sich Haller bedient, auch beweisen las- sen, daſs sich der Zeugungsstoff der Eyerstöcke schon während der Begattung ergieſsen müſste. Da aber dieser Satz mit so vielen Erfahrungen im Widerspruche steht, so sind wir auch berech- tigt, an der Richtigkeit jener Argumente zu zwei- feln, und wir haben hierzu um so mehr Grund, da es höchst wahrscheinlich ist, daſs die Ergies- sung des weiblichen Zeugungsstoffs aus den Ey- erstöcken und die Bewegung der Muttertrompe- ten zu diesen Organen durch einerley Ursache bewirkt werden, und also auch zu einerley Zeit geschehen.
Aus
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0402"n="392"/>
ren Weibchen Eyer legen, wenn ihnen blos der<lb/>
Rücken gekitzelt wird. Hic enim, sagt er, so-<lb/>
lus stimulus sentientium oviductuum et ovariis<lb/>
eos admovet, et ova per eosdem in cloacam du-<lb/>
cit. Gegen diese Einwürfe haben wir indeſs Fol-<lb/>
gendes zu bemerken: Was natürlich (simplex)<lb/>
und nicht natürlich ist, läſst sich selten bestim-<lb/>
men, und am wenigsten bey einem Gegenstande,<lb/>
der in ein so tiefes Dunkel gehüllt ist, wie die<lb/>
Erzeugung. Daſs die Bewegung der Mutter-<lb/>
trompeten zu den Eyerstöcken Wirkung des Or-<lb/>
gasmus bey der Begattung ist, beweiset das Bey-<lb/>
spiel der Vögel freylich; aber es beweiset nicht,<lb/>
daſs es eine unmittelbare Wirkung desselben ist.<lb/>
Endlich würde sich durch eben die Argumente,<lb/>
deren sich <hirendition="#k">Haller</hi> bedient, auch beweisen las-<lb/>
sen, daſs sich der Zeugungsstoff der Eyerstöcke<lb/>
schon während der Begattung ergieſsen müſste.<lb/>
Da aber dieser Satz mit so vielen Erfahrungen<lb/>
im Widerspruche steht, so sind wir auch berech-<lb/>
tigt, an der Richtigkeit jener Argumente zu zwei-<lb/>
feln, und wir haben hierzu um so mehr Grund,<lb/>
da es höchst wahrscheinlich ist, daſs die Ergies-<lb/>
sung des weiblichen Zeugungsstoffs aus den Ey-<lb/>
erstöcken und die Bewegung der Muttertrompe-<lb/>
ten zu diesen Organen durch einerley Ursache<lb/>
bewirkt werden, und also auch zu einerley Zeit<lb/>
geschehen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Aus</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[392/0402]
ren Weibchen Eyer legen, wenn ihnen blos der
Rücken gekitzelt wird. Hic enim, sagt er, so-
lus stimulus sentientium oviductuum et ovariis
eos admovet, et ova per eosdem in cloacam du-
cit. Gegen diese Einwürfe haben wir indeſs Fol-
gendes zu bemerken: Was natürlich (simplex)
und nicht natürlich ist, läſst sich selten bestim-
men, und am wenigsten bey einem Gegenstande,
der in ein so tiefes Dunkel gehüllt ist, wie die
Erzeugung. Daſs die Bewegung der Mutter-
trompeten zu den Eyerstöcken Wirkung des Or-
gasmus bey der Begattung ist, beweiset das Bey-
spiel der Vögel freylich; aber es beweiset nicht,
daſs es eine unmittelbare Wirkung desselben ist.
Endlich würde sich durch eben die Argumente,
deren sich Haller bedient, auch beweisen las-
sen, daſs sich der Zeugungsstoff der Eyerstöcke
schon während der Begattung ergieſsen müſste.
Da aber dieser Satz mit so vielen Erfahrungen
im Widerspruche steht, so sind wir auch berech-
tigt, an der Richtigkeit jener Argumente zu zwei-
feln, und wir haben hierzu um so mehr Grund,
da es höchst wahrscheinlich ist, daſs die Ergies-
sung des weiblichen Zeugungsstoffs aus den Ey-
erstöcken und die Bewegung der Muttertrompe-
ten zu diesen Organen durch einerley Ursache
bewirkt werden, und also auch zu einerley Zeit
geschehen.
Aus
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/402>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.