gleichzeitige Veränderungen des erstern statt finden?
Diese Vermuthung wächst fast bis zur Ge- wissheit, wenn man erwägt, was das Clima Ita- liens und der Gegenden am schwarzen Meere noch zu den Zeiten des August und seiner Nach- folger war, und was dieses jetzt ist. Virgil spricht von den Flüssen Calabriens und Juvenal von der Tiber als zugefroren. Laurentinum am Ausflusse der Tiber hatte zu den Zeiten des Pli- nius keinen so gelinden Winter, um Myrthen, Oel- und Lorbeerbäume zu beherrbergen, da doch die letztern jetzt in England ausdauern. Virgil giebt Mittel an, das Vieh vor dem Schree und Eise zu schützen, und Aelian, den Aal unter dem Eise zu fangen, Mittel, die jetzt in Italien ganz überflüssig sind. Ovid beschreibt das schwarze Meer als so stark im Winter gefroren, dass die Sarmater darüber fuhren; in dem jetzi- gen Temeswar fror, seiner Beschreibung nach, der Wein, und man theilte ihn stückweise aus. Alles dies passt jetzt nicht mehr auf jene Gegen- den (m). Aber woher diese Veränderungen, als von dem Aushauen der grossen Waldstrecken, dem Austrocknen der vielen Sümpfe, und der Cultur der Wüsteneien, woraus zu den Zeiten
der
(m) Vergl. Mann, Hist. et commentat. Acad. scient. Theodoro - Palat. Vol. VI physicum.
gleichzeitige Veränderungen des erstern statt finden?
Diese Vermuthung wächst fast bis zur Ge- wiſsheit, wenn man erwägt, was das Clima Ita- liens und der Gegenden am schwarzen Meere noch zu den Zeiten des August und seiner Nach- folger war, und was dieses jetzt ist. Virgil spricht von den Flüssen Calabriens und Juvenal von der Tiber als zugefroren. Laurentinum am Ausflusse der Tiber hatte zu den Zeiten des Pli- nius keinen so gelinden Winter, um Myrthen, Oel- und Lorbeerbäume zu beherrbergen, da doch die letztern jetzt in England ausdauern. Virgil giebt Mittel an, das Vieh vor dem Schree und Eise zu schützen, und Aelian, den Aal unter dem Eise zu fangen, Mittel, die jetzt in Italien ganz überflüssig sind. Ovid beschreibt das schwarze Meer als so stark im Winter gefroren, daſs die Sarmater darüber fuhren; in dem jetzi- gen Temeswar fror, seiner Beschreibung nach, der Wein, und man theilte ihn stückweise aus. Alles dies paſst jetzt nicht mehr auf jene Gegen- den (m). Aber woher diese Veränderungen, als von dem Aushauen der groſsen Waldstrecken, dem Austrocknen der vielen Sümpfe, und der Cultur der Wüsteneien, woraus zu den Zeiten
der
(m) Vergl. Mann, Hist. et commentat. Acad. scient. Theodoro - Palat. Vol. VI physicum.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0022"n="12"/>
gleichzeitige Veränderungen des erstern statt<lb/>
finden?</p><lb/><p>Diese Vermuthung wächst fast bis zur Ge-<lb/>
wiſsheit, wenn man erwägt, was das Clima Ita-<lb/>
liens und der Gegenden am schwarzen Meere<lb/>
noch zu den Zeiten des August und seiner Nach-<lb/>
folger war, und was dieses jetzt ist. <hirendition="#k">Virgil</hi><lb/>
spricht von den Flüssen Calabriens und <hirendition="#k">Juvenal</hi><lb/>
von der Tiber als zugefroren. Laurentinum am<lb/>
Ausflusse der Tiber hatte zu den Zeiten des <hirendition="#k">Pli-<lb/>
nius</hi> keinen so gelinden Winter, um Myrthen,<lb/>
Oel- und Lorbeerbäume zu beherrbergen, da doch<lb/>
die letztern jetzt in England ausdauern. <hirendition="#k">Virgil</hi><lb/>
giebt Mittel an, das Vieh vor dem Schree und<lb/>
Eise zu schützen, und <hirendition="#k">Aelian</hi>, den Aal unter<lb/>
dem Eise zu fangen, Mittel, die jetzt in Italien<lb/>
ganz überflüssig sind. <hirendition="#k">Ovid</hi> beschreibt das<lb/>
schwarze Meer als so stark im Winter gefroren,<lb/>
daſs die Sarmater darüber fuhren; in dem jetzi-<lb/>
gen Temeswar fror, seiner Beschreibung nach,<lb/>
der Wein, und man theilte ihn stückweise aus.<lb/>
Alles dies paſst jetzt nicht mehr auf jene Gegen-<lb/>
den <noteplace="foot"n="(m)">Vergl. <hirendition="#k">Mann</hi>, Hist. et commentat. Acad. scient.<lb/>
Theodoro - Palat. Vol. VI physicum.</note>. Aber woher diese Veränderungen, als<lb/>
von dem Aushauen der groſsen Waldstrecken,<lb/>
dem Austrocknen der vielen Sümpfe, und der<lb/>
Cultur der Wüsteneien, woraus zu den Zeiten<lb/><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[12/0022]
gleichzeitige Veränderungen des erstern statt
finden?
Diese Vermuthung wächst fast bis zur Ge-
wiſsheit, wenn man erwägt, was das Clima Ita-
liens und der Gegenden am schwarzen Meere
noch zu den Zeiten des August und seiner Nach-
folger war, und was dieses jetzt ist. Virgil
spricht von den Flüssen Calabriens und Juvenal
von der Tiber als zugefroren. Laurentinum am
Ausflusse der Tiber hatte zu den Zeiten des Pli-
nius keinen so gelinden Winter, um Myrthen,
Oel- und Lorbeerbäume zu beherrbergen, da doch
die letztern jetzt in England ausdauern. Virgil
giebt Mittel an, das Vieh vor dem Schree und
Eise zu schützen, und Aelian, den Aal unter
dem Eise zu fangen, Mittel, die jetzt in Italien
ganz überflüssig sind. Ovid beschreibt das
schwarze Meer als so stark im Winter gefroren,
daſs die Sarmater darüber fuhren; in dem jetzi-
gen Temeswar fror, seiner Beschreibung nach,
der Wein, und man theilte ihn stückweise aus.
Alles dies paſst jetzt nicht mehr auf jene Gegen-
den (m). Aber woher diese Veränderungen, als
von dem Aushauen der groſsen Waldstrecken,
dem Austrocknen der vielen Sümpfe, und der
Cultur der Wüsteneien, woraus zu den Zeiten
der
(m) Vergl. Mann, Hist. et commentat. Acad. scient.
Theodoro - Palat. Vol. VI physicum.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/22>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.