schlage Wärme und gasförmige Stoffe entbunden werden mussten, und wahr ist es, dass hier- durch der erste Niederschlag zur Ursache aller folgenden wurde. Aber zweifelhaft ist es, ob jene entbundene Wärme eine bedeutende Erhö- hung der Temperatur bewirken konnte, und un- richtig ist die Folgerung, dass auf diese Art in den Polarländern ein Palmenclima hätte entste- hen können. Denn entwickelten sich bey je- dem Niederschlage zugleich Dämpfe und luft- förmige Stoffe, so musste die Wärme, die bey jener Präcipitation entwickelt war, bey der Bil- dung der letztern wieder gebunden werden, und so konnte diese zur Erhöhung der Temperatur des Wassers und der Athmosphäre nicht viel beytragen. Aber gesetzt diese wäre auch be- trächtlich dadurch erhöhet worden, so hätte doch nimmer auf diese Weise in den Polargegenden ein Palmenclima entstehen können. Es ist ja nicht blos der hohe Grad von Wärme, es ist auch der senkrechte Fall der Sonnenstrahlen, die beständige Gleichheit der Tage und Nächte, die Regelmässigkeit aller meteorologischen Verän- derungen, kurz es sind noch eine Menge ande- rer, von der Temperatur unabhängiger Einflüs- se, wovon die Pflanzen und Thiere der Tropen- länder abhängen. Wäre dies nicht, warum wüchsen dann nicht in den warmen Quellen von Europa die Pistia Stratiotes, der Saururus, und
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schlage Wärme und gasförmige Stoffe entbunden werden muſsten, und wahr ist es, daſs hier- durch der erste Niederschlag zur Ursache aller folgenden wurde. Aber zweifelhaft ist es, ob jene entbundene Wärme eine bedeutende Erhö- hung der Temperatur bewirken konnte, und un- richtig ist die Folgerung, daſs auf diese Art in den Polarländern ein Palmenclima hätte entste- hen können. Denn entwickelten sich bey je- dem Niederschlage zugleich Dämpfe und luft- förmige Stoffe, so muſste die Wärme, die bey jener Präcipitation entwickelt war, bey der Bil- dung der letztern wieder gebunden werden, und so konnte diese zur Erhöhung der Temperatur des Wassers und der Athmosphäre nicht viel beytragen. Aber gesetzt diese wäre auch be- trächtlich dadurch erhöhet worden, so hätte doch nimmer auf diese Weise in den Polargegenden ein Palmenclima entstehen können. Es ist ja nicht blos der hohe Grad von Wärme, es ist auch der senkrechte Fall der Sonnenstrahlen, die beständige Gleichheit der Tage und Nächte, die Regelmäſsigkeit aller meteorologischen Verän- derungen, kurz es sind noch eine Menge ande- rer, von der Temperatur unabhängiger Einflüs- se, wovon die Pflanzen und Thiere der Tropen- länder abhängen. Wäre dies nicht, warum wüchsen dann nicht in den warmen Quellen von Europa die Pistia Stratiotes, der Saururus, und
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[204/0214]
schlage Wärme und gasförmige Stoffe entbunden
werden muſsten, und wahr ist es, daſs hier-
durch der erste Niederschlag zur Ursache aller
folgenden wurde. Aber zweifelhaft ist es, ob
jene entbundene Wärme eine bedeutende Erhö-
hung der Temperatur bewirken konnte, und un-
richtig ist die Folgerung, daſs auf diese Art in
den Polarländern ein Palmenclima hätte entste-
hen können. Denn entwickelten sich bey je-
dem Niederschlage zugleich Dämpfe und luft-
förmige Stoffe, so muſste die Wärme, die bey
jener Präcipitation entwickelt war, bey der Bil-
dung der letztern wieder gebunden werden, und
so konnte diese zur Erhöhung der Temperatur
des Wassers und der Athmosphäre nicht viel
beytragen. Aber gesetzt diese wäre auch be-
trächtlich dadurch erhöhet worden, so hätte doch
nimmer auf diese Weise in den Polargegenden
ein Palmenclima entstehen können. Es ist ja
nicht blos der hohe Grad von Wärme, es ist
auch der senkrechte Fall der Sonnenstrahlen,
die beständige Gleichheit der Tage und Nächte,
die Regelmäſsigkeit aller meteorologischen Verän-
derungen, kurz es sind noch eine Menge ande-
rer, von der Temperatur unabhängiger Einflüs-
se, wovon die Pflanzen und Thiere der Tropen-
länder abhängen. Wäre dies nicht, warum
wüchsen dann nicht in den warmen Quellen von
Europa die Pistia Stratiotes, der Saururus, und
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/214>, abgerufen am 24.11.2024.
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