Von den bisherigen Sätzen giebt es nun frey- lich Ausnahmen. Aber alle diese sind nur schein- bar. Immer finden Umstände dabey statt, wodurch das obige Gesetz nicht einmal eingeschränkt, ge- schweige denn widerlegt wird.
Eine solche scheinbare Ausnahme macht das Meer. Die Gewässer der Eiszone sind eben so reich, wo nicht reicher an Thieren, als das feste Land zwischen den Wendezirkeln. In Kamschatka ziehen zu gewissen Jahreszeiten so grosse Heere von Fischen aus dem Meere in die Flüsse, dass diese oft dadurch zugedämmt, und aus ihren Ufern getrieben werden. Die grosse Menge, welche nach dem Fallen des Wassers auf dem Lande zurück- bleibt, verursacht einen Gestank, der eine Pest nach sich ziehen könnte, wenn nicht Bären und Fuchse die Menge der faulenden Körper verminder- ten, und heftige Winde die Luft wieder reinig- ten (v). In dem Eismeere finden sich animalische Formen, wogegen die grössten Landthiere nur als Zwerge erscheinen, wie die Wallfische beweisen, und vegetabilische Gebilde, wogegen die höchsten Bäume nur Sträucher sind, wie an dem Fucus gi- ganteus erhellet (w).
Aber 1) der grosse Reichthum, den die Eiszone in gewissen Jahreszeiten an Thieren aufzuweisen
hat,
(v)Steller's Beschr. von Kamschatka. S. 40. 141.
(w) M. s. das 3te Kap. des 2ten Absch. dieses Buchs.
Von den bisherigen Sätzen giebt es nun frey- lich Ausnahmen. Aber alle diese sind nur schein- bar. Immer finden Umstände dabey statt, wodurch das obige Gesetz nicht einmal eingeschränkt, ge- schweige denn widerlegt wird.
Eine solche scheinbare Ausnahme macht das Meer. Die Gewässer der Eiszone sind eben so reich, wo nicht reicher an Thieren, als das feste Land zwischen den Wendezirkeln. In Kamschatka ziehen zu gewissen Jahreszeiten so groſse Heere von Fischen aus dem Meere in die Flüsse, daſs diese oft dadurch zugedämmt, und aus ihren Ufern getrieben werden. Die groſse Menge, welche nach dem Fallen des Wassers auf dem Lande zurück- bleibt, verursacht einen Gestank, der eine Pest nach sich ziehen könnte, wenn nicht Bären und Fuchse die Menge der faulenden Körper verminder- ten, und heftige Winde die Luft wieder reinig- ten (v). In dem Eismeere finden sich animalische Formen, wogegen die gröſsten Landthiere nur als Zwerge erscheinen, wie die Wallfische beweisen, und vegetabilische Gebilde, wogegen die höchsten Bäume nur Sträucher sind, wie an dem Fucus gi- ganteus erhellet (w).
Aber 1) der groſse Reichthum, den die Eiszone in gewissen Jahreszeiten an Thieren aufzuweisen
hat,
(v)Steller’s Beschr. von Kamschatka. S. 40. 141.
(w) M. s. das 3te Kap. des 2ten Absch. dieses Buchs.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><pbfacs="#f0424"n="414"/><p>Von den bisherigen Sätzen giebt es nun frey-<lb/>
lich Ausnahmen. Aber alle diese sind nur schein-<lb/>
bar. Immer finden Umstände dabey statt, wodurch<lb/>
das obige Gesetz nicht einmal eingeschränkt, ge-<lb/>
schweige denn widerlegt wird.</p><lb/><p>Eine solche scheinbare Ausnahme macht das<lb/>
Meer. Die Gewässer der Eiszone sind eben so<lb/>
reich, wo nicht reicher an Thieren, als das feste<lb/>
Land zwischen den Wendezirkeln. In Kamschatka<lb/>
ziehen zu gewissen Jahreszeiten so groſse Heere<lb/>
von Fischen aus dem Meere in die Flüsse, daſs<lb/>
diese oft dadurch zugedämmt, und aus ihren Ufern<lb/>
getrieben werden. Die groſse Menge, welche nach<lb/>
dem Fallen des Wassers auf dem Lande zurück-<lb/>
bleibt, verursacht einen Gestank, der eine Pest<lb/>
nach sich ziehen könnte, wenn nicht Bären und<lb/>
Fuchse die Menge der faulenden Körper verminder-<lb/>
ten, und heftige Winde die Luft wieder reinig-<lb/>
ten <noteplace="foot"n="(v)"><hirendition="#k">Steller</hi>’s Beschr. von Kamschatka. S. 40. 141.</note>. In dem Eismeere finden sich animalische<lb/>
Formen, wogegen die gröſsten Landthiere nur als<lb/>
Zwerge erscheinen, wie die Wallfische beweisen,<lb/>
und vegetabilische Gebilde, wogegen die höchsten<lb/>
Bäume nur Sträucher sind, wie an dem Fucus gi-<lb/>
ganteus erhellet <noteplace="foot"n="(w)">M. s. das 3te Kap. des 2ten Absch. dieses Buchs.</note>.</p><lb/><p>Aber 1) der groſse Reichthum, den die Eiszone<lb/>
in gewissen Jahreszeiten an Thieren aufzuweisen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">hat,</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[414/0424]
Von den bisherigen Sätzen giebt es nun frey-
lich Ausnahmen. Aber alle diese sind nur schein-
bar. Immer finden Umstände dabey statt, wodurch
das obige Gesetz nicht einmal eingeschränkt, ge-
schweige denn widerlegt wird.
Eine solche scheinbare Ausnahme macht das
Meer. Die Gewässer der Eiszone sind eben so
reich, wo nicht reicher an Thieren, als das feste
Land zwischen den Wendezirkeln. In Kamschatka
ziehen zu gewissen Jahreszeiten so groſse Heere
von Fischen aus dem Meere in die Flüsse, daſs
diese oft dadurch zugedämmt, und aus ihren Ufern
getrieben werden. Die groſse Menge, welche nach
dem Fallen des Wassers auf dem Lande zurück-
bleibt, verursacht einen Gestank, der eine Pest
nach sich ziehen könnte, wenn nicht Bären und
Fuchse die Menge der faulenden Körper verminder-
ten, und heftige Winde die Luft wieder reinig-
ten (v). In dem Eismeere finden sich animalische
Formen, wogegen die gröſsten Landthiere nur als
Zwerge erscheinen, wie die Wallfische beweisen,
und vegetabilische Gebilde, wogegen die höchsten
Bäume nur Sträucher sind, wie an dem Fucus gi-
ganteus erhellet (w).
Aber 1) der groſse Reichthum, den die Eiszone
in gewissen Jahreszeiten an Thieren aufzuweisen
hat,
(v) Steller’s Beschr. von Kamschatka. S. 40. 141.
(w) M. s. das 3te Kap. des 2ten Absch. dieses Buchs.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/424>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.