verwandten Würmer, und die an den Schimmel so nahe gränzenden Tremellen, Schwämme, Flech- ten u. s. w. immer nur durch andere ihnen ähnliche Organismen erzeugt, oder entstehen nicht auch diese blos unter der Einwirkung von Kräften der leblosen Natur aus formloser lebender Materie? Wir glauben mehrere Gründe zu haben, die letz- tere Frage zu bejahen. Ehe wir unsere Beweise dafür aber beybringen, müssen wir vorher bemer- ken, dass es unrichtig sey zu schliessen: dieser oder jener lebende Körper bringt Saamen, Eyer oder lebende Junge hervor; folglich muss er selber auf die nehmliche Art erzeugt seyn. Weder Gründe der Theorie noch der Erfahrung rechtfertigen die- sen Schluss, und doch drehen sich um ihn fast alle Einwürfe, welche gegen die Entstehung von Thie- ren und Pflanzen ohne Mitwirkung ähnlicher Orga- nismen vorgebracht sind.
Um bey den Pflanzenthieren mit unsern Be- weisen anzufangen, so gränzen alle Tremellen, Conferven, Schwämme und Flechten so nahe an den Schimmel, dass schon diese Verwandschaft uns einigermaassen berechtigt, auch bey ihnen eine Er- zeugung aus aufgelösten animalischen und vegeta- bilischen Substanzen anzunehmen. Aber es giebt auch bey jenen Organismen Phänomene, die sich mit der Entstehung derselben aus Saamen durch- aus nicht vereinigen lassen.
Gle-
verwandten Würmer, und die an den Schimmel so nahe gränzenden Tremellen, Schwämme, Flech- ten u. s. w. immer nur durch andere ihnen ähnliche Organismen erzeugt, oder entstehen nicht auch diese blos unter der Einwirkung von Kräften der leblosen Natur aus formloser lebender Materie? Wir glauben mehrere Gründe zu haben, die letz- tere Frage zu bejahen. Ehe wir unsere Beweise dafür aber beybringen, müssen wir vorher bemer- ken, daſs es unrichtig sey zu schliessen: dieser oder jener lebende Körper bringt Saamen, Eyer oder lebende Junge hervor; folglich muſs er selber auf die nehmliche Art erzeugt seyn. Weder Gründe der Theorie noch der Erfahrung rechtfertigen die- sen Schluſs, und doch drehen sich um ihn fast alle Einwürfe, welche gegen die Entstehung von Thie- ren und Pflanzen ohne Mitwirkung ähnlicher Orga- nismen vorgebracht sind.
Um bey den Pflanzenthieren mit unsern Be- weisen anzufangen, so gränzen alle Tremellen, Conferven, Schwämme und Flechten so nahe an den Schimmel, daſs schon diese Verwandschaft uns einigermaaſsen berechtigt, auch bey ihnen eine Er- zeugung aus aufgelösten animalischen und vegeta- bilischen Substanzen anzunehmen. Aber es giebt auch bey jenen Organismen Phänomene, die sich mit der Entstehung derselben aus Saamen durch- aus nicht vereinigen lassen.
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verwandten Würmer, und die an den Schimmel
so nahe gränzenden Tremellen, Schwämme, Flech-
ten u. s. w. immer nur durch andere ihnen ähnliche
Organismen erzeugt, oder entstehen nicht auch
diese blos unter der Einwirkung von Kräften der
leblosen Natur aus formloser lebender Materie?
Wir glauben mehrere Gründe zu haben, die letz-
tere Frage zu bejahen. Ehe wir unsere Beweise
dafür aber beybringen, müssen wir vorher bemer-
ken, daſs es unrichtig sey zu schliessen: dieser oder
jener lebende Körper bringt Saamen, Eyer oder
lebende Junge hervor; folglich muſs er selber auf
die nehmliche Art erzeugt seyn. Weder Gründe
der Theorie noch der Erfahrung rechtfertigen die-
sen Schluſs, und doch drehen sich um ihn fast alle
Einwürfe, welche gegen die Entstehung von Thie-
ren und Pflanzen ohne Mitwirkung ähnlicher Orga-
nismen vorgebracht sind.
Um bey den Pflanzenthieren mit unsern Be-
weisen anzufangen, so gränzen alle Tremellen,
Conferven, Schwämme und Flechten so nahe an
den Schimmel, daſs schon diese Verwandschaft uns
einigermaaſsen berechtigt, auch bey ihnen eine Er-
zeugung aus aufgelösten animalischen und vegeta-
bilischen Substanzen anzunehmen. Aber es giebt
auch bey jenen Organismen Phänomene, die sich
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/364>, abgerufen am 24.11.2024.
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