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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803.

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2) Was geschieht bey der Weingährung? Die
schleimicht-zuckerartige Materie des Pflanzen-
reichs, welche allein derselben fähig ist, ver-
liehrt einen Theil ihres Sauer- und Kohlenstoffs
als kohlensaures Gas, und das Verhältniss des
Wasserstoffs zu diesen beyden Bestandtheilen
wird hierdurch vergrössert. Lässt sich nun
eben diese Veränderung dadurch hervorbringen,
dass man, statt den vegetabilischen Substanzen
Oxygene und Kohlenstoff zu entziehen, diesel-
ben mit Wasserstoff schwängert, indem man
sie unter einer Glocke voll Wasserstoffgas ver-
schliesst, und bildet sich auch hierbey Schim-
mel, so kann unmöglich diese Substanz aus
präexistirenden Saamenkörnern entstehen. In
wie fern diese Vermuthung mit der Erfahrung
übereinstimmet, erhellet aus folgendem Ver-
suche.

Sechster Versuch. Um den Einfluss des
Wasserstoffgas auf das Keimen der Saamenkörner
zu erforschen, füllte ich im October zwey cylin-
drische, einen halben Fuss im Durchmesser halten-
de und einen Fuss hohe Gläser mit jener Luftart,
welche durch die Zersetzung von Wasserdämpfen
beym Durchgange durch einen glühenden Flinten-
lauf bereitet war, und brachte unter dieselben auf
das Sperrwasser Stücke Flanell, die mit Kressen-
körnern besäet waren. Der Erfolg war, dass kei-

nes

2) Was geschieht bey der Weingährung? Die
schleimicht-zuckerartige Materie des Pflanzen-
reichs, welche allein derselben fähig ist, ver-
liehrt einen Theil ihres Sauer- und Kohlenstoffs
als kohlensaures Gas, und das Verhältniſs des
Wasserstoffs zu diesen beyden Bestandtheilen
wird hierdurch vergröſsert. Läſst sich nun
eben diese Veränderung dadurch hervorbringen,
daſs man, statt den vegetabilischen Substanzen
Oxygene und Kohlenstoff zu entziehen, diesel-
ben mit Wasserstoff schwängert, indem man
sie unter einer Glocke voll Wasserstoffgas ver-
schlieſst, und bildet sich auch hierbey Schim-
mel, so kann unmöglich diese Substanz aus
präexistirenden Saamenkörnern entstehen. In
wie fern diese Vermuthung mit der Erfahrung
übereinstimmet, erhellet aus folgendem Ver-
suche.

Sechster Versuch. Um den Einfluſs des
Wasserstoffgas auf das Keimen der Saamenkörner
zu erforschen, füllte ich im October zwey cylin-
drische, einen halben Fuſs im Durchmesser halten-
de und einen Fuſs hohe Gläser mit jener Luftart,
welche durch die Zersetzung von Wasserdämpfen
beym Durchgange durch einen glühenden Flinten-
lauf bereitet war, und brachte unter dieselben auf
das Sperrwasser Stücke Flanell, die mit Kressen-
körnern besäet waren. Der Erfolg war, daſs kei-

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[330/0340] 2) Was geschieht bey der Weingährung? Die schleimicht-zuckerartige Materie des Pflanzen- reichs, welche allein derselben fähig ist, ver- liehrt einen Theil ihres Sauer- und Kohlenstoffs als kohlensaures Gas, und das Verhältniſs des Wasserstoffs zu diesen beyden Bestandtheilen wird hierdurch vergröſsert. Läſst sich nun eben diese Veränderung dadurch hervorbringen, daſs man, statt den vegetabilischen Substanzen Oxygene und Kohlenstoff zu entziehen, diesel- ben mit Wasserstoff schwängert, indem man sie unter einer Glocke voll Wasserstoffgas ver- schlieſst, und bildet sich auch hierbey Schim- mel, so kann unmöglich diese Substanz aus präexistirenden Saamenkörnern entstehen. In wie fern diese Vermuthung mit der Erfahrung übereinstimmet, erhellet aus folgendem Ver- suche. Sechster Versuch. Um den Einfluſs des Wasserstoffgas auf das Keimen der Saamenkörner zu erforschen, füllte ich im October zwey cylin- drische, einen halben Fuſs im Durchmesser halten- de und einen Fuſs hohe Gläser mit jener Luftart, welche durch die Zersetzung von Wasserdämpfen beym Durchgange durch einen glühenden Flinten- lauf bereitet war, und brachte unter dieselben auf das Sperrwasser Stücke Flanell, die mit Kressen- körnern besäet waren. Der Erfolg war, daſs kei- nes

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/340>, abgerufen am 25.11.2024.