Hypothese von dem Entstehen dieser Thiere aus Eyern unvereinbar zu seyn scheinen:
1) Von den vegetabilischen Substanzen der Auf- güsse lösten sich zarte Flocken ab, die unter dem Vergrösserungsglase als Aggregate sehr kleiner Molekülen erschienen. Nur an diesen Flocken fanden sich Infusionsthiere, und zwar desto mehr, je deutlicher jene Molekülen wa- ren. Brachte ich hingegen ein noch unaufge- löstes Stück der Irisblätter, oder einen Tropfen, worin keine Flocken waren, unter das Micro- scop, so zeigten sich wenige oder gar keine Thiere.
2) Aber auch in Tropfen mit flockichter Materie war am 12ten und 13ten Tage anfangs keine, oder doch wenig Bewegung zu spühren. Nur allmählig kamen die Thiere zum Vorscheine, und so wie sich dieselben mehrten, sahe ich auch einen Theil jener Materie immer beweg- licher werden, und zuletzt sich in einen Hau- fen von Thieren verwandeln, der sich von der übrigen Materie trennte, und abgesondert von derselben bewegte. Späterhin, als die Fäul- niss in den Aufgüssen schon weitere Fortschrit- te gemacht hatte, fand dieses allmählige Er- scheinen der Thiere zwar noch statt, doch mit dem Unterschiede, dass jeder unter das Ver- grösserungsglas gebrachte Tropfen mit flockich-
ter
Bd. II. X
Hypothese von dem Entstehen dieser Thiere aus Eyern unvereinbar zu seyn scheinen:
1) Von den vegetabilischen Substanzen der Auf- güsse lösten sich zarte Flocken ab, die unter dem Vergröſserungsglase als Aggregate sehr kleiner Molekülen erschienen. Nur an diesen Flocken fanden sich Infusionsthiere, und zwar desto mehr, je deutlicher jene Molekülen wa- ren. Brachte ich hingegen ein noch unaufge- löstes Stück der Irisblätter, oder einen Tropfen, worin keine Flocken waren, unter das Micro- scop, so zeigten sich wenige oder gar keine Thiere.
2) Aber auch in Tropfen mit flockichter Materie war am 12ten und 13ten Tage anfangs keine, oder doch wenig Bewegung zu spühren. Nur allmählig kamen die Thiere zum Vorscheine, und so wie sich dieselben mehrten, sahe ich auch einen Theil jener Materie immer beweg- licher werden, und zuletzt sich in einen Hau- fen von Thieren verwandeln, der sich von der übrigen Materie trennte, und abgesondert von derselben bewegte. Späterhin, als die Fäul- niſs in den Aufgüssen schon weitere Fortschrit- te gemacht hatte, fand dieses allmählige Er- scheinen der Thiere zwar noch statt, doch mit dem Unterschiede, daſs jeder unter das Ver- gröſserungsglas gebrachte Tropfen mit flockich-
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Bd. II. X
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Hypothese von dem Entstehen dieser Thiere aus
Eyern unvereinbar zu seyn scheinen:
1) Von den vegetabilischen Substanzen der Auf-
güsse lösten sich zarte Flocken ab, die unter
dem Vergröſserungsglase als Aggregate sehr
kleiner Molekülen erschienen. Nur an diesen
Flocken fanden sich Infusionsthiere, und zwar
desto mehr, je deutlicher jene Molekülen wa-
ren. Brachte ich hingegen ein noch unaufge-
löstes Stück der Irisblätter, oder einen Tropfen,
worin keine Flocken waren, unter das Micro-
scop, so zeigten sich wenige oder gar keine
Thiere.
2) Aber auch in Tropfen mit flockichter Materie
war am 12ten und 13ten Tage anfangs keine,
oder doch wenig Bewegung zu spühren. Nur
allmählig kamen die Thiere zum Vorscheine,
und so wie sich dieselben mehrten, sahe ich
auch einen Theil jener Materie immer beweg-
licher werden, und zuletzt sich in einen Hau-
fen von Thieren verwandeln, der sich von der
übrigen Materie trennte, und abgesondert von
derselben bewegte. Späterhin, als die Fäul-
niſs in den Aufgüssen schon weitere Fortschrit-
te gemacht hatte, fand dieses allmählige Er-
scheinen der Thiere zwar noch statt, doch mit
dem Unterschiede, daſs jeder unter das Ver-
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/331>, abgerufen am 26.11.2024.
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