viele verschiedene Stufen dieser Näherung denkbar sind, so mannichfaltig ist auch der Grad des Le- bens. Die niedrigste Stufe (vita minima) macht den Uebergang zur leblosen Natur.
Wären aber alle lebende Organismen nur nach dem Grade ihres Lebens unterschieden, so würde auch in ihren Einwirkungen auf die Aussenwelt kei- ne andere Verschiedenheit, als in dem Mehr oder Weniger statt finden. Allein die Erhaltung der gan- zen Natur macht es, wie vorhin gezeigt ist, noth- wendig, dass die Einwirkungen eines Theils jener Organismen auf die Aussenwelt die entgegengesetz- ten von denen sind, die ein anderer äussert. Es muss also eine Mannichfaltigkeit des Lebens nicht nur der Quantität, sondern auch der Modalität nach vorhanden seyn, oder es muss verschiedene einander entgegengesetzte Formen des Lebens geben.
Diese Formen sind nicht anders denkbar, als unter der Voraussetzung, dass die verschiedenen Classen und Ordnungen von lebenden Körpern eine nicht blos dem Grade, sondern auch der Moda- lität nach verschiedene Receptivität für die Einwir- kungen der Aussenwelt haben, und diesen Einwir- kungen eben so verschiedene Reaktionen entgegen- setzen. Die Verschiedenheit jener Receptivität und dieses Reaktionsvermögens kann aber nur in der Verschiedenheit der Organisation ihren Grund ha-
ben.
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viele verschiedene Stufen dieser Näherung denkbar sind, so mannichfaltig ist auch der Grad des Le- bens. Die niedrigste Stufe (vita minima) macht den Uebergang zur leblosen Natur.
Wären aber alle lebende Organismen nur nach dem Grade ihres Lebens unterschieden, so würde auch in ihren Einwirkungen auf die Aussenwelt kei- ne andere Verschiedenheit, als in dem Mehr oder Weniger statt finden. Allein die Erhaltung der gan- zen Natur macht es, wie vorhin gezeigt ist, noth- wendig, daſs die Einwirkungen eines Theils jener Organismen auf die Aussenwelt die entgegengesetz- ten von denen sind, die ein anderer äussert. Es muſs also eine Mannichfaltigkeit des Lebens nicht nur der Quantität, sondern auch der Modalität nach vorhanden seyn, oder es muſs verschiedene einander entgegengesetzte Formen des Lebens geben.
Diese Formen sind nicht anders denkbar, als unter der Voraussetzung, daſs die verschiedenen Classen und Ordnungen von lebenden Körpern eine nicht blos dem Grade, sondern auch der Moda- lität nach verschiedene Receptivität für die Einwir- kungen der Aussenwelt haben, und diesen Einwir- kungen eben so verschiedene Reaktionen entgegen- setzen. Die Verschiedenheit jener Receptivität und dieses Reaktionsvermögens kann aber nur in der Verschiedenheit der Organisation ihren Grund ha-
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viele verschiedene Stufen dieser Näherung denkbar
sind, so mannichfaltig ist auch der Grad des Le-
bens. Die niedrigste Stufe (vita minima) macht
den Uebergang zur leblosen Natur.
Wären aber alle lebende Organismen nur nach
dem Grade ihres Lebens unterschieden, so würde
auch in ihren Einwirkungen auf die Aussenwelt kei-
ne andere Verschiedenheit, als in dem Mehr oder
Weniger statt finden. Allein die Erhaltung der gan-
zen Natur macht es, wie vorhin gezeigt ist, noth-
wendig, daſs die Einwirkungen eines Theils jener
Organismen auf die Aussenwelt die entgegengesetz-
ten von denen sind, die ein anderer äussert. Es
muſs also eine Mannichfaltigkeit des Lebens nicht
nur der Quantität, sondern auch der Modalität
nach vorhanden seyn, oder es muſs verschiedene
einander entgegengesetzte Formen des Lebens
geben.
Diese Formen sind nicht anders denkbar, als
unter der Voraussetzung, daſs die verschiedenen
Classen und Ordnungen von lebenden Körpern eine
nicht blos dem Grade, sondern auch der Moda-
lität nach verschiedene Receptivität für die Einwir-
kungen der Aussenwelt haben, und diesen Einwir-
kungen eben so verschiedene Reaktionen entgegen-
setzen. Die Verschiedenheit jener Receptivität und
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/89>, abgerufen am 04.12.2024.
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