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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802.

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Regel zufolge, nicht mehr Ursachen natürlicher Er-
eignisse anzunehmen, als zur Erklärung der letztern
hinreichend sind, überflüssig gemacht. Widersteht
nemlich jede Materie dem Eindringen der übrigen in
ihren Raum vermöge ihrer repulsiven Kraft, so
werden dieser durch die repulsiven Kräfte jener
übrigen Materien eben so gut Schranken gesetzt,
als sie durch eine eigene attraktive Kraft begränzt
werden würde, und umgekehrt wirkt die repulsive
Kraft jeder einzelnen Materie wieder als beschrän-
kend auf die repulsiven Kräfte aller übrigen. Un-
richtig ist es also, wenn Kant (l) behauptet: "Die
"attraktiven Kräfte könnten nicht ursprünglich
"wieder in der Entgegenstrebung einer andern Ma-
"terie gesucht werden; denn diese bedürfte, damit
"sie Materie sey, selbst einer zusammendrückenden
"Kraft" (m).

Wenn die einzelnen Theile der Materie sich
bis ins Unendliche zu nähern streben, so können
diesem Bestreben eben so wohl durch eine Anzie-
hung von Aussen, als durch eine Zurückstossung
von Innen Gränzen gesetzt werden. Besässen also

alle
(l) A. a. O. S. 54.
(m) Die nehmliche Erinnerung gegen Kant hat auch
schon Schelver (Elementarlehre der organischen Na-
tur. Th. 1. S. 21 ff.) gemacht, ohne indess die Fol-
gerungen daraus zu ziehen, welche sich aus dersel-
ben herleiten lassen.

Regel zufolge, nicht mehr Ursachen natürlicher Er-
eignisse anzunehmen, als zur Erklärung der letztern
hinreichend sind, überflüssig gemacht. Widersteht
nemlich jede Materie dem Eindringen der übrigen in
ihren Raum vermöge ihrer repulsiven Kraft, so
werden dieser durch die repulsiven Kräfte jener
übrigen Materien eben so gut Schranken gesetzt,
als sie durch eine eigene attraktive Kraft begränzt
werden würde, und umgekehrt wirkt die repulsive
Kraft jeder einzelnen Materie wieder als beschrän-
kend auf die repulsiven Kräfte aller übrigen. Un-
richtig ist es also, wenn Kant (l) behauptet: “Die
„attraktiven Kräfte könnten nicht ursprünglich
„wieder in der Entgegenstrebung einer andern Ma-
„terie gesucht werden; denn diese bedürfte, damit
„sie Materie sey, selbst einer zusammendrückenden
„Kraft” (m).

Wenn die einzelnen Theile der Materie sich
bis ins Unendliche zu nähern streben, so können
diesem Bestreben eben so wohl durch eine Anzie-
hung von Aussen, als durch eine Zurückstoſsung
von Innen Gränzen gesetzt werden. Besäſsen also

alle
(l) A. a. O. S. 54.
(m) Die nehmliche Erinnerung gegen Kant hat auch
schon Schelver (Elementarlehre der organischen Na-
tur. Th. 1. S. 21 ff.) gemacht, ohne indeſs die Fol-
gerungen daraus zu ziehen, welche sich aus dersel-
ben herleiten lassen.
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[27/0047] Regel zufolge, nicht mehr Ursachen natürlicher Er- eignisse anzunehmen, als zur Erklärung der letztern hinreichend sind, überflüssig gemacht. Widersteht nemlich jede Materie dem Eindringen der übrigen in ihren Raum vermöge ihrer repulsiven Kraft, so werden dieser durch die repulsiven Kräfte jener übrigen Materien eben so gut Schranken gesetzt, als sie durch eine eigene attraktive Kraft begränzt werden würde, und umgekehrt wirkt die repulsive Kraft jeder einzelnen Materie wieder als beschrän- kend auf die repulsiven Kräfte aller übrigen. Un- richtig ist es also, wenn Kant (l) behauptet: “Die „attraktiven Kräfte könnten nicht ursprünglich „wieder in der Entgegenstrebung einer andern Ma- „terie gesucht werden; denn diese bedürfte, damit „sie Materie sey, selbst einer zusammendrückenden „Kraft” (m). Wenn die einzelnen Theile der Materie sich bis ins Unendliche zu nähern streben, so können diesem Bestreben eben so wohl durch eine Anzie- hung von Aussen, als durch eine Zurückstoſsung von Innen Gränzen gesetzt werden. Besäſsen also alle (l) A. a. O. S. 54. (m) Die nehmliche Erinnerung gegen Kant hat auch schon Schelver (Elementarlehre der organischen Na- tur. Th. 1. S. 21 ff.) gemacht, ohne indeſs die Fol- gerungen daraus zu ziehen, welche sich aus dersel- ben herleiten lassen.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/47>, abgerufen am 23.11.2024.