sie zuerst machte, und dem, der sie wiederhohlet, also etwas voraus, das sich weder durch geistige Cultur, noch durch Uebung erwerben lässt. -- Eben dieses Erforderniss aber macht es unmöglich, über die Tauglichkeit eines Menschen zur Ausübung der Heilkunde, und über die Grösse eines Arztes zu urtheilen. Aus der Menge der Kranken, die unter der Behandlung des letztern genesen, lässt sich die Grösse desselben nicht schätzen: denn jene ist ab- hängig vom Zufalle. Aus dem Grade seiner geisti- gen Cultur gilt eben so wenig ein Schluss auf seine Talente als Heilkünstler, da diese Folgen der Orga- nisation sind, und mit jener nichts gemein haben. Blos er selbst könnte über seine Talente ein Ur- theil fällen; aber wer schmeichelt sich nicht, der begünstigte Liebling der Natur zu seyn!
Aus dem Subjektiven der medicinischen Erfah- rungen lässt sich ferner der grosse Werth erklären, den die empirischen Aerzte auf ihr sogenanntes praktisches Gefühl setzen. Dogmatiker ha- ben diesen Ausdruck als nichtssagend darzustellen gesucht. Aber versteht man darunter eine ange- bohrne, durch Uebung vermehrte Fertigkeit in der Auffindung und Anwendung subjektiver Erfahrun- gen, so erhält er eine sehr reelle Bedeutung, und so erscheint er allerdings als ein nothwendiges Er- forderniss zu einem geschickten empirischen Arzte.
Aus den obigen Sätzen erhellet endlich, in wel- chen Theilen der Heilkunde objektive Erfahrung
mög-
sie zuerst machte, und dem, der sie wiederhohlet, also etwas voraus, das sich weder durch geistige Cultur, noch durch Uebung erwerben läſst. — Eben dieses Erforderniſs aber macht es unmöglich, über die Tauglichkeit eines Menschen zur Ausübung der Heilkunde, und über die Gröſse eines Arztes zu urtheilen. Aus der Menge der Kranken, die unter der Behandlung des letztern genesen, läſst sich die Gröſse desselben nicht schätzen: denn jene ist ab- hängig vom Zufalle. Aus dem Grade seiner geisti- gen Cultur gilt eben so wenig ein Schluſs auf seine Talente als Heilkünstler, da diese Folgen der Orga- nisation sind, und mit jener nichts gemein haben. Blos er selbst könnte über seine Talente ein Ur- theil fällen; aber wer schmeichelt sich nicht, der begünstigte Liebling der Natur zu seyn!
Aus dem Subjektiven der medicinischen Erfah- rungen läſst sich ferner der groſse Werth erklären, den die empirischen Aerzte auf ihr sogenanntes praktisches Gefühl setzen. Dogmatiker ha- ben diesen Ausdruck als nichtssagend darzustellen gesucht. Aber versteht man darunter eine ange- bohrne, durch Uebung vermehrte Fertigkeit in der Auffindung und Anwendung subjektiver Erfahrun- gen, so erhält er eine sehr reelle Bedeutung, und so erscheint er allerdings als ein nothwendiges Er- forderniſs zu einem geschickten empirischen Arzte.
Aus den obigen Sätzen erhellet endlich, in wel- chen Theilen der Heilkunde objektive Erfahrung
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sie zuerst machte, und dem, der sie wiederhohlet,
also etwas voraus, das sich weder durch geistige
Cultur, noch durch Uebung erwerben läſst. — Eben
dieses Erforderniſs aber macht es unmöglich, über
die Tauglichkeit eines Menschen zur Ausübung der
Heilkunde, und über die Gröſse eines Arztes zu
urtheilen. Aus der Menge der Kranken, die unter
der Behandlung des letztern genesen, läſst sich die
Gröſse desselben nicht schätzen: denn jene ist ab-
hängig vom Zufalle. Aus dem Grade seiner geisti-
gen Cultur gilt eben so wenig ein Schluſs auf seine
Talente als Heilkünstler, da diese Folgen der Orga-
nisation sind, und mit jener nichts gemein haben.
Blos er selbst könnte über seine Talente ein Ur-
theil fällen; aber wer schmeichelt sich nicht, der
begünstigte Liebling der Natur zu seyn!
Aus dem Subjektiven der medicinischen Erfah-
rungen läſst sich ferner der groſse Werth erklären,
den die empirischen Aerzte auf ihr sogenanntes
praktisches Gefühl setzen. Dogmatiker ha-
ben diesen Ausdruck als nichtssagend darzustellen
gesucht. Aber versteht man darunter eine ange-
bohrne, durch Uebung vermehrte Fertigkeit in der
Auffindung und Anwendung subjektiver Erfahrun-
gen, so erhält er eine sehr reelle Bedeutung, und
so erscheint er allerdings als ein nothwendiges Er-
forderniſs zu einem geschickten empirischen Arzte.
Aus den obigen Sätzen erhellet endlich, in wel-
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/150>, abgerufen am 05.12.2024.
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