3) Von Mangel an assimilationsfähiger Materie. Ohne einen hinlänglichen Vorrath von dieser findet bey einer mittlern Summe von äussern Einwirkungen eben so wohl, als bey einem Mangel, oder Uebermaass der letztern Krank- heit statt.
Dagegen lässt sich nicht blosses Uebermaass an assimilationsfähiger Materie ohne Uebermaass an Reitzungen als eine Krankheitsursache betrachten, indem jeder Assimilation, wie vorhin bemerkt ist, Reitzungen vorhergehen müssen. Jene drey Krank- heitsursachen würden sich übrigens auf zwey zu- rückführen lassen, wenn die Erfahrung zeigte, dass jede assimilationsfähige Materie das Reaktions- vermögen des lebenden Organismus zur Thätigkeit erweckt.
Ausser dieser Classe von Krankheitsursachen giebt es aber noch eine dritte. Verschiedene For- men des Lebens nehmlich sind nur dann möglich, wenn es ausser den eigentlichen Reitzen noch an- dere Potenzen giebt, die unmittelbar und ohne durch die Lebenskraft vorher gebrochen zu seyn, auf den lebenden Organismus einwirken, und wenn diese Potenzen verschieden sind bey verschiedenen Organismen. Die Einwirkung solcher Potenzen auf den lebenden Körper aber kann blos in Decompo- sitionen seiner Materie bestehen, und diese können dreyerley Veränderungen nach sich ziehen: Exal-
tation
3) Von Mangel an assimilationsfähiger Materie. Ohne einen hinlänglichen Vorrath von dieser findet bey einer mittlern Summe von äussern Einwirkungen eben so wohl, als bey einem Mangel, oder Uebermaaſs der letztern Krank- heit statt.
Dagegen läſst sich nicht bloſses Uebermaaſs an assimilationsfähiger Materie ohne Uebermaaſs an Reitzungen als eine Krankheitsursache betrachten, indem jeder Assimilation, wie vorhin bemerkt ist, Reitzungen vorhergehen müssen. Jene drey Krank- heitsursachen würden sich übrigens auf zwey zu- rückführen lassen, wenn die Erfahrung zeigte, daſs jede assimilationsfähige Materie das Reaktions- vermögen des lebenden Organismus zur Thätigkeit erweckt.
Ausser dieser Classe von Krankheitsursachen giebt es aber noch eine dritte. Verschiedene For- men des Lebens nehmlich sind nur dann möglich, wenn es ausser den eigentlichen Reitzen noch an- dere Potenzen giebt, die unmittelbar und ohne durch die Lebenskraft vorher gebrochen zu seyn, auf den lebenden Organismus einwirken, und wenn diese Potenzen verschieden sind bey verschiedenen Organismen. Die Einwirkung solcher Potenzen auf den lebenden Körper aber kann blos in Decompo- sitionen seiner Materie bestehen, und diese können dreyerley Veränderungen nach sich ziehen: Exal-
tation
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0122"n="102"/><list><item>3) Von Mangel an assimilationsfähiger Materie.<lb/>
Ohne einen hinlänglichen Vorrath von dieser<lb/>
findet bey einer mittlern Summe von äussern<lb/>
Einwirkungen eben so wohl, als bey einem<lb/>
Mangel, oder Uebermaaſs der letztern Krank-<lb/>
heit statt.</item></list><lb/><p>Dagegen läſst sich nicht bloſses Uebermaaſs an<lb/>
assimilationsfähiger Materie ohne Uebermaaſs an<lb/>
Reitzungen als eine Krankheitsursache betrachten,<lb/>
indem jeder Assimilation, wie vorhin bemerkt ist,<lb/>
Reitzungen vorhergehen müssen. Jene drey Krank-<lb/>
heitsursachen würden sich übrigens auf zwey zu-<lb/>
rückführen lassen, wenn die Erfahrung zeigte,<lb/>
daſs jede assimilationsfähige Materie das Reaktions-<lb/>
vermögen des lebenden Organismus zur Thätigkeit<lb/>
erweckt.</p><lb/><p>Ausser dieser Classe von Krankheitsursachen<lb/>
giebt es aber noch eine dritte. Verschiedene For-<lb/>
men des Lebens nehmlich sind nur dann möglich,<lb/>
wenn es ausser den eigentlichen Reitzen noch an-<lb/>
dere Potenzen giebt, die unmittelbar und ohne<lb/>
durch die Lebenskraft vorher gebrochen zu seyn,<lb/>
auf den lebenden Organismus einwirken, und wenn<lb/>
diese Potenzen verschieden sind bey verschiedenen<lb/>
Organismen. Die Einwirkung solcher Potenzen auf<lb/>
den lebenden Körper aber kann blos in Decompo-<lb/>
sitionen seiner Materie bestehen, und diese können<lb/>
dreyerley Veränderungen nach sich ziehen: <hirendition="#g">Exal-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#g">tation</hi></fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[102/0122]
3) Von Mangel an assimilationsfähiger Materie.
Ohne einen hinlänglichen Vorrath von dieser
findet bey einer mittlern Summe von äussern
Einwirkungen eben so wohl, als bey einem
Mangel, oder Uebermaaſs der letztern Krank-
heit statt.
Dagegen läſst sich nicht bloſses Uebermaaſs an
assimilationsfähiger Materie ohne Uebermaaſs an
Reitzungen als eine Krankheitsursache betrachten,
indem jeder Assimilation, wie vorhin bemerkt ist,
Reitzungen vorhergehen müssen. Jene drey Krank-
heitsursachen würden sich übrigens auf zwey zu-
rückführen lassen, wenn die Erfahrung zeigte,
daſs jede assimilationsfähige Materie das Reaktions-
vermögen des lebenden Organismus zur Thätigkeit
erweckt.
Ausser dieser Classe von Krankheitsursachen
giebt es aber noch eine dritte. Verschiedene For-
men des Lebens nehmlich sind nur dann möglich,
wenn es ausser den eigentlichen Reitzen noch an-
dere Potenzen giebt, die unmittelbar und ohne
durch die Lebenskraft vorher gebrochen zu seyn,
auf den lebenden Organismus einwirken, und wenn
diese Potenzen verschieden sind bey verschiedenen
Organismen. Die Einwirkung solcher Potenzen auf
den lebenden Körper aber kann blos in Decompo-
sitionen seiner Materie bestehen, und diese können
dreyerley Veränderungen nach sich ziehen: Exal-
tation
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/122>, abgerufen am 11.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.