Treuer, Gottlieb Samuel: Die Unveränderliche Tugend Des weyland Durchlauchtigsten Fürsten und Herren, Herren Anthon Ulrichs, Hertzoges zu Braunschweig und Lüneburg. Helmstedt, [1714].WIe gerne entzöhe sich meine Feder bey der Hochfürstlichen Leiche des weyland Durchlauchtigsten Fürsten und Herren / Herren Anthon Ulrichs / Hertzoges zu Braunschweig und Lüneburg / Meines ehemahls gnädigsten Herren / die unterthänigste Verehrung / so ich diesen Grossen Fürsten auch nach seinen tödtlichen Hintritt schuldig bin / bey einer so allgemeinen Betrübniß öffentlich an den Tag zu legen / wenn nicht das in meiner Seelen so fest eingeprägte Gedächtniß seiner hohen Wolthaten mich beständig erinnerte / es lasse sich ohne eine straffbahre Undanckbahrkeit zu begehen / ohnmöglich schweigen. Es wäre unbillig / die erblaßte Hand nicht in tieffster Demuht zu küssen / die der Höchste im Himmel vor kurtzen gebraucht / mir seine Gnade zu ertheilen. Es wäre unbillig / daß / da meiner Pflicht vergönnt gewesen / die Hoheit seiner unsterblichen Tugenden in seinen glorwürdigsten Leben zu unterschiedenen malen öffentlich vorzustellen / sie deren Bewunderung im Tode unterlassen wollte. Aber das ist es / was ihr am schweresten fält. Sie war gewohnt / die Tugend dieses Herren in vollem Glantze zu sehen / sie belustigte sich an denen heitren Strahlen dieser Sonne, und war niemahls vergnügter als wenn sie von der Schönheit ihres durch gantz Europam brechenden Lichts schreiben sollte: aber da die entsetzliche Macht des Todes alles verdunckelt, und eine düstre Finsterniß uns den Glantz unsrer Sonne benimmet / so fängt Hand und Feder an zu zittern und mein erschrockener Geist siehet mit schmertzhaffter Empfindung / daß dasjenige kommen / woran man bißhero nicht ohne erschütterung gedencken können. Wir stelleten uns zwar das hohe Alter unsres Durchlauchtigsten Landes-Vaters vor / aber weil es für uns eine Güldene Zeit ausmachte / so waren unsre Gedancken selten darauf gerichtet / daß es ein Vorläuffer des herannahenden Todes zu seyn pflege. Die Süßigkeit der Regierung / so wir empfunden / ließ uns wenig daran gedencken / daß das Haupt deßelben sterblichsey / und wir erinnerten uns deßen nicht eher / als wenn die Hand des Todes durch eine plötzliche Ohnmacht an die Seulen unsres Regiment-Himmelsschlug / daß die darauf liegende Last erbeben muste. Wir erwachten gleichsahm alsdenn / als aus einem süßen Schlaffe / wir fiengen an die Macht der Sterblichkeit zu erwegen / die ihr strenges Gesetze auch über die gesalbten Häüpter erstrecket, und erschütterten / wenn wir das gesteckte Ziel WIe gerne entzöhe sich meine Feder bey der Hochfürstlichen Leiche des weyland Durchlauchtigsten Fürsten und Herren / Herren Anthon Ulrichs / Hertzoges zu Braunschweig und Lüneburg / Meines ehemahls gnädigsten Herren / die unterthänigste Verehrung / so ich diesen Grossen Fürsten auch nach seinen tödtlichen Hintritt schuldig bin / bey einer so allgemeinen Betrübniß öffentlich an den Tag zu legen / wenn nicht das in meiner Seelen so fest eingeprägte Gedächtniß seiner hohen Wolthaten mich beständig erinnerte / es lasse sich ohne eine straffbahre Undanckbahrkeit zu begehen / ohnmöglich schweigen. Es wäre unbillig / die erblaßte Hand nicht in tieffster Demuht zu küssen / die der Höchste im Himmel vor kurtzen gebraucht / mir seine Gnade zu ertheilen. Es wäre unbillig / daß / da meiner Pflicht vergönnt gewesen / die Hoheit seiner unsterblichen Tugenden in seinen glorwürdigsten Leben zu unterschiedenen malen öffentlich vorzustellen / sie deren Bewunderung im Tode unterlassen wollte. Aber das ist es / was ihr am schweresten fält. Sie war gewohnt / die Tugend dieses Herren in vollem Glantze zu sehen / sie belustigte sich an denen heitren Strahlen dieser Sonne, und war niemahls vergnügter als wenn sie von der Schönheit ihres durch gantz Europam brechenden Lichts schreiben sollte: aber da die entsetzliche Macht des Todes alles verdunckelt, und eine düstre Finsterniß uns den Glantz unsrer Sonne benimmet / so fängt Hand und Feder an zu zittern und mein erschrockener Geist siehet mit schmertzhaffter Empfindung / daß dasjenige kommen / woran man bißhero nicht ohne erschütterung gedencken können. Wir stelleten uns zwar das hohe Alter unsres Durchlauchtigsten Landes-Vaters vor / aber weil es für uns eine Güldene Zeit ausmachte / so waren unsre Gedancken selten darauf gerichtet / daß es ein Vorläuffer des herannahenden Todes zu seyn pflege. Die Süßigkeit der Regierung / so wir empfunden / ließ uns wenig daran gedencken / daß das Haupt deßelben sterblichsey / und wir erinnerten uns deßen nicht eher / als wenn die Hand des Todes durch eine plötzliche Ohnmacht an die Seulen unsres Regiment-Himmelsschlug / daß die darauf liegende Last erbeben muste. Wir erwachten gleichsahm alsdenn / als aus einem süßen Schlaffe / wir fiengen an die Macht der Sterblichkeit zu erwegen / die ihr strenges Gesetze auch über die gesalbten Häüpter erstrecket, und erschütterten / wenn wir das gesteckte Ziel <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0003"/> <p>WIe gerne entzöhe sich meine Feder bey der Hochfürstlichen Leiche des weyland Durchlauchtigsten Fürsten und Herren / Herren Anthon Ulrichs / Hertzoges zu Braunschweig und Lüneburg / Meines ehemahls gnädigsten Herren / die unterthänigste Verehrung / so ich diesen Grossen Fürsten auch nach seinen tödtlichen Hintritt schuldig bin / bey einer so allgemeinen Betrübniß öffentlich an den Tag zu legen / wenn nicht das in meiner Seelen so fest eingeprägte Gedächtniß seiner hohen Wolthaten mich beständig erinnerte / es lasse sich ohne eine straffbahre Undanckbahrkeit zu begehen / ohnmöglich schweigen. Es wäre unbillig / die erblaßte Hand nicht in tieffster Demuht zu küssen / die der Höchste im Himmel vor kurtzen gebraucht / mir seine Gnade zu ertheilen. Es wäre unbillig / daß / da meiner Pflicht vergönnt gewesen / die Hoheit seiner unsterblichen Tugenden in seinen glorwürdigsten Leben zu unterschiedenen malen öffentlich vorzustellen / sie deren Bewunderung im Tode unterlassen wollte. Aber das ist es / was ihr am schweresten fält. Sie war gewohnt / die Tugend dieses Herren in vollem Glantze zu sehen / sie belustigte sich an denen heitren Strahlen dieser Sonne, und war niemahls vergnügter als wenn sie von der Schönheit ihres durch gantz Europam brechenden Lichts schreiben sollte: aber da die entsetzliche Macht des Todes alles verdunckelt, und eine düstre Finsterniß uns den Glantz unsrer Sonne benimmet / so fängt Hand und Feder an zu zittern und mein erschrockener Geist siehet mit schmertzhaffter Empfindung / daß dasjenige kommen / woran man bißhero nicht ohne erschütterung gedencken können.</p> <p>Wir stelleten uns zwar das hohe Alter unsres Durchlauchtigsten Landes-Vaters vor / aber weil es für uns eine Güldene Zeit ausmachte / so waren unsre Gedancken selten darauf gerichtet / daß es ein Vorläuffer des herannahenden Todes zu seyn pflege. Die Süßigkeit der Regierung / so wir empfunden / ließ uns wenig daran gedencken / daß das Haupt deßelben sterblichsey / und wir erinnerten uns deßen nicht eher / als wenn die Hand des Todes durch eine plötzliche Ohnmacht an die Seulen unsres Regiment-Himmelsschlug / daß die darauf liegende Last erbeben muste. Wir erwachten gleichsahm alsdenn / als aus einem süßen Schlaffe / wir fiengen an die Macht der Sterblichkeit zu erwegen / die ihr strenges Gesetze auch über die gesalbten Häüpter erstrecket, und erschütterten / wenn wir das gesteckte Ziel </p> </body> </text> </TEI> [0003]
WIe gerne entzöhe sich meine Feder bey der Hochfürstlichen Leiche des weyland Durchlauchtigsten Fürsten und Herren / Herren Anthon Ulrichs / Hertzoges zu Braunschweig und Lüneburg / Meines ehemahls gnädigsten Herren / die unterthänigste Verehrung / so ich diesen Grossen Fürsten auch nach seinen tödtlichen Hintritt schuldig bin / bey einer so allgemeinen Betrübniß öffentlich an den Tag zu legen / wenn nicht das in meiner Seelen so fest eingeprägte Gedächtniß seiner hohen Wolthaten mich beständig erinnerte / es lasse sich ohne eine straffbahre Undanckbahrkeit zu begehen / ohnmöglich schweigen. Es wäre unbillig / die erblaßte Hand nicht in tieffster Demuht zu küssen / die der Höchste im Himmel vor kurtzen gebraucht / mir seine Gnade zu ertheilen. Es wäre unbillig / daß / da meiner Pflicht vergönnt gewesen / die Hoheit seiner unsterblichen Tugenden in seinen glorwürdigsten Leben zu unterschiedenen malen öffentlich vorzustellen / sie deren Bewunderung im Tode unterlassen wollte. Aber das ist es / was ihr am schweresten fält. Sie war gewohnt / die Tugend dieses Herren in vollem Glantze zu sehen / sie belustigte sich an denen heitren Strahlen dieser Sonne, und war niemahls vergnügter als wenn sie von der Schönheit ihres durch gantz Europam brechenden Lichts schreiben sollte: aber da die entsetzliche Macht des Todes alles verdunckelt, und eine düstre Finsterniß uns den Glantz unsrer Sonne benimmet / so fängt Hand und Feder an zu zittern und mein erschrockener Geist siehet mit schmertzhaffter Empfindung / daß dasjenige kommen / woran man bißhero nicht ohne erschütterung gedencken können.
Wir stelleten uns zwar das hohe Alter unsres Durchlauchtigsten Landes-Vaters vor / aber weil es für uns eine Güldene Zeit ausmachte / so waren unsre Gedancken selten darauf gerichtet / daß es ein Vorläuffer des herannahenden Todes zu seyn pflege. Die Süßigkeit der Regierung / so wir empfunden / ließ uns wenig daran gedencken / daß das Haupt deßelben sterblichsey / und wir erinnerten uns deßen nicht eher / als wenn die Hand des Todes durch eine plötzliche Ohnmacht an die Seulen unsres Regiment-Himmelsschlug / daß die darauf liegende Last erbeben muste. Wir erwachten gleichsahm alsdenn / als aus einem süßen Schlaffe / wir fiengen an die Macht der Sterblichkeit zu erwegen / die ihr strenges Gesetze auch über die gesalbten Häüpter erstrecket, und erschütterten / wenn wir das gesteckte Ziel
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Zitationshilfe: | Treuer, Gottlieb Samuel: Die Unveränderliche Tugend Des weyland Durchlauchtigsten Fürsten und Herren, Herren Anthon Ulrichs, Hertzoges zu Braunschweig und Lüneburg. Helmstedt, [1714], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treuer_tugend_1714/3>, abgerufen am 16.02.2025. |