die Urkundensammlung zur ältesten Geschichte des königlichen Hauses, die Monumenta Zollerana. Für Dove's geniale Forschungen wurde das meteorologische Institut eingerichtet, das bald in ganz Norddeutschland seine Beobachtungsstationen anlegte. An die Spitze der Berliner Bibliothek kam Pertz, der Herausgeber der Monumenta Germaniae, der damals auf der Höhe seines Wirkens stand.
Den Universitäten Berlin und Königsberg bewilligte der König so- gleich ein beträchtlich erhöhtes Einkommen; auch das arg vernachlässigte alte Greifswald sollte gehoben werden. Und wie viele glänzende Berufungen gleich in der ersten Zeit! Bald nach den Brüdern Grimm erhielt auch Dahlmann einen preußischen Lehrstuhl, in Bonn angewiesen. Beim Ab- schied in Jena begrüßte ihn Robert Prutz mit einem Liede, das dem brausenden, ziellosen Thatendrange des jungen Geschlechts treuen Aus- druck gab:
Es gilt dem kommenden Geschlechte, Es gilt dem künft'gen Morgenroth. Der Freiheit gilt es und dem Rechte, Es gilt dem Leben und dem Tod.
Am Rhein wurde der Führer der Göttinger Sieben nicht minder freudig aufgenommen, und in seiner Antrittsvorlesung sagte er hoffnungsvoll: der Tadel der Nation gegen Preußens selbständige Politik werde erst verstummen "in der Fülle der Zeiten, vor dem unter Preußens Vorgange vollendeten Werke, vor Deutschlands großer Zukunft". In die Berliner juristische Facultät trat neben Stahl dessen Landsmann Puchta ein, der natürliche Nachfolger Savigny's, ein tiefsinniger, in Schrift und Rede gleich ausge- zeichneter Lehrer des römischen Rechts; er gehörte einer gemäßigt conser- vativen Richtung an, doch als Freund Schelling's, als Anhänger der histo- rischen Rechtsschule und streng kirchlicher Protestant erfuhr er, wie Stahl, in der Presse alsbald gehässige Anfeindungen. Nach seinem frühen Tode wurde der Schweizer Keller berufen, auch ein trefflicher Jurist, nur minder glücklich als Lehrer: er hatte einst in Zürich die Radicalen geführt, doch angeekelt von dem souveränen Unverstande, hielt er sich in Preußen zu der streng conservativen Partei. Als nun auch der milde, aber den Ra- tionalisten verhaßte Theolog Dorner neben Hävernick nach Königsberg berufen wurde, da hieß es allgemein, der König begünstige nur reaktionäre Gelehrte. Man dankte ihm auch nicht, daß er Maßmann, dem Bücher- verbrenner von der Wartburg, erlaubte in Berlin einen großen Turnplatz einzurichten und nebenbei an der Universität verworrene germanistische Vor- lesungen zu halten; die Burschenschafter aus der ältesten christlich-ger- manischen Generation galten dem neuen Liberalismus allesammt für Dunkelmänner. Selbst der Baseler Protestant Gelzer, ein ernst gläubiger, keineswegs engherziger Literaturhistoriker wurde, kaum nach Berlin be- rufen, sofort als geheimer Jesuit verlästert.
V. 3. Enttäuſchung und Verwirrung.
die Urkundenſammlung zur älteſten Geſchichte des königlichen Hauſes, die Monumenta Zollerana. Für Dove’s geniale Forſchungen wurde das meteorologiſche Inſtitut eingerichtet, das bald in ganz Norddeutſchland ſeine Beobachtungsſtationen anlegte. An die Spitze der Berliner Bibliothek kam Pertz, der Herausgeber der Monumenta Germaniae, der damals auf der Höhe ſeines Wirkens ſtand.
Den Univerſitäten Berlin und Königsberg bewilligte der König ſo- gleich ein beträchtlich erhöhtes Einkommen; auch das arg vernachläſſigte alte Greifswald ſollte gehoben werden. Und wie viele glänzende Berufungen gleich in der erſten Zeit! Bald nach den Brüdern Grimm erhielt auch Dahlmann einen preußiſchen Lehrſtuhl, in Bonn angewieſen. Beim Ab- ſchied in Jena begrüßte ihn Robert Prutz mit einem Liede, das dem brauſenden, zielloſen Thatendrange des jungen Geſchlechts treuen Aus- druck gab:
Es gilt dem kommenden Geſchlechte, Es gilt dem künft’gen Morgenroth. Der Freiheit gilt es und dem Rechte, Es gilt dem Leben und dem Tod.
Am Rhein wurde der Führer der Göttinger Sieben nicht minder freudig aufgenommen, und in ſeiner Antrittsvorleſung ſagte er hoffnungsvoll: der Tadel der Nation gegen Preußens ſelbſtändige Politik werde erſt verſtummen „in der Fülle der Zeiten, vor dem unter Preußens Vorgange vollendeten Werke, vor Deutſchlands großer Zukunft“. In die Berliner juriſtiſche Facultät trat neben Stahl deſſen Landsmann Puchta ein, der natürliche Nachfolger Savigny’s, ein tiefſinniger, in Schrift und Rede gleich ausge- zeichneter Lehrer des römiſchen Rechts; er gehörte einer gemäßigt conſer- vativen Richtung an, doch als Freund Schelling’s, als Anhänger der hiſto- riſchen Rechtsſchule und ſtreng kirchlicher Proteſtant erfuhr er, wie Stahl, in der Preſſe alsbald gehäſſige Anfeindungen. Nach ſeinem frühen Tode wurde der Schweizer Keller berufen, auch ein trefflicher Juriſt, nur minder glücklich als Lehrer: er hatte einſt in Zürich die Radicalen geführt, doch angeekelt von dem ſouveränen Unverſtande, hielt er ſich in Preußen zu der ſtreng conſervativen Partei. Als nun auch der milde, aber den Ra- tionaliſten verhaßte Theolog Dorner neben Hävernick nach Königsberg berufen wurde, da hieß es allgemein, der König begünſtige nur reaktionäre Gelehrte. Man dankte ihm auch nicht, daß er Maßmann, dem Bücher- verbrenner von der Wartburg, erlaubte in Berlin einen großen Turnplatz einzurichten und nebenbei an der Univerſität verworrene germaniſtiſche Vor- leſungen zu halten; die Burſchenſchafter aus der älteſten chriſtlich-ger- maniſchen Generation galten dem neuen Liberalismus alleſammt für Dunkelmänner. Selbſt der Baſeler Proteſtant Gelzer, ein ernſt gläubiger, keineswegs engherziger Literaturhiſtoriker wurde, kaum nach Berlin be- rufen, ſofort als geheimer Jeſuit verläſtert.
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die Urkundenſammlung zur älteſten Geſchichte des königlichen Hauſes, die
Monumenta Zollerana. Für Dove’s geniale Forſchungen wurde das
meteorologiſche Inſtitut eingerichtet, das bald in ganz Norddeutſchland
ſeine Beobachtungsſtationen anlegte. An die Spitze der Berliner Bibliothek
kam Pertz, der Herausgeber der Monumenta Germaniae, der damals
auf der Höhe ſeines Wirkens ſtand.
Den Univerſitäten Berlin und Königsberg bewilligte der König ſo-
gleich ein beträchtlich erhöhtes Einkommen; auch das arg vernachläſſigte
alte Greifswald ſollte gehoben werden. Und wie viele glänzende Berufungen
gleich in der erſten Zeit! Bald nach den Brüdern Grimm erhielt auch
Dahlmann einen preußiſchen Lehrſtuhl, in Bonn angewieſen. Beim Ab-
ſchied in Jena begrüßte ihn Robert Prutz mit einem Liede, das dem
brauſenden, zielloſen Thatendrange des jungen Geſchlechts treuen Aus-
druck gab:
Es gilt dem kommenden Geſchlechte,
Es gilt dem künft’gen Morgenroth.
Der Freiheit gilt es und dem Rechte,
Es gilt dem Leben und dem Tod.
Am Rhein wurde der Führer der Göttinger Sieben nicht minder freudig
aufgenommen, und in ſeiner Antrittsvorleſung ſagte er hoffnungsvoll: der
Tadel der Nation gegen Preußens ſelbſtändige Politik werde erſt verſtummen
„in der Fülle der Zeiten, vor dem unter Preußens Vorgange vollendeten
Werke, vor Deutſchlands großer Zukunft“. In die Berliner juriſtiſche
Facultät trat neben Stahl deſſen Landsmann Puchta ein, der natürliche
Nachfolger Savigny’s, ein tiefſinniger, in Schrift und Rede gleich ausge-
zeichneter Lehrer des römiſchen Rechts; er gehörte einer gemäßigt conſer-
vativen Richtung an, doch als Freund Schelling’s, als Anhänger der hiſto-
riſchen Rechtsſchule und ſtreng kirchlicher Proteſtant erfuhr er, wie Stahl,
in der Preſſe alsbald gehäſſige Anfeindungen. Nach ſeinem frühen Tode
wurde der Schweizer Keller berufen, auch ein trefflicher Juriſt, nur minder
glücklich als Lehrer: er hatte einſt in Zürich die Radicalen geführt, doch
angeekelt von dem ſouveränen Unverſtande, hielt er ſich in Preußen zu
der ſtreng conſervativen Partei. Als nun auch der milde, aber den Ra-
tionaliſten verhaßte Theolog Dorner neben Hävernick nach Königsberg
berufen wurde, da hieß es allgemein, der König begünſtige nur reaktionäre
Gelehrte. Man dankte ihm auch nicht, daß er Maßmann, dem Bücher-
verbrenner von der Wartburg, erlaubte in Berlin einen großen Turnplatz
einzurichten und nebenbei an der Univerſität verworrene germaniſtiſche Vor-
leſungen zu halten; die Burſchenſchafter aus der älteſten chriſtlich-ger-
maniſchen Generation galten dem neuen Liberalismus alleſammt für
Dunkelmänner. Selbſt der Baſeler Proteſtant Gelzer, ein ernſt gläubiger,
keineswegs engherziger Literaturhiſtoriker wurde, kaum nach Berlin be-
rufen, ſofort als geheimer Jeſuit verläſtert.
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Bd. 5: Bis zur März-Revolution. Leipzig, 1894, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte05_1894/240>, abgerufen am 21.11.2024.
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