werden sollen, vollendet werden." Zu diesem Zwecke wird die Bildung eines kleinen Ver- fassungs-Ausschusses angeordnet.
Dann berichtet der Staatskanzler am 16. August: "Bei meiner Anwesenheit in Teplitz habe ich Gelegenheit gehabt, auch diesen wichtigen Gegenstand mit dem Fst. Met- ternich in Erwägung zu ziehen. Er theilt mit mir die Ueberzeugung, daß, indem die genommenen Maßregeln gegen die demagogischen Umtriebe strenge und consequent ver- folgt werden, auf der andern Seite höchst räthlich sei, sobald wie möglich in der Ver- fassungssache wohlüberlegte Vorschritte zu machen." Hierauf habe ihn Metternich um Mittheilung seines Verfassungsplanes gebeten, da "der österreichische Hof Preußens Bei- spiele zu folgen wünsche, damit die Verfassung der beiden größeren Staaten Deutsch- lands möglichst gleich werde." Er habe dieser Bitte entsprochen und dem Fürsten die in der Anlage A enthaltenen "Ideen zu einer landständischen Verfassung in Preußen" vorgelegt. "Diese Ideen, so heißt es wörtlich weiter, haben den vollkommensten Beifall des Fürsten Metternich gefunden." Die Anlage A aber enthält nichts Anderes, als den von mir (oben II. 635) mitgetheilten Hardenbergischen Verfassungsplan, nur in kürzerer Fassung. Ueber den Allgemeinen Landtag ist darin Folgendes gesagt:
"Die Provinzial-Versammlungen wählen, jeder Stand aus seiner Mitte, die De- putirten zum
Allgemeinen Landtag,
welcher aber nie mit den Provinzial-Versammlungen zugleich, sondern -- außer dem ersten male -- vorher zusammenkommen muß. Dieser hat gar keine Verwaltung und beschäftigt sich mit allgemeinen, für die ganze Monarchie bindenden Gegenständen. Die Deputirten zum Allgemeinen Landtage sind in möglichst geringer Anzahl zu bestimmen; desgleichen wäre noch zu erwägen, ob es räthlich sei, sie in einer Versammlung oder in zwei Kammern zusammenleben zu lassen, welches Letztere vielleicht eine zu große Anzahl veranlassen und überhaupt den Geschäftsgang erschweren würde."
Man sieht, diese Sätze stimmen fast buchstäblich überein mit dem später der Com- mission vorgelegten Verfassungsplane (II. 636).
Damit ist die Sache erledigt. Metternich hat in Teplitz dem Verfassungsplane Hardenberg's und dem darin vorgeschlagenen Allgemeinen Landtage für Preußen aus- drücklich zugestimmt; er hat mithin, als er mit dem König sprach, nicht vor einer stän- dischen Verfassung gewarnt, sondern nur vor dem Repräsentativsystem neufranzösischen Stiles. Meine Darstellung des Teplitzer Gesprächs ist also vollkommen richtig. Auf den Gang der preußischen Verfassungsberathung übten die Teplitzer Gespräche unmittel- bar gar keinen Einfluß; vielmehr hielt Hardenberg vom Mai 1819 bis zu seiner schließ- lichen Niederlage im Sommer 1821 unwandelbar denselben Verfassungsplan fest. Und auch diese letzte Niederlage wurde nicht durch Metternich bewirkt, sondern durch die Partei- kämpfe in Preußen selbst und vornehmlich durch das Mißlingen der Communalordnung. --
IX.Baiern und die Karlsbader Beschlüsse. Zu Bd. II S. 580 f.
Unter dem Titel "Die bairische Verfassung und die Karlsbader Beschlüsse" hat Freiherr Max von Lerchenfeld eine Schrift veröffentlicht, die ich als einen dankenswerthen Beitrag zur neuen deutschen Geschichte willkommen heißen würde, wenn mich nicht ein der Erzählung vorangestelltes Capitel "Treitschke's Deutsche Geschichte" zu einer Er- widerung nöthigte.
Im Verlaufe meiner Forschungen über die ersten Friedensjahre seit 1815 bin ich zu einem Ergebniß gelangt, das von der landläufigen Ansicht ziemlich weit abweicht:
Baiern und die Karlsbader Beſchlüſſe.
werden ſollen, vollendet werden.“ Zu dieſem Zwecke wird die Bildung eines kleinen Ver- faſſungs-Ausſchuſſes angeordnet.
Dann berichtet der Staatskanzler am 16. Auguſt: „Bei meiner Anweſenheit in Teplitz habe ich Gelegenheit gehabt, auch dieſen wichtigen Gegenſtand mit dem Fſt. Met- ternich in Erwägung zu ziehen. Er theilt mit mir die Ueberzeugung, daß, indem die genommenen Maßregeln gegen die demagogiſchen Umtriebe ſtrenge und conſequent ver- folgt werden, auf der andern Seite höchſt räthlich ſei, ſobald wie möglich in der Ver- faſſungsſache wohlüberlegte Vorſchritte zu machen.“ Hierauf habe ihn Metternich um Mittheilung ſeines Verfaſſungsplanes gebeten, da „der öſterreichiſche Hof Preußens Bei- ſpiele zu folgen wünſche, damit die Verfaſſung der beiden größeren Staaten Deutſch- lands möglichſt gleich werde.“ Er habe dieſer Bitte entſprochen und dem Fürſten die in der Anlage A enthaltenen „Ideen zu einer landſtändiſchen Verfaſſung in Preußen“ vorgelegt. „Dieſe Ideen, ſo heißt es wörtlich weiter, haben den vollkommenſten Beifall des Fürſten Metternich gefunden.“ Die Anlage A aber enthält nichts Anderes, als den von mir (oben II. 635) mitgetheilten Hardenbergiſchen Verfaſſungsplan, nur in kürzerer Faſſung. Ueber den Allgemeinen Landtag iſt darin Folgendes geſagt:
„Die Provinzial-Verſammlungen wählen, jeder Stand aus ſeiner Mitte, die De- putirten zum
Allgemeinen Landtag,
welcher aber nie mit den Provinzial-Verſammlungen zugleich, ſondern — außer dem erſten male — vorher zuſammenkommen muß. Dieſer hat gar keine Verwaltung und beſchäftigt ſich mit allgemeinen, für die ganze Monarchie bindenden Gegenſtänden. Die Deputirten zum Allgemeinen Landtage ſind in möglichſt geringer Anzahl zu beſtimmen; desgleichen wäre noch zu erwägen, ob es räthlich ſei, ſie in einer Verſammlung oder in zwei Kammern zuſammenleben zu laſſen, welches Letztere vielleicht eine zu große Anzahl veranlaſſen und überhaupt den Geſchäftsgang erſchweren würde.“
Man ſieht, dieſe Sätze ſtimmen faſt buchſtäblich überein mit dem ſpäter der Com- miſſion vorgelegten Verfaſſungsplane (II. 636).
Damit iſt die Sache erledigt. Metternich hat in Teplitz dem Verfaſſungsplane Hardenberg’s und dem darin vorgeſchlagenen Allgemeinen Landtage für Preußen aus- drücklich zugeſtimmt; er hat mithin, als er mit dem König ſprach, nicht vor einer ſtän- diſchen Verfaſſung gewarnt, ſondern nur vor dem Repräſentativſyſtem neufranzöſiſchen Stiles. Meine Darſtellung des Teplitzer Geſprächs iſt alſo vollkommen richtig. Auf den Gang der preußiſchen Verfaſſungsberathung übten die Teplitzer Geſpräche unmittel- bar gar keinen Einfluß; vielmehr hielt Hardenberg vom Mai 1819 bis zu ſeiner ſchließ- lichen Niederlage im Sommer 1821 unwandelbar denſelben Verfaſſungsplan feſt. Und auch dieſe letzte Niederlage wurde nicht durch Metternich bewirkt, ſondern durch die Partei- kämpfe in Preußen ſelbſt und vornehmlich durch das Mißlingen der Communalordnung. —
IX.Baiern und die Karlsbader Beſchlüſſe. Zu Bd. II S. 580 f.
Unter dem Titel „Die bairiſche Verfaſſung und die Karlsbader Beſchlüſſe“ hat Freiherr Max von Lerchenfeld eine Schrift veröffentlicht, die ich als einen dankenswerthen Beitrag zur neuen deutſchen Geſchichte willkommen heißen würde, wenn mich nicht ein der Erzählung vorangeſtelltes Capitel „Treitſchke’s Deutſche Geſchichte“ zu einer Er- widerung nöthigte.
Im Verlaufe meiner Forſchungen über die erſten Friedensjahre ſeit 1815 bin ich zu einem Ergebniß gelangt, das von der landläufigen Anſicht ziemlich weit abweicht:
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werden ſollen, vollendet werden.“ Zu dieſem Zwecke wird die Bildung eines kleinen Ver-
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Dann berichtet der Staatskanzler am 16. Auguſt: „Bei meiner Anweſenheit in
Teplitz habe ich Gelegenheit gehabt, auch dieſen wichtigen Gegenſtand mit dem Fſt. Met-
ternich in Erwägung zu ziehen. Er theilt mit mir die Ueberzeugung, daß, indem die
genommenen Maßregeln gegen die demagogiſchen Umtriebe ſtrenge und conſequent ver-
folgt werden, auf der andern Seite höchſt räthlich ſei, ſobald wie möglich in der Ver-
faſſungsſache wohlüberlegte Vorſchritte zu machen.“ Hierauf habe ihn Metternich um
Mittheilung ſeines Verfaſſungsplanes gebeten, da „der öſterreichiſche Hof Preußens Bei-
ſpiele zu folgen wünſche, damit die Verfaſſung der beiden größeren Staaten Deutſch-
lands möglichſt gleich werde.“ Er habe dieſer Bitte entſprochen und dem Fürſten die
in der Anlage A enthaltenen „Ideen zu einer landſtändiſchen Verfaſſung in Preußen“
vorgelegt. „Dieſe Ideen, ſo heißt es wörtlich weiter, haben den vollkommenſten Beifall
des Fürſten Metternich gefunden.“ Die Anlage A aber enthält nichts Anderes, als
den von mir (oben II. 635) mitgetheilten Hardenbergiſchen Verfaſſungsplan, nur in kürzerer
Faſſung. Ueber den Allgemeinen Landtag iſt darin Folgendes geſagt:
„Die Provinzial-Verſammlungen wählen, jeder Stand aus ſeiner Mitte, die De-
putirten zum
Allgemeinen Landtag,
welcher aber nie mit den Provinzial-Verſammlungen zugleich, ſondern — außer dem
erſten male — vorher zuſammenkommen muß. Dieſer hat gar keine Verwaltung und
beſchäftigt ſich mit allgemeinen, für die ganze Monarchie bindenden Gegenſtänden. Die
Deputirten zum Allgemeinen Landtage ſind in möglichſt geringer Anzahl zu beſtimmen;
desgleichen wäre noch zu erwägen, ob es räthlich ſei, ſie in einer Verſammlung oder in
zwei Kammern zuſammenleben zu laſſen, welches Letztere vielleicht eine zu große Anzahl
veranlaſſen und überhaupt den Geſchäftsgang erſchweren würde.“
Man ſieht, dieſe Sätze ſtimmen faſt buchſtäblich überein mit dem ſpäter der Com-
miſſion vorgelegten Verfaſſungsplane (II. 636).
Damit iſt die Sache erledigt. Metternich hat in Teplitz dem Verfaſſungsplane
Hardenberg’s und dem darin vorgeſchlagenen Allgemeinen Landtage für Preußen aus-
drücklich zugeſtimmt; er hat mithin, als er mit dem König ſprach, nicht vor einer ſtän-
diſchen Verfaſſung gewarnt, ſondern nur vor dem Repräſentativſyſtem neufranzöſiſchen
Stiles. Meine Darſtellung des Teplitzer Geſprächs iſt alſo vollkommen richtig. Auf
den Gang der preußiſchen Verfaſſungsberathung übten die Teplitzer Geſpräche unmittel-
bar gar keinen Einfluß; vielmehr hielt Hardenberg vom Mai 1819 bis zu ſeiner ſchließ-
lichen Niederlage im Sommer 1821 unwandelbar denſelben Verfaſſungsplan feſt. Und
auch dieſe letzte Niederlage wurde nicht durch Metternich bewirkt, ſondern durch die Partei-
kämpfe in Preußen ſelbſt und vornehmlich durch das Mißlingen der Communalordnung. —
IX. Baiern und die Karlsbader Beſchlüſſe.
Zu Bd. II S. 580 f.
Unter dem Titel „Die bairiſche Verfaſſung und die Karlsbader Beſchlüſſe“ hat
Freiherr Max von Lerchenfeld eine Schrift veröffentlicht, die ich als einen dankenswerthen
Beitrag zur neuen deutſchen Geſchichte willkommen heißen würde, wenn mich nicht ein
der Erzählung vorangeſtelltes Capitel „Treitſchke’s Deutſche Geſchichte“ zu einer Er-
widerung nöthigte.
Im Verlaufe meiner Forſchungen über die erſten Friedensjahre ſeit 1815 bin ich
zu einem Ergebniß gelangt, das von der landläufigen Anſicht ziemlich weit abweicht:
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 3: Bis zur Juli-Revolution. Leipzig, 1885, S. 761. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte03_1885/777>, abgerufen am 19.11.2024.
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