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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 3: Bis zur Juli-Revolution. Leipzig, 1885.

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Cotta in Berlin.
das Geheimniß und erklärte: "Jetzt ist es wünschenswerth, einen Handels-
verein mit Baiern, Württemberg und Baden zu bilden:" der Süden muß
für eigene Rechnung unsere Zollgrundsätze annehmen, namentlich unsere
höheren Tarifsätze auf ausländische Waaren, also auch auf die Waaren
des Mitteldeutschen Vereins. So lange dieser Verein die vollständige Ver-
schmelzung mit dem Süden hindert, müssen Preußen-Hessen und Baiern-
Württemberg mindestens ihre eigenen Producte und Fabrikate gegenseitig
vom Zolle befreien.*)

Im November eilte der Unterhändler wieder nach Berlin, diesmal mit
einer förmlichen Beglaubigung versehen, und wurde von dem Könige aufs
freundlichste aufgenommen. Die Berliner erzählten sich mit unterthänigem
Erstaunen, der einfache Buchhändler sei zur Tafel gezogen worden. Motz
gab ihm nach längeren Verhandlungen die Punctation des Vertrags mit
auf den Weg. Triumphirend meldete Cotta am 17. December aus Mün-
chen: "Alles was ich mitbrachte war hier höchst erfreulich und willkommen,"
bei König Ludwig wie bei dem Minister Armansperg. "Beide sind von
den großartigen Ideen ergriffen, die einer Verbindung Preußens mit
Baiern und Württemberg nach den von Hochdenselben entwickelten Grund-
sätzen als Leitstern vorgehen und zur Richtschnur dienen. Ich sehe schon
im Geiste Ihre herrliche Idee in kurzer Frist realisirt." Und am 20. Dec.
nochmals: Wird auch Baden gewonnen, "so wäre der Grundstein im
Süden Deutschlands zu dem Gebäude gelegt, das Ihr verehrter König
und Sie zum Wohle und Gedeihen Deutschlands im Auge haben."

Motz erwiderte: er hoffe "ein Werk zu begründen, an welchem nicht
nur wir und unsere Zeitgenossen, sondern auch unsere Nachkommen Freude
haben werden." Der Mitteldeutsche Verein müsse offen bekämpft werden,
"denn was wir gemeinschaftlich suchen, ein so viel möglich allgemeiner
Markt in Deutschland, wird für Baiern, Württemberg und Preußen durch
die Grundsätze dieses neutralen Vereins nicht nur nicht befördert, son-
dern viele diesem Verlangen entgegenstehende Hindernisse nur noch mehr
stabilirt."**) Gleichzeitig schrieb er an den Kronprinzen von Preußen, der
sich gerade am Münchener Hofe aufhielt, enthüllte ihm das Geheimniß
der Mission Cotta's, bat dringend um Unterstützung: der Vertrag sei poli-
tisch und volkswirthschaftlich hochwichtig, wenngleich die Zolleinnahmen wohl
zunächst einige Einbußen erleiden würden. Der Prinz, der dem geist-
reichen Minister längst wohl wollte, nahm sich denn auch der Verhand-
lungen eifrig an.

Am 9. Januar 1829 konnte Cotta aus Stuttgart berichten, daß auch
König Wilhelm die Hauptgrundsätze der preußischen Punctation gebilligt
habe, und gegen Ende des Monats erschien der Unermüdliche zum dritten

*) Cotta an Motz, 20. Okt.; Motz an Bernstorff, 8. Nov. 1828.
**) Cotta an Motz, 17., 20. Dec. 1828. Motz's Antwort, Concept o. D.

Cotta in Berlin.
das Geheimniß und erklärte: „Jetzt iſt es wünſchenswerth, einen Handels-
verein mit Baiern, Württemberg und Baden zu bilden:“ der Süden muß
für eigene Rechnung unſere Zollgrundſätze annehmen, namentlich unſere
höheren Tarifſätze auf ausländiſche Waaren, alſo auch auf die Waaren
des Mitteldeutſchen Vereins. So lange dieſer Verein die vollſtändige Ver-
ſchmelzung mit dem Süden hindert, müſſen Preußen-Heſſen und Baiern-
Württemberg mindeſtens ihre eigenen Producte und Fabrikate gegenſeitig
vom Zolle befreien.*)

Im November eilte der Unterhändler wieder nach Berlin, diesmal mit
einer förmlichen Beglaubigung verſehen, und wurde von dem Könige aufs
freundlichſte aufgenommen. Die Berliner erzählten ſich mit unterthänigem
Erſtaunen, der einfache Buchhändler ſei zur Tafel gezogen worden. Motz
gab ihm nach längeren Verhandlungen die Punctation des Vertrags mit
auf den Weg. Triumphirend meldete Cotta am 17. December aus Mün-
chen: „Alles was ich mitbrachte war hier höchſt erfreulich und willkommen,“
bei König Ludwig wie bei dem Miniſter Armansperg. „Beide ſind von
den großartigen Ideen ergriffen, die einer Verbindung Preußens mit
Baiern und Württemberg nach den von Hochdenſelben entwickelten Grund-
ſätzen als Leitſtern vorgehen und zur Richtſchnur dienen. Ich ſehe ſchon
im Geiſte Ihre herrliche Idee in kurzer Friſt realiſirt.“ Und am 20. Dec.
nochmals: Wird auch Baden gewonnen, „ſo wäre der Grundſtein im
Süden Deutſchlands zu dem Gebäude gelegt, das Ihr verehrter König
und Sie zum Wohle und Gedeihen Deutſchlands im Auge haben.“

Motz erwiderte: er hoffe „ein Werk zu begründen, an welchem nicht
nur wir und unſere Zeitgenoſſen, ſondern auch unſere Nachkommen Freude
haben werden.“ Der Mitteldeutſche Verein müſſe offen bekämpft werden,
„denn was wir gemeinſchaftlich ſuchen, ein ſo viel möglich allgemeiner
Markt in Deutſchland, wird für Baiern, Württemberg und Preußen durch
die Grundſätze dieſes neutralen Vereins nicht nur nicht befördert, ſon-
dern viele dieſem Verlangen entgegenſtehende Hinderniſſe nur noch mehr
ſtabilirt.“**) Gleichzeitig ſchrieb er an den Kronprinzen von Preußen, der
ſich gerade am Münchener Hofe aufhielt, enthüllte ihm das Geheimniß
der Miſſion Cotta’s, bat dringend um Unterſtützung: der Vertrag ſei poli-
tiſch und volkswirthſchaftlich hochwichtig, wenngleich die Zolleinnahmen wohl
zunächſt einige Einbußen erleiden würden. Der Prinz, der dem geiſt-
reichen Miniſter längſt wohl wollte, nahm ſich denn auch der Verhand-
lungen eifrig an.

Am 9. Januar 1829 konnte Cotta aus Stuttgart berichten, daß auch
König Wilhelm die Hauptgrundſätze der preußiſchen Punctation gebilligt
habe, und gegen Ende des Monats erſchien der Unermüdliche zum dritten

*) Cotta an Motz, 20. Okt.; Motz an Bernſtorff, 8. Nov. 1828.
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[667/0683] Cotta in Berlin. das Geheimniß und erklärte: „Jetzt iſt es wünſchenswerth, einen Handels- verein mit Baiern, Württemberg und Baden zu bilden:“ der Süden muß für eigene Rechnung unſere Zollgrundſätze annehmen, namentlich unſere höheren Tarifſätze auf ausländiſche Waaren, alſo auch auf die Waaren des Mitteldeutſchen Vereins. So lange dieſer Verein die vollſtändige Ver- ſchmelzung mit dem Süden hindert, müſſen Preußen-Heſſen und Baiern- Württemberg mindeſtens ihre eigenen Producte und Fabrikate gegenſeitig vom Zolle befreien. *) Im November eilte der Unterhändler wieder nach Berlin, diesmal mit einer förmlichen Beglaubigung verſehen, und wurde von dem Könige aufs freundlichſte aufgenommen. Die Berliner erzählten ſich mit unterthänigem Erſtaunen, der einfache Buchhändler ſei zur Tafel gezogen worden. Motz gab ihm nach längeren Verhandlungen die Punctation des Vertrags mit auf den Weg. Triumphirend meldete Cotta am 17. December aus Mün- chen: „Alles was ich mitbrachte war hier höchſt erfreulich und willkommen,“ bei König Ludwig wie bei dem Miniſter Armansperg. „Beide ſind von den großartigen Ideen ergriffen, die einer Verbindung Preußens mit Baiern und Württemberg nach den von Hochdenſelben entwickelten Grund- ſätzen als Leitſtern vorgehen und zur Richtſchnur dienen. Ich ſehe ſchon im Geiſte Ihre herrliche Idee in kurzer Friſt realiſirt.“ Und am 20. Dec. nochmals: Wird auch Baden gewonnen, „ſo wäre der Grundſtein im Süden Deutſchlands zu dem Gebäude gelegt, das Ihr verehrter König und Sie zum Wohle und Gedeihen Deutſchlands im Auge haben.“ Motz erwiderte: er hoffe „ein Werk zu begründen, an welchem nicht nur wir und unſere Zeitgenoſſen, ſondern auch unſere Nachkommen Freude haben werden.“ Der Mitteldeutſche Verein müſſe offen bekämpft werden, „denn was wir gemeinſchaftlich ſuchen, ein ſo viel möglich allgemeiner Markt in Deutſchland, wird für Baiern, Württemberg und Preußen durch die Grundſätze dieſes neutralen Vereins nicht nur nicht befördert, ſon- dern viele dieſem Verlangen entgegenſtehende Hinderniſſe nur noch mehr ſtabilirt.“ **) Gleichzeitig ſchrieb er an den Kronprinzen von Preußen, der ſich gerade am Münchener Hofe aufhielt, enthüllte ihm das Geheimniß der Miſſion Cotta’s, bat dringend um Unterſtützung: der Vertrag ſei poli- tiſch und volkswirthſchaftlich hochwichtig, wenngleich die Zolleinnahmen wohl zunächſt einige Einbußen erleiden würden. Der Prinz, der dem geiſt- reichen Miniſter längſt wohl wollte, nahm ſich denn auch der Verhand- lungen eifrig an. Am 9. Januar 1829 konnte Cotta aus Stuttgart berichten, daß auch König Wilhelm die Hauptgrundſätze der preußiſchen Punctation gebilligt habe, und gegen Ende des Monats erſchien der Unermüdliche zum dritten *) Cotta an Motz, 20. Okt.; Motz an Bernſtorff, 8. Nov. 1828. **) Cotta an Motz, 17., 20. Dec. 1828. Motz’s Antwort, Concept o. D.

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Zitationshilfe: Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 3: Bis zur Juli-Revolution. Leipzig, 1885, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte03_1885/683>, abgerufen am 25.11.2024.