Deutschen Bundes gemeint. Und diese schimpflichen Albernheiten standen in dem amtlichen Blatte der Monarchie dicht neben vortrefflichen Aufsätzen, welche die Einsicht einer wohlwollenden und gerechten Regierung bekundeten. Wenn die Affenbosheit niedriger Handlanger diesen glorreichen Staat also dem allgemeinen Hohngelächter preisgeben durfte, was Wunder, daß die öffentliche Meinung zu hoffen verlernte? Der preußische Staat glich einem von einer fixen Idee ergriffenen, doch im Uebrigen gesunden Geiste; in allen Zweigen der Verwaltung wurden die alten ehrenhaften Traditionen gewahrt, nur gegen die Demagogen erhielten die verworfenen Elemente des Beamtenthums freies Spiel.
Am Rhein hatte sich Kamptz mit dem Instinkt der Gemeinheit grade die Männer ausgesucht, welche den preußisch-deutschen Geist in der schwie- rigen Provinz vertraten. So ward in Köln der Procurator L. v. Mühlen- fels verhaftet, ein schwärmerischer Patriot, der seinen verwegenen Muth bei Dennewitz bewährt hatte; er war mit den Gebrüdern Follen bekannt, aber nie in ihre geheimsten Pläne eingeweiht worden. Gleichzeitig ward in Bonn bei Arndt und den Brüdern Welcker Haussuchung gehalten. Umsonst verbürgte sich Humboldt für die Unschuld seines jungen Freundes, des Philologen F. G. Welcker, und legte dem Staatskanzler an's Herz, wie leicht die junge Hochschule untergehen könne, wenn man ihre soeben erst ehrenvoll berufenen neuen Lehrer so leichtfertig bloßstelle.*) Der vornehme, sinnige Kunstforscher F. G. Welcker hatte schon in Gießen durch seine nationale Begeisterung den Zorn der Rheinbündner erregt, er war dann als Göttinger Professor durch Kamptz bei der hannoverschen Regierung denuncirt worden und mußte jetzt noch sechs Jahre warten, bis Minister Schuckmann ihm erklärte, daß die Untersuchung gar nichts ergeben hätte.
Grausamer war Arndts Schicksal. Wer in einem Zeitalter ano- nymer Publicistik den Muth hat, mit offenem Visier seine politische Meinung zu vertheidigen, kann auf die Dauer einem ungeheuren Hasse nicht entgehen. Sobald die Bonner Haussuchungen ruchbar wurden, geriethen die zahllosen Feinde, die sich der Tapfere bei allen Parteien er- worben hatte, in geschäftige Bewegung, seine Wanderfahrten im Dienste des Vaterlandes wurden dem Monarchen als Beweise abenteuerlicher Unstetigkeit verdächtigt, und der König, der noch lange von dem Dasein eines alle Ordnung der Gesellschaft bedrohenden Geheimbundes fest über- zeugt blieb, untersagte ihm vorläufig die Fortsetzung seiner Collegien. Der Mann, der einst zuerst für die Wiedereroberung des deutschen Flusses seine Stimme erhoben hatte, empfand es als "eine fürchterliche Ironie", daß er hier am befreiten Rheinstrom das Opfer eines außerordentlichen Gerichtsverfahrens werden mußte. Er schrieb dem Staatskanzler: "als
*) Humboldt an Hardenberg, 20. Juli 1819.
II. 9. Die Karlsbader Beſchlüſſe.
Deutſchen Bundes gemeint. Und dieſe ſchimpflichen Albernheiten ſtanden in dem amtlichen Blatte der Monarchie dicht neben vortrefflichen Aufſätzen, welche die Einſicht einer wohlwollenden und gerechten Regierung bekundeten. Wenn die Affenbosheit niedriger Handlanger dieſen glorreichen Staat alſo dem allgemeinen Hohngelächter preisgeben durfte, was Wunder, daß die öffentliche Meinung zu hoffen verlernte? Der preußiſche Staat glich einem von einer fixen Idee ergriffenen, doch im Uebrigen geſunden Geiſte; in allen Zweigen der Verwaltung wurden die alten ehrenhaften Traditionen gewahrt, nur gegen die Demagogen erhielten die verworfenen Elemente des Beamtenthums freies Spiel.
Am Rhein hatte ſich Kamptz mit dem Inſtinkt der Gemeinheit grade die Männer ausgeſucht, welche den preußiſch-deutſchen Geiſt in der ſchwie- rigen Provinz vertraten. So ward in Köln der Procurator L. v. Mühlen- fels verhaftet, ein ſchwärmeriſcher Patriot, der ſeinen verwegenen Muth bei Dennewitz bewährt hatte; er war mit den Gebrüdern Follen bekannt, aber nie in ihre geheimſten Pläne eingeweiht worden. Gleichzeitig ward in Bonn bei Arndt und den Brüdern Welcker Hausſuchung gehalten. Umſonſt verbürgte ſich Humboldt für die Unſchuld ſeines jungen Freundes, des Philologen F. G. Welcker, und legte dem Staatskanzler an’s Herz, wie leicht die junge Hochſchule untergehen könne, wenn man ihre ſoeben erſt ehrenvoll berufenen neuen Lehrer ſo leichtfertig bloßſtelle.*) Der vornehme, ſinnige Kunſtforſcher F. G. Welcker hatte ſchon in Gießen durch ſeine nationale Begeiſterung den Zorn der Rheinbündner erregt, er war dann als Göttinger Profeſſor durch Kamptz bei der hannoverſchen Regierung denuncirt worden und mußte jetzt noch ſechs Jahre warten, bis Miniſter Schuckmann ihm erklärte, daß die Unterſuchung gar nichts ergeben hätte.
Grauſamer war Arndts Schickſal. Wer in einem Zeitalter ano- nymer Publiciſtik den Muth hat, mit offenem Viſier ſeine politiſche Meinung zu vertheidigen, kann auf die Dauer einem ungeheuren Haſſe nicht entgehen. Sobald die Bonner Hausſuchungen ruchbar wurden, geriethen die zahlloſen Feinde, die ſich der Tapfere bei allen Parteien er- worben hatte, in geſchäftige Bewegung, ſeine Wanderfahrten im Dienſte des Vaterlandes wurden dem Monarchen als Beweiſe abenteuerlicher Unſtetigkeit verdächtigt, und der König, der noch lange von dem Daſein eines alle Ordnung der Geſellſchaft bedrohenden Geheimbundes feſt über- zeugt blieb, unterſagte ihm vorläufig die Fortſetzung ſeiner Collegien. Der Mann, der einſt zuerſt für die Wiedereroberung des deutſchen Fluſſes ſeine Stimme erhoben hatte, empfand es als „eine fürchterliche Ironie“, daß er hier am befreiten Rheinſtrom das Opfer eines außerordentlichen Gerichtsverfahrens werden mußte. Er ſchrieb dem Staatskanzler: „als
*) Humboldt an Hardenberg, 20. Juli 1819.
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Deutſchen Bundes gemeint. Und dieſe ſchimpflichen Albernheiten ſtanden
in dem amtlichen Blatte der Monarchie dicht neben vortrefflichen Aufſätzen,
welche die Einſicht einer wohlwollenden und gerechten Regierung bekundeten.
Wenn die Affenbosheit niedriger Handlanger dieſen glorreichen Staat alſo
dem allgemeinen Hohngelächter preisgeben durfte, was Wunder, daß die
öffentliche Meinung zu hoffen verlernte? Der preußiſche Staat glich einem
von einer fixen Idee ergriffenen, doch im Uebrigen geſunden Geiſte; in
allen Zweigen der Verwaltung wurden die alten ehrenhaften Traditionen
gewahrt, nur gegen die Demagogen erhielten die verworfenen Elemente
des Beamtenthums freies Spiel.
Am Rhein hatte ſich Kamptz mit dem Inſtinkt der Gemeinheit grade
die Männer ausgeſucht, welche den preußiſch-deutſchen Geiſt in der ſchwie-
rigen Provinz vertraten. So ward in Köln der Procurator L. v. Mühlen-
fels verhaftet, ein ſchwärmeriſcher Patriot, der ſeinen verwegenen Muth
bei Dennewitz bewährt hatte; er war mit den Gebrüdern Follen bekannt,
aber nie in ihre geheimſten Pläne eingeweiht worden. Gleichzeitig ward
in Bonn bei Arndt und den Brüdern Welcker Hausſuchung gehalten.
Umſonſt verbürgte ſich Humboldt für die Unſchuld ſeines jungen Freundes,
des Philologen F. G. Welcker, und legte dem Staatskanzler an’s Herz,
wie leicht die junge Hochſchule untergehen könne, wenn man ihre ſoeben
erſt ehrenvoll berufenen neuen Lehrer ſo leichtfertig bloßſtelle. *) Der
vornehme, ſinnige Kunſtforſcher F. G. Welcker hatte ſchon in Gießen
durch ſeine nationale Begeiſterung den Zorn der Rheinbündner erregt,
er war dann als Göttinger Profeſſor durch Kamptz bei der hannoverſchen
Regierung denuncirt worden und mußte jetzt noch ſechs Jahre warten,
bis Miniſter Schuckmann ihm erklärte, daß die Unterſuchung gar nichts
ergeben hätte.
Grauſamer war Arndts Schickſal. Wer in einem Zeitalter ano-
nymer Publiciſtik den Muth hat, mit offenem Viſier ſeine politiſche
Meinung zu vertheidigen, kann auf die Dauer einem ungeheuren Haſſe
nicht entgehen. Sobald die Bonner Hausſuchungen ruchbar wurden,
geriethen die zahlloſen Feinde, die ſich der Tapfere bei allen Parteien er-
worben hatte, in geſchäftige Bewegung, ſeine Wanderfahrten im Dienſte
des Vaterlandes wurden dem Monarchen als Beweiſe abenteuerlicher
Unſtetigkeit verdächtigt, und der König, der noch lange von dem Daſein
eines alle Ordnung der Geſellſchaft bedrohenden Geheimbundes feſt über-
zeugt blieb, unterſagte ihm vorläufig die Fortſetzung ſeiner Collegien. Der
Mann, der einſt zuerſt für die Wiedereroberung des deutſchen Fluſſes
ſeine Stimme erhoben hatte, empfand es als „eine fürchterliche Ironie“,
daß er hier am befreiten Rheinſtrom das Opfer eines außerordentlichen
Gerichtsverfahrens werden mußte. Er ſchrieb dem Staatskanzler: „als
*) Humboldt an Hardenberg, 20. Juli 1819.
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 2: Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. Leipzig, 1882, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte02_1882/556>, abgerufen am 25.11.2024.
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