der Verfolgung und der Unterdrückung durch einige Maßregeln ver- ständiger Strenge vielleicht noch abzuwenden war.
Da die Minister nichts von sich hören ließen, so ging Hardenberg selbständig vor. Schon am 11. Januar, an dem nämlichen Tage, da die Cabinetsordre an das Ministerium erging, hatte Altenstein den Befehl erhalten, dem Verfasser des "Geistes der Zeit" eine Verwarnung wegen des neuesten Bandes ertheilen zu lassen. Graf Solms-Laubach vollzog den Auftrag, sichtlich ungern und so schonend als möglich; Arndt aber gestand in einem tapferen Briefe dem Staatskanzler zu, daß er einzelnes "Un- zeitige und Ungemessene" in seinem Buche bedauern müsse; doch seine Absicht sei rein, seine Treue unerschütterlich, die Verwarnung habe er allein der Angeberei seines Todfeindes, des Geh. Raths Kamptz zu ver- danken. Im März erfolgte sodann die vorläufige Schließung der Turn- plätze in der ganzen Monarchie, die Turnsperre, wie Jahn sich ausdrückte -- ein nach dem argen Unfug der letzten Monate unvermeidlicher Schritt, der keineswegs zur Unterdrückung des Turnens führen sollte. Man beabsichtigte lediglich die Turnstunden in den regelmäßigen Schulunterricht einzufügen und dann die Turnplätze wieder zu eröffnen; der Entwurf einer allgemeinen Turn-Ordnung war bereits im Unterrichtsministerium ausgearbeitet und lag dem Monarchen zur Unterzeichnung vor.
Am 30. März befahl Hardenberg den Ministern, da sie noch immer schwiegen, die Ernennung einer Commission für die Ausarbeitung des Preßgesetzes; das Maß von Freiheit oder Beschränkung, welches der preußische Staat seiner Presse gewähre, müsse auf den Entschluß der Bundesversammlung von entscheidendem Einfluß sein. Der Berichter- statter der Commission, Geh. Rath Hagemeister, ein trefflicher Jurist aus Suarez's Schule, war ein Gegner der Censur, und da auch die Geh. Räthe Nicolovius und Köhler die Preßfreiheit mindestens als Regel an- erkennen wollten, so stand von der Commission ein verständiger Entwurf zu erwarten, obgleich ihr Ancillon als viertes Mitglied angehörte. Ueber- haupt zeigte sich noch nirgends ein Stillstand in der Reformpolitik Har- denbergs. Noch im Sommer, bei der Eröffnung des Rheinischen Kassa- tionshofes zu Berlin, sprachen Präsident Sethe und Generalprocurator Eichhorn in feierlicher Rede die Hoffnung aus: das rheinische, in Wahr- heit altdeutsche, mündliche Verfahren werde, wenn es hier die Probe be- stehe, dereinst den Schlußstein der fridericianischen Justizverbesserung bilden. Auch die Preußische Staatszeitung, welche Stägemann, der treue Mitarbeiter Steins, seit Neujahr erscheinen ließ, bekundete überall, daß die Regierung in vieler Hinsicht freier dachte als die Nation; sie verthei- digte die neuen wirthschaftlichen Reformgesetze gegen das volksthümliche Vorurtheil, und ward sie einmal ausfällig gegen die Liberalen, so geschah es zumeist nur um den particularistischen Dünkel zurückzuweisen, wenn etwa Mallinckrodt in Dortmund oder ein anderer rheinisch-westphälischer Schrift-
Die Commiſſion für das Preßgeſetz.
der Verfolgung und der Unterdrückung durch einige Maßregeln ver- ſtändiger Strenge vielleicht noch abzuwenden war.
Da die Miniſter nichts von ſich hören ließen, ſo ging Hardenberg ſelbſtändig vor. Schon am 11. Januar, an dem nämlichen Tage, da die Cabinetsordre an das Miniſterium erging, hatte Altenſtein den Befehl erhalten, dem Verfaſſer des „Geiſtes der Zeit“ eine Verwarnung wegen des neueſten Bandes ertheilen zu laſſen. Graf Solms-Laubach vollzog den Auftrag, ſichtlich ungern und ſo ſchonend als möglich; Arndt aber geſtand in einem tapferen Briefe dem Staatskanzler zu, daß er einzelnes „Un- zeitige und Ungemeſſene“ in ſeinem Buche bedauern müſſe; doch ſeine Abſicht ſei rein, ſeine Treue unerſchütterlich, die Verwarnung habe er allein der Angeberei ſeines Todfeindes, des Geh. Raths Kamptz zu ver- danken. Im März erfolgte ſodann die vorläufige Schließung der Turn- plätze in der ganzen Monarchie, die Turnſperre, wie Jahn ſich ausdrückte — ein nach dem argen Unfug der letzten Monate unvermeidlicher Schritt, der keineswegs zur Unterdrückung des Turnens führen ſollte. Man beabſichtigte lediglich die Turnſtunden in den regelmäßigen Schulunterricht einzufügen und dann die Turnplätze wieder zu eröffnen; der Entwurf einer allgemeinen Turn-Ordnung war bereits im Unterrichtsminiſterium ausgearbeitet und lag dem Monarchen zur Unterzeichnung vor.
Am 30. März befahl Hardenberg den Miniſtern, da ſie noch immer ſchwiegen, die Ernennung einer Commiſſion für die Ausarbeitung des Preßgeſetzes; das Maß von Freiheit oder Beſchränkung, welches der preußiſche Staat ſeiner Preſſe gewähre, müſſe auf den Entſchluß der Bundesverſammlung von entſcheidendem Einfluß ſein. Der Berichter- ſtatter der Commiſſion, Geh. Rath Hagemeiſter, ein trefflicher Juriſt aus Suarez’s Schule, war ein Gegner der Cenſur, und da auch die Geh. Räthe Nicolovius und Köhler die Preßfreiheit mindeſtens als Regel an- erkennen wollten, ſo ſtand von der Commiſſion ein verſtändiger Entwurf zu erwarten, obgleich ihr Ancillon als viertes Mitglied angehörte. Ueber- haupt zeigte ſich noch nirgends ein Stillſtand in der Reformpolitik Har- denbergs. Noch im Sommer, bei der Eröffnung des Rheiniſchen Kaſſa- tionshofes zu Berlin, ſprachen Präſident Sethe und Generalprocurator Eichhorn in feierlicher Rede die Hoffnung aus: das rheiniſche, in Wahr- heit altdeutſche, mündliche Verfahren werde, wenn es hier die Probe be- ſtehe, dereinſt den Schlußſtein der fridericianiſchen Juſtizverbeſſerung bilden. Auch die Preußiſche Staatszeitung, welche Stägemann, der treue Mitarbeiter Steins, ſeit Neujahr erſcheinen ließ, bekundete überall, daß die Regierung in vieler Hinſicht freier dachte als die Nation; ſie verthei- digte die neuen wirthſchaftlichen Reformgeſetze gegen das volksthümliche Vorurtheil, und ward ſie einmal ausfällig gegen die Liberalen, ſo geſchah es zumeiſt nur um den particulariſtiſchen Dünkel zurückzuweiſen, wenn etwa Mallinckrodt in Dortmund oder ein anderer rheiniſch-weſtphäliſcher Schrift-
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Die Commiſſion für das Preßgeſetz.
der Verfolgung und der Unterdrückung durch einige Maßregeln ver-
ſtändiger Strenge vielleicht noch abzuwenden war.
Da die Miniſter nichts von ſich hören ließen, ſo ging Hardenberg
ſelbſtändig vor. Schon am 11. Januar, an dem nämlichen Tage, da die
Cabinetsordre an das Miniſterium erging, hatte Altenſtein den Befehl
erhalten, dem Verfaſſer des „Geiſtes der Zeit“ eine Verwarnung wegen des
neueſten Bandes ertheilen zu laſſen. Graf Solms-Laubach vollzog den
Auftrag, ſichtlich ungern und ſo ſchonend als möglich; Arndt aber geſtand
in einem tapferen Briefe dem Staatskanzler zu, daß er einzelnes „Un-
zeitige und Ungemeſſene“ in ſeinem Buche bedauern müſſe; doch ſeine
Abſicht ſei rein, ſeine Treue unerſchütterlich, die Verwarnung habe er
allein der Angeberei ſeines Todfeindes, des Geh. Raths Kamptz zu ver-
danken. Im März erfolgte ſodann die vorläufige Schließung der Turn-
plätze in der ganzen Monarchie, die Turnſperre, wie Jahn ſich ausdrückte
— ein nach dem argen Unfug der letzten Monate unvermeidlicher Schritt,
der keineswegs zur Unterdrückung des Turnens führen ſollte. Man
beabſichtigte lediglich die Turnſtunden in den regelmäßigen Schulunterricht
einzufügen und dann die Turnplätze wieder zu eröffnen; der Entwurf
einer allgemeinen Turn-Ordnung war bereits im Unterrichtsminiſterium
ausgearbeitet und lag dem Monarchen zur Unterzeichnung vor.
Am 30. März befahl Hardenberg den Miniſtern, da ſie noch immer
ſchwiegen, die Ernennung einer Commiſſion für die Ausarbeitung des
Preßgeſetzes; das Maß von Freiheit oder Beſchränkung, welches der
preußiſche Staat ſeiner Preſſe gewähre, müſſe auf den Entſchluß der
Bundesverſammlung von entſcheidendem Einfluß ſein. Der Berichter-
ſtatter der Commiſſion, Geh. Rath Hagemeiſter, ein trefflicher Juriſt aus
Suarez’s Schule, war ein Gegner der Cenſur, und da auch die Geh.
Räthe Nicolovius und Köhler die Preßfreiheit mindeſtens als Regel an-
erkennen wollten, ſo ſtand von der Commiſſion ein verſtändiger Entwurf
zu erwarten, obgleich ihr Ancillon als viertes Mitglied angehörte. Ueber-
haupt zeigte ſich noch nirgends ein Stillſtand in der Reformpolitik Har-
denbergs. Noch im Sommer, bei der Eröffnung des Rheiniſchen Kaſſa-
tionshofes zu Berlin, ſprachen Präſident Sethe und Generalprocurator
Eichhorn in feierlicher Rede die Hoffnung aus: das rheiniſche, in Wahr-
heit altdeutſche, mündliche Verfahren werde, wenn es hier die Probe be-
ſtehe, dereinſt den Schlußſtein der fridericianiſchen Juſtizverbeſſerung
bilden. Auch die Preußiſche Staatszeitung, welche Stägemann, der treue
Mitarbeiter Steins, ſeit Neujahr erſcheinen ließ, bekundete überall, daß
die Regierung in vieler Hinſicht freier dachte als die Nation; ſie verthei-
digte die neuen wirthſchaftlichen Reformgeſetze gegen das volksthümliche
Vorurtheil, und ward ſie einmal ausfällig gegen die Liberalen, ſo geſchah es
zumeiſt nur um den particulariſtiſchen Dünkel zurückzuweiſen, wenn etwa
Mallinckrodt in Dortmund oder ein anderer rheiniſch-weſtphäliſcher Schrift-
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 2: Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. Leipzig, 1882, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte02_1882/509>, abgerufen am 25.11.2024.
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