Den Fachgenossen bietet dieser Band mehr Ergebnisse neuer For- schung als der erste. Ungelehrte Leser werden leider einiger Selbstüber- windung bedürfen um sich in den spröden Stoff zu finden.
In einer Epoche weltbewegender Ereignisse, wie sie der erste Band zu schildern hatte, läßt sich die bunte Mannichfaltigkeit der deutschen Ge- schichte noch einigermaßen übersichtlich zusammenfassen. Sobald es aber gilt, in einer stillen Friedenszeit die unscheinbaren Keime neuer Entwick- lungen aufzuweisen, dann empfindet der Historiker am eigenen Leibe den Fluch eines zersplitterten nationalen Lebens. Streng nach der Zeitfolge zu berichten, was sich auf zwanzig und mehr kleinen Bühnen zugleich ereignete, ist schlechthin unmöglich. Ich habe also die gesammtdeutschen und die preußischen Zustände wieder in den Mittelpunkt der Erzählung gestellt und die Geschichte der kleinen Bundesstaaten überall da angereiht, wo sie für die Schicksale des gesammten Vaterlandes bedeutsam wird. Daher sind in diesem Bande die süddeutschen Verfassungskämpfe und die literarisch-politische Bewegung in Thüringen ausführlich behandelt. Für die Betrachtung der kleinen norddeutschen Staaten wird sich im dritten Buche die rechte Stelle finden, wenn die Frage zu beantworten ist: warum der Süden früher als der Norden in die preußische Zollgemein- schaft eintrat? Daß ich die ersten Verhandlungen des Bundestags, trotz ihrer Nichtigkeit, gründlich besprochen habe, bedarf kaum der Recht- fertigung. Ohne ein lebendiges Bild von dem Charakter der neuen Bundesgewalt bliebe der weitere Verlauf der Ereignisse unverständlich.
In den Anmerkungen sind zumeist nur ungedruckte Aktenstücke an- gegeben, da literarische Nachweisungen den Umfang des Buches allzu sehr angeschwellt hätten. Er ist ohnehin stärker geworden als ich wünschte. Eine so verworrene, durch Parteimärchen entstellte Geschichte kann nur
Vorwort.
Den Fachgenoſſen bietet dieſer Band mehr Ergebniſſe neuer For- ſchung als der erſte. Ungelehrte Leſer werden leider einiger Selbſtüber- windung bedürfen um ſich in den ſpröden Stoff zu finden.
In einer Epoche weltbewegender Ereigniſſe, wie ſie der erſte Band zu ſchildern hatte, läßt ſich die bunte Mannichfaltigkeit der deutſchen Ge- ſchichte noch einigermaßen überſichtlich zuſammenfaſſen. Sobald es aber gilt, in einer ſtillen Friedenszeit die unſcheinbaren Keime neuer Entwick- lungen aufzuweiſen, dann empfindet der Hiſtoriker am eigenen Leibe den Fluch eines zerſplitterten nationalen Lebens. Streng nach der Zeitfolge zu berichten, was ſich auf zwanzig und mehr kleinen Bühnen zugleich ereignete, iſt ſchlechthin unmöglich. Ich habe alſo die geſammtdeutſchen und die preußiſchen Zuſtände wieder in den Mittelpunkt der Erzählung geſtellt und die Geſchichte der kleinen Bundesſtaaten überall da angereiht, wo ſie für die Schickſale des geſammten Vaterlandes bedeutſam wird. Daher ſind in dieſem Bande die ſüddeutſchen Verfaſſungskämpfe und die literariſch-politiſche Bewegung in Thüringen ausführlich behandelt. Für die Betrachtung der kleinen norddeutſchen Staaten wird ſich im dritten Buche die rechte Stelle finden, wenn die Frage zu beantworten iſt: warum der Süden früher als der Norden in die preußiſche Zollgemein- ſchaft eintrat? Daß ich die erſten Verhandlungen des Bundestags, trotz ihrer Nichtigkeit, gründlich beſprochen habe, bedarf kaum der Recht- fertigung. Ohne ein lebendiges Bild von dem Charakter der neuen Bundesgewalt bliebe der weitere Verlauf der Ereigniſſe unverſtändlich.
In den Anmerkungen ſind zumeiſt nur ungedruckte Aktenſtücke an- gegeben, da literariſche Nachweiſungen den Umfang des Buches allzu ſehr angeſchwellt hätten. Er iſt ohnehin ſtärker geworden als ich wünſchte. Eine ſo verworrene, durch Parteimärchen entſtellte Geſchichte kann nur
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Vorwort.
Den Fachgenoſſen bietet dieſer Band mehr Ergebniſſe neuer For-
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windung bedürfen um ſich in den ſpröden Stoff zu finden.
In einer Epoche weltbewegender Ereigniſſe, wie ſie der erſte Band
zu ſchildern hatte, läßt ſich die bunte Mannichfaltigkeit der deutſchen Ge-
ſchichte noch einigermaßen überſichtlich zuſammenfaſſen. Sobald es aber
gilt, in einer ſtillen Friedenszeit die unſcheinbaren Keime neuer Entwick-
lungen aufzuweiſen, dann empfindet der Hiſtoriker am eigenen Leibe den
Fluch eines zerſplitterten nationalen Lebens. Streng nach der Zeitfolge
zu berichten, was ſich auf zwanzig und mehr kleinen Bühnen zugleich
ereignete, iſt ſchlechthin unmöglich. Ich habe alſo die geſammtdeutſchen
und die preußiſchen Zuſtände wieder in den Mittelpunkt der Erzählung
geſtellt und die Geſchichte der kleinen Bundesſtaaten überall da angereiht,
wo ſie für die Schickſale des geſammten Vaterlandes bedeutſam wird.
Daher ſind in dieſem Bande die ſüddeutſchen Verfaſſungskämpfe und die
literariſch-politiſche Bewegung in Thüringen ausführlich behandelt. Für
die Betrachtung der kleinen norddeutſchen Staaten wird ſich im dritten
Buche die rechte Stelle finden, wenn die Frage zu beantworten iſt:
warum der Süden früher als der Norden in die preußiſche Zollgemein-
ſchaft eintrat? Daß ich die erſten Verhandlungen des Bundestags,
trotz ihrer Nichtigkeit, gründlich beſprochen habe, bedarf kaum der Recht-
fertigung. Ohne ein lebendiges Bild von dem Charakter der neuen
Bundesgewalt bliebe der weitere Verlauf der Ereigniſſe unverſtändlich.
In den Anmerkungen ſind zumeiſt nur ungedruckte Aktenſtücke an-
gegeben, da literariſche Nachweiſungen den Umfang des Buches allzu
ſehr angeſchwellt hätten. Er iſt ohnehin ſtärker geworden als ich wünſchte.
Eine ſo verworrene, durch Parteimärchen entſtellte Geſchichte kann nur
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 2: Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. Leipzig, 1882, S. [V]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte02_1882/11>, abgerufen am 19.11.2024.
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