geschlossen, dass sie selber Werth habe, wenn sie ihn nur in einer handlichen, in gleiche Theile zerlegbaren, leicht constatirbaren Form darstellt, und mit den übrigen bekannten Eigenschaften, wie sie am meisten den sogenannten edlen Metallen zukommen, und diese sind so nothwendig, um die Werthe zu messen und ihre Verhältnisse zu einander als einheitliche Preise festzusetzen, als eine Masse ist, in welcher die Gewichte und die specifischen Gewichte der Körper ausgedrückt werden. Die Gesellschaft, welcher Gold und Silber gehört (denn es gehört Niemandem, insofern als es Geld ist: l'argent n'a pas de maeitre), bestimmt in Quanti- täten desselben die Marktpreise der Waaren, über welche das individuelle Belieben von Verkäufer und Käufer, ihr Dingen und Feilschen, nur in sehr engen Grenzen sich hinauf- oder hinunterbewegen kann. Jedoch reiner als durch irgendwelche "Münze" wird der Begriff des Geldes dar- gestellt durch eine an sich werth-lose Waare, dergleichen ein mit Zeichen versehenes Papier ist, welche also nicht blos ihre Bedeutung, sondern auch ihren Werth allein durch die Gesellschaft erhält und nicht bestimmt ist, auf irgend eine andere Weise gebraucht zu werden, als in diesem gesellschaftlichen Gebrauchedes Tausches. Da- her will Niemand solches Geld haben, um es zu haben, und Jeder, um es loszuwerden. Während alle übrigen und con- creten Dinge gut sind so lange und in dem Maasse, als sie ihre Idee durch nützliche oder angenehme Wirkungen auf den Besitzer ausdrücken, so ist dieses abstracte Ding nur gut so lange und in dem Maasse, als es auf den Nichtbesitzer einen Reiz durch die Vorstellung auszuüben vermag, dass er wiederum dieselbe Wirkung nach aussenhin dadurch aus- üben werde. Andererseits hat jedes Ding als Waare einen Antheil an dieser Qualität- und Werthlosigkeit des Geldes; jede Waare ist in einem gewissen Grade Geld, und sie ist um so besser, je mehr sie Geld ist (je currenter sie ist). -- Die Gesellschaft producirt ihren eigenen Begriff als Papiergeld und bringt ihn in Umlauf, indem sie ihm Kurs gibt. Dies gilt, insofern als der Begriff des Werthes dem Begriffe der Gesellschaft als nothwendiger Inhalt ihres Willens inhärirt. Denn Gesellschaft ist nichts
geschlossen, dass sie selber Werth habe, wenn sie ihn nur in einer handlichen, in gleiche Theile zerlegbaren, leicht constatirbaren Form darstellt, und mit den übrigen bekannten Eigenschaften, wie sie am meisten den sogenannten edlen Metallen zukommen, und diese sind so nothwendig, um die Werthe zu messen und ihre Verhältnisse zu einander als einheitliche Preise festzusetzen, als eine Masse ist, in welcher die Gewichte und die specifischen Gewichte der Körper ausgedrückt werden. Die Gesellschaft, welcher Gold und Silber gehört (denn es gehört Niemandem, insofern als es Geld ist: l’argent n’a pas de maître), bestimmt in Quanti- täten desselben die Marktpreise der Waaren, über welche das individuelle Belieben von Verkäufer und Käufer, ihr Dingen und Feilschen, nur in sehr engen Grenzen sich hinauf- oder hinunterbewegen kann. Jedoch reiner als durch irgendwelche »Münze« wird der Begriff des Geldes dar- gestellt durch eine an sich werth-lose Waare, dergleichen ein mit Zeichen versehenes Papier ist, welche also nicht blos ihre Bedeutung, sondern auch ihren Werth allein durch die Gesellschaft erhält und nicht bestimmt ist, auf irgend eine andere Weise gebraucht zu werden, als in diesem gesellschaftlichen Gebrauchedes Tausches. Da- her will Niemand solches Geld haben, um es zu haben, und Jeder, um es loszuwerden. Während alle übrigen und con- creten Dinge gut sind so lange und in dem Maasse, als sie ihre Idee durch nützliche oder angenehme Wirkungen auf den Besitzer ausdrücken, so ist dieses abstracte Ding nur gut so lange und in dem Maasse, als es auf den Nichtbesitzer einen Reiz durch die Vorstellung auszuüben vermag, dass er wiederum dieselbe Wirkung nach aussenhin dadurch aus- üben werde. Andererseits hat jedes Ding als Waare einen Antheil an dieser Qualität- und Werthlosigkeit des Geldes; jede Waare ist in einem gewissen Grade Geld, und sie ist um so besser, je mehr sie Geld ist (je currenter sie ist). — Die Gesellschaft producirt ihren eigenen Begriff als Papiergeld und bringt ihn in Umlauf, indem sie ihm Kurs gibt. Dies gilt, insofern als der Begriff des Werthes dem Begriffe der Gesellschaft als nothwendiger Inhalt ihres Willens inhärirt. Denn Gesellschaft ist nichts
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><hirendition="#g"><pbfacs="#f0089"n="53"/>
geschlossen</hi>, dass sie selber Werth habe, wenn sie ihn<lb/>
nur in einer handlichen, in gleiche Theile zerlegbaren, leicht<lb/>
constatirbaren Form darstellt, und mit den übrigen bekannten<lb/>
Eigenschaften, wie sie am meisten den sogenannten edlen<lb/>
Metallen zukommen, und diese sind so nothwendig, um die<lb/>
Werthe zu messen und ihre Verhältnisse zu einander als<lb/>
einheitliche Preise festzusetzen, als eine Masse ist, in welcher<lb/>
die Gewichte und die specifischen Gewichte der Körper<lb/>
ausgedrückt werden. Die Gesellschaft, welcher Gold und<lb/>
Silber gehört (denn es gehört Niemandem, insofern als es<lb/>
Geld ist: <hirendition="#i">l’argent n’a pas de maître</hi>), bestimmt in Quanti-<lb/>
täten desselben die Marktpreise der Waaren, über welche<lb/>
das individuelle Belieben von Verkäufer und Käufer, ihr<lb/>
Dingen und Feilschen, nur in sehr engen Grenzen sich<lb/>
hinauf- oder hinunterbewegen kann. Jedoch reiner als durch<lb/>
irgendwelche »Münze« wird der <hirendition="#b">Begriff des Geldes</hi> dar-<lb/>
gestellt durch eine an sich <hirendition="#g">werth-lose</hi> Waare, dergleichen<lb/>
ein mit Zeichen versehenes <hirendition="#g">Papier</hi> ist, welche also nicht<lb/>
blos ihre Bedeutung, sondern auch ihren Werth <hirendition="#g">allein</hi><lb/>
durch die Gesellschaft <hirendition="#g">erhält</hi> und nicht bestimmt ist, auf<lb/>
irgend eine andere Weise gebraucht zu werden, als in<lb/>
diesem gesellschaftlichen <hirendition="#g">Gebrauchedes Tausches</hi>. Da-<lb/>
her will Niemand solches Geld haben, um es zu haben, und<lb/>
Jeder, um es loszuwerden. Während alle übrigen und con-<lb/>
creten Dinge gut sind so lange und in dem Maasse, als sie<lb/>
ihre Idee durch nützliche oder angenehme Wirkungen auf<lb/>
den Besitzer ausdrücken, so ist dieses abstracte Ding nur gut<lb/>
so lange und in dem Maasse, als es auf den Nichtbesitzer<lb/>
einen Reiz durch die Vorstellung auszuüben vermag, dass<lb/>
er wiederum dieselbe Wirkung nach aussenhin dadurch aus-<lb/>
üben werde. Andererseits hat <hirendition="#g">jedes</hi> Ding <hirendition="#g">als Waare</hi><lb/>
einen <hirendition="#g">Antheil</hi> an dieser Qualität- und Werthlosigkeit des<lb/>
Geldes; jede Waare <hirendition="#g">ist</hi> in einem gewissen Grade Geld,<lb/>
und sie ist um so besser, je mehr sie Geld ist (je currenter<lb/>
sie ist). — Die Gesellschaft producirt ihren eigenen Begriff<lb/>
als <hirendition="#g">Papiergeld</hi> und bringt ihn in Umlauf, indem sie<lb/>
ihm Kurs gibt. Dies gilt, insofern als der Begriff des<lb/>
Werthes dem Begriffe der Gesellschaft als nothwendiger<lb/>
Inhalt ihres Willens inhärirt. Denn Gesellschaft ist nichts<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[53/0089]
geschlossen, dass sie selber Werth habe, wenn sie ihn
nur in einer handlichen, in gleiche Theile zerlegbaren, leicht
constatirbaren Form darstellt, und mit den übrigen bekannten
Eigenschaften, wie sie am meisten den sogenannten edlen
Metallen zukommen, und diese sind so nothwendig, um die
Werthe zu messen und ihre Verhältnisse zu einander als
einheitliche Preise festzusetzen, als eine Masse ist, in welcher
die Gewichte und die specifischen Gewichte der Körper
ausgedrückt werden. Die Gesellschaft, welcher Gold und
Silber gehört (denn es gehört Niemandem, insofern als es
Geld ist: l’argent n’a pas de maître), bestimmt in Quanti-
täten desselben die Marktpreise der Waaren, über welche
das individuelle Belieben von Verkäufer und Käufer, ihr
Dingen und Feilschen, nur in sehr engen Grenzen sich
hinauf- oder hinunterbewegen kann. Jedoch reiner als durch
irgendwelche »Münze« wird der Begriff des Geldes dar-
gestellt durch eine an sich werth-lose Waare, dergleichen
ein mit Zeichen versehenes Papier ist, welche also nicht
blos ihre Bedeutung, sondern auch ihren Werth allein
durch die Gesellschaft erhält und nicht bestimmt ist, auf
irgend eine andere Weise gebraucht zu werden, als in
diesem gesellschaftlichen Gebrauchedes Tausches. Da-
her will Niemand solches Geld haben, um es zu haben, und
Jeder, um es loszuwerden. Während alle übrigen und con-
creten Dinge gut sind so lange und in dem Maasse, als sie
ihre Idee durch nützliche oder angenehme Wirkungen auf
den Besitzer ausdrücken, so ist dieses abstracte Ding nur gut
so lange und in dem Maasse, als es auf den Nichtbesitzer
einen Reiz durch die Vorstellung auszuüben vermag, dass
er wiederum dieselbe Wirkung nach aussenhin dadurch aus-
üben werde. Andererseits hat jedes Ding als Waare
einen Antheil an dieser Qualität- und Werthlosigkeit des
Geldes; jede Waare ist in einem gewissen Grade Geld,
und sie ist um so besser, je mehr sie Geld ist (je currenter
sie ist). — Die Gesellschaft producirt ihren eigenen Begriff
als Papiergeld und bringt ihn in Umlauf, indem sie
ihm Kurs gibt. Dies gilt, insofern als der Begriff des
Werthes dem Begriffe der Gesellschaft als nothwendiger
Inhalt ihres Willens inhärirt. Denn Gesellschaft ist nichts
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/89>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.