stellung der Bedingungen und Formen der kapitalistischen Production, ist das Werk der Handelsklasse, welche in ihrer Natur und Tendenz und meistens auch in ihrem Ursprunge ebenso international, als national, als grosstädtisch ist, und das heisst: gesellschaftlich. Nach ihr werden es mehr und mehr alle bisherigen Stände und Würdenträger, zuletzt, wenigstens der Tendenz nach, das ganze bisherige Volk. Mit Ort und Bedingungen ihres täglichen Lebens verändern die Menschen ihr Temperament; es wird hastig und wechselnd durch unruhiges Streben. Zugleich mit dieser Umwälzung der socialen Ordnung und in parallelem Fortschritte vollzieht sich eine allmähliche Verwandlung des Rechtes, nach seinem Inhalte und nach seinen Formen. Der reine Contract wird die Basis des gesammten Systemes, und die Willkür der Gesellschaft, durch ihr Interesse be- stimmt, erscheint mehr und mehr, theils an und für sich, theils als vollstreckender Staatswille, als der alleinige Ur- heber, Erhalter und Beweger der Rechts-Ordnung, welche sie mithin von Grund aus verändern zu können und zu dürfen gedacht wird, nach ihrem Mögen und Belieben, das aber um ihrer selbst willen ein nützliches oder zweck- mässiges sein wird. So verwandelt sich Recht, seiner Form nach, aus einem Gebilde der Sitte, oder aus Ge- wohnheitsrecht, zuletzt in ausschliessliches Gesetzesrecht, ein Product der Politik. Es sind nur noch als agirende Potenzen vorhanden: der Staat und seine Abtheilungen, und die Individuen; an Stelle natürlich erwachsener, zahl- reicher und mannigfacher Genossenschaften, Gemeinden und Gemeinwesen. Und wie diese die Charaktere der Men- schen mitbestimmt haben, so werden dieselben verändert in Accommodation an neue und willkürliche Rechtsbildungen; sie verlieren den Halt, den sie an der Sitte und an der Ueberzeugung von ihrer Gültigkeit gehabt haben.
Endlich tritt im Verfolge, unter Wirkung dieser Verän- derungen und unter Rückwirkung auf dieselben, eine vollkom- mene Verkehrung des geistigen Lebens ein. Ursprünglich durchaus in der Phantasie wurzelnd, wird es nun abhängig vom Denken. Dort steht im Mittelpunkte der Glaube an un- sichtbare Wesen, Geister und Götter, hier die Erkenntniss
stellung der Bedingungen und Formen der kapitalistischen Production, ist das Werk der Handelsklasse, welche in ihrer Natur und Tendenz und meistens auch in ihrem Ursprunge ebenso international, als national, als grosstädtisch ist, und das heisst: gesellschaftlich. Nach ihr werden es mehr und mehr alle bisherigen Stände und Würdenträger, zuletzt, wenigstens der Tendenz nach, das ganze bisherige Volk. Mit Ort und Bedingungen ihres täglichen Lebens verändern die Menschen ihr Temperament; es wird hastig und wechselnd durch unruhiges Streben. Zugleich mit dieser Umwälzung der socialen Ordnung und in parallelem Fortschritte vollzieht sich eine allmähliche Verwandlung des Rechtes, nach seinem Inhalte und nach seinen Formen. Der reine Contract wird die Basis des gesammten Systemes, und die Willkür der Gesellschaft, durch ihr Interesse be- stimmt, erscheint mehr und mehr, theils an und für sich, theils als vollstreckender Staatswille, als der alleinige Ur- heber, Erhalter und Beweger der Rechts-Ordnung, welche sie mithin von Grund aus verändern zu können und zu dürfen gedacht wird, nach ihrem Mögen und Belieben, das aber um ihrer selbst willen ein nützliches oder zweck- mässiges sein wird. So verwandelt sich Recht, seiner Form nach, aus einem Gebilde der Sitte, oder aus Ge- wohnheitsrecht, zuletzt in ausschliessliches Gesetzesrecht, ein Product der Politik. Es sind nur noch als agirende Potenzen vorhanden: der Staat und seine Abtheilungen, und die Individuen; an Stelle natürlich erwachsener, zahl- reicher und mannigfacher Genossenschaften, Gemeinden und Gemeinwesen. Und wie diese die Charaktere der Men- schen mitbestimmt haben, so werden dieselben verändert in Accommodation an neue und willkürliche Rechtsbildungen; sie verlieren den Halt, den sie an der Sitte und an der Ueberzeugung von ihrer Gültigkeit gehabt haben.
Endlich tritt im Verfolge, unter Wirkung dieser Verän- derungen und unter Rückwirkung auf dieselben, eine vollkom- mene Verkehrung des geistigen Lebens ein. Ursprünglich durchaus in der Phantasie wurzelnd, wird es nun abhängig vom Denken. Dort steht im Mittelpunkte der Glaube an un- sichtbare Wesen, Geister und Götter, hier die Erkenntniss
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ebenso international, als national, als grosstädtisch ist, und
das heisst: gesellschaftlich. Nach ihr werden es mehr und
mehr alle bisherigen Stände und Würdenträger, zuletzt,
wenigstens der Tendenz nach, das ganze bisherige Volk.
Mit Ort und Bedingungen ihres täglichen Lebens verändern
die Menschen ihr Temperament; es wird hastig und
wechselnd durch unruhiges Streben. Zugleich mit dieser
Umwälzung der socialen Ordnung und in parallelem
Fortschritte vollzieht sich eine allmähliche Verwandlung des
Rechtes, nach seinem Inhalte und nach seinen Formen.
Der reine Contract wird die Basis des gesammten Systemes,
und die Willkür der Gesellschaft, durch ihr Interesse be-
stimmt, erscheint mehr und mehr, theils an und für sich,
theils als vollstreckender Staatswille, als der alleinige Ur-
heber, Erhalter und Beweger der Rechts-Ordnung,
welche sie mithin von Grund aus verändern zu können und
zu dürfen gedacht wird, nach ihrem Mögen und Belieben,
das aber um ihrer selbst willen ein nützliches oder zweck-
mässiges sein wird. So verwandelt sich Recht, seiner
Form nach, aus einem Gebilde der Sitte, oder aus Ge-
wohnheitsrecht, zuletzt in ausschliessliches Gesetzesrecht,
ein Product der Politik. Es sind nur noch als agirende
Potenzen vorhanden: der Staat und seine Abtheilungen,
und die Individuen; an Stelle natürlich erwachsener, zahl-
reicher und mannigfacher Genossenschaften, Gemeinden und
Gemeinwesen. Und wie diese die Charaktere der Men-
schen mitbestimmt haben, so werden dieselben verändert in
Accommodation an neue und willkürliche Rechtsbildungen;
sie verlieren den Halt, den sie an der Sitte und an der
Ueberzeugung von ihrer Gültigkeit gehabt haben.
Endlich tritt im Verfolge, unter Wirkung dieser Verän-
derungen und unter Rückwirkung auf dieselben, eine vollkom-
mene Verkehrung des geistigen Lebens ein. Ursprünglich
durchaus in der Phantasie wurzelnd, wird es nun abhängig vom
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/317>, abgerufen am 22.11.2024.
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