gesellschaftliche Vermögen theils überhaupt auf zweckmässige Weise zu verwalten, theils insbesondere zum grössten mög- lichen Vortheile der Theilhaber. So ist eines Jeden Antheil in Wirklichkeit nur ein projicirtes und unter besondere, von ihm selber (wenn überhaupt so) blos mit-abhängige Ver- waltung gestelltes Stück seines Vermögens; wie auch jeder für sich zu seinem Geschäfte oder seinen Geschäften wie zu fremden, obgleich von ihm selber fingirten Personen sich verhalten kann, sein privates und Genuss-Vermögen als das eigentlich Seine behauptend. Während aber jene Geschäfte zwar nach aussen hin (im Handelsrecht) als be- sondere Personen figuriren können, niemals jedoch auf öffent- liche Weise gegen ihr eigenes Subject oder gar gegen ein- ander (sondern nichts sind als er selbst, in besonderen und anerkannten Ausdrücken; so dass in der That auch mehrere solche in den wichtigsten Beziehungen selber als eine und dieselbe Person gelten müssen); anders verhält es sich mit Vermögens-Gesellschaften, wenigstens rechtlich- möglicher Weise; denn es kann zwar auch eine solche mit der Vereinigung ihrer Subjecte -- obschon einer Ver- einigung zu diesem bestimmten Zwecke -- insoweit identisch sein, dass sie (als eine eigentliche Societät oder offene Gesellschaft) nur für und nicht gegen dieselben vorhanden ist, mithin auch keine einheitliche juristische Person dar- stellend (keine universitas, so wenig als das Geschäft, unab- hängig von seinem Inhaber, dies sein kann, wenn es auch als "Firma" die Person desselben zu perpetuiren vermag), sondern allein die in gewissen Folgen als Einheit geltende Mehrheit der theilhabenden Personen. Hingegen wird die Vermögens-Gesellschaft frei und selbständig, wenn sie selbst als ein der Repräsentation bedürfendes Subject vorgestellt wird, das zwar ohne Obligationen in Bezug auf ihre Actio- näre (welche darum so heissen, weil sie eine Klage, frz. action, gegen die Gesellschaft haben) nicht denkbar ist, zu- gleich aber ein vollkommenes Eigenthum an dem zu- sammengetragenen Vermögen inne hat, und gleich jeder an- deren Person bis zur Höhe ihres Eigenthums für eingegangene Verbindlichkeiten haftet. Andere Formen von Associationen des Vermögens, wie die eingetragene Genossenschaft, mit
gesellschaftliche Vermögen theils überhaupt auf zweckmässige Weise zu verwalten, theils insbesondere zum grössten mög- lichen Vortheile der Theilhaber. So ist eines Jeden Antheil in Wirklichkeit nur ein projicirtes und unter besondere, von ihm selber (wenn überhaupt so) blos mit-abhängige Ver- waltung gestelltes Stück seines Vermögens; wie auch jeder für sich zu seinem Geschäfte oder seinen Geschäften wie zu fremden, obgleich von ihm selber fingirten Personen sich verhalten kann, sein privates und Genuss-Vermögen als das eigentlich Seine behauptend. Während aber jene Geschäfte zwar nach aussen hin (im Handelsrecht) als be- sondere Personen figuriren können, niemals jedoch auf öffent- liche Weise gegen ihr eigenes Subject oder gar gegen ein- ander (sondern nichts sind als er selbst, in besonderen und anerkannten Ausdrücken; so dass in der That auch mehrere solche in den wichtigsten Beziehungen selber als eine und dieselbe Person gelten müssen); anders verhält es sich mit Vermögens-Gesellschaften, wenigstens rechtlich- möglicher Weise; denn es kann zwar auch eine solche mit der Vereinigung ihrer Subjecte — obschon einer Ver- einigung zu diesem bestimmten Zwecke — insoweit identisch sein, dass sie (als eine eigentliche Societät oder offene Gesellschaft) nur für und nicht gegen dieselben vorhanden ist, mithin auch keine einheitliche juristische Person dar- stellend (keine universitas, so wenig als das Geschäft, unab- hängig von seinem Inhaber, dies sein kann, wenn es auch als »Firma« die Person desselben zu perpetuiren vermag), sondern allein die in gewissen Folgen als Einheit geltende Mehrheit der theilhabenden Personen. Hingegen wird die Vermögens-Gesellschaft frei und selbständig, wenn sie selbst als ein der Repräsentation bedürfendes Subject vorgestellt wird, das zwar ohne Obligationen in Bezug auf ihre Actio- näre (welche darum so heissen, weil sie eine Klage, frz. action, gegen die Gesellschaft haben) nicht denkbar ist, zu- gleich aber ein vollkommenes Eigenthum an dem zu- sammengetragenen Vermögen inne hat, und gleich jeder an- deren Person bis zur Höhe ihres Eigenthums für eingegangene Verbindlichkeiten haftet. Andere Formen von Associationen des Vermögens, wie die eingetragene Genossenschaft, mit
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gesellschaftliche Vermögen theils überhaupt auf zweckmässige
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von ihm selber (wenn überhaupt so) blos mit-abhängige Ver-
waltung gestelltes Stück seines Vermögens; wie auch jeder
für sich zu seinem Geschäfte oder seinen Geschäften wie
zu fremden, obgleich von ihm selber fingirten Personen
sich verhalten kann, sein privates und Genuss-Vermögen
als das eigentlich Seine behauptend. Während aber jene
Geschäfte zwar nach aussen hin (im Handelsrecht) als be-
sondere Personen figuriren können, niemals jedoch auf öffent-
liche Weise gegen ihr eigenes Subject oder gar gegen ein-
ander (sondern nichts sind als er selbst, in besonderen und
anerkannten Ausdrücken; so dass in der That auch mehrere
solche in den wichtigsten Beziehungen selber als eine und
dieselbe Person gelten müssen); anders verhält es sich
mit Vermögens-Gesellschaften, wenigstens rechtlich-
möglicher Weise; denn es kann zwar auch eine solche
mit der Vereinigung ihrer Subjecte — obschon einer Ver-
einigung zu diesem bestimmten Zwecke — insoweit
identisch sein, dass sie (als eine eigentliche Societät oder offene
Gesellschaft) nur für und nicht gegen dieselben vorhanden
ist, mithin auch keine einheitliche juristische Person dar-
stellend (keine universitas, so wenig als das Geschäft, unab-
hängig von seinem Inhaber, dies sein kann, wenn es auch
als »Firma« die Person desselben zu perpetuiren vermag),
sondern allein die in gewissen Folgen als Einheit geltende
Mehrheit der theilhabenden Personen. Hingegen wird die
Vermögens-Gesellschaft frei und selbständig, wenn sie selbst
als ein der Repräsentation bedürfendes Subject vorgestellt
wird, das zwar ohne Obligationen in Bezug auf ihre Actio-
näre (welche darum so heissen, weil sie eine Klage, frz.
action, gegen die Gesellschaft haben) nicht denkbar ist, zu-
gleich aber ein vollkommenes Eigenthum an dem zu-
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/269>, abgerufen am 26.11.2024.
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