gestellt werden. Solche sind also die correlaten Begriffe von Leidenschaft, Muth, Genie. Da nämlich diese auf eine Bedeutung eingeschränkt werden können, wo sie den Willen als Naturkraft, Begabung (obgleich in so verschiedenen Anwendungen) bezeichnen, so gelten jene noch besonders als vernünftiger Wille, die Principien menschlicher Be- mühung, Uebung, Arbeit. -- Aber in diesen Tugenden und ihren mannigfachen Variationen wird doch die eigentliche und moralische Güte des Willens, wird daher die Güte des Menschen nicht gefunden. Wie man durch seine Fähigkeiten und Künste etwas Besonderes Seltenes Nütz- liches ist, und ein guter Handwerker, ein guter Soldat, ein guter Schriftsteller heissen mag, aber nicht ein guter Mensch: so ist man durch jene Tugenden, durch guten energischen Willen in Bezug auf irgendwelche vorgestellte Leistungen vielleicht ein tüchtiger, ein bedeutender, aber niemals ein guter Mensch. Die Gutheit (um so für den allgemeinen Begriff zu sagen) des Menschen wird allein in sein Verhalten zu anderen Menschen gesetzt, hat daher allein auf jene zweite Reihe der Ausdrücke des Wesenwillens Bezug. Sie ist die unmittelbar freundlich-günstige Tendenz des Willens, die Rücksicht ("Blüthe edelsten Gemüthes", wie ein Dichter sagt), bereitwillige Mitfreude und Mitleid, die Anhänglichkeit und dankbare Erinnerung an freund- liche Gefährten des Lebens. So mögen wir die Reinheit und Schönheit der "Gesinnung" als Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit; die Tiefe, wie wir sagen, und den Adel des "Gemüthes" insonderheit als Güte; aber die Gutheit und Rechtschaffenheit des "Gewissens", jene zarte vielleicht ängst- liche Gewissenhaftigkeit, als Treue bestimmen. Von diesen dreien können alle natürlichen moralischen Werthe abge- leitet werden. Im Vergleiche mit solchen müssen aber jene ge- meinen Tüchtigkeiten des Willens, so bedeutend auch sonst ihre Würdigung sein mag, als indifferente auf dem mora- lischen Gebiete erscheinen. Aus der Vermischung der einen mit der anderen Gattung von Urtheilen entspringt in der- gleichen Erörterungen vieles Gewirre. Aber allerdings ge- winnen jene indifferenten Tugenden moralische Bedeutung, insofern als sie erfreuen, fremdes Wohl fördern, nützliche
gestellt werden. Solche sind also die correlaten Begriffe von Leidenschaft, Muth, Genie. Da nämlich diese auf eine Bedeutung eingeschränkt werden können, wo sie den Willen als Naturkraft, Begabung (obgleich in so verschiedenen Anwendungen) bezeichnen, so gelten jene noch besonders als vernünftiger Wille, die Principien menschlicher Be- mühung, Uebung, Arbeit. — Aber in diesen Tugenden und ihren mannigfachen Variationen wird doch die eigentliche und moralische Güte des Willens, wird daher die Güte des Menschen nicht gefunden. Wie man durch seine Fähigkeiten und Künste etwas Besonderes Seltenes Nütz- liches ist, und ein guter Handwerker, ein guter Soldat, ein guter Schriftsteller heissen mag, aber nicht ein guter Mensch: so ist man durch jene Tugenden, durch guten energischen Willen in Bezug auf irgendwelche vorgestellte Leistungen vielleicht ein tüchtiger, ein bedeutender, aber niemals ein guter Mensch. Die Gutheit (um so für den allgemeinen Begriff zu sagen) des Menschen wird allein in sein Verhalten zu anderen Menschen gesetzt, hat daher allein auf jene zweite Reihe der Ausdrücke des Wesenwillens Bezug. Sie ist die unmittelbar freundlich-günstige Tendenz des Willens, die Rücksicht (»Blüthe edelsten Gemüthes«, wie ein Dichter sagt), bereitwillige Mitfreude und Mitleid, die Anhänglichkeit und dankbare Erinnerung an freund- liche Gefährten des Lebens. So mögen wir die Reinheit und Schönheit der »Gesinnung« als Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit; die Tiefe, wie wir sagen, und den Adel des »Gemüthes« insonderheit als Güte; aber die Gutheit und Rechtschaffenheit des »Gewissens«, jene zarte vielleicht ängst- liche Gewissenhaftigkeit, als Treue bestimmen. Von diesen dreien können alle natürlichen moralischen Werthe abge- leitet werden. Im Vergleiche mit solchen müssen aber jene ge- meinen Tüchtigkeiten des Willens, so bedeutend auch sonst ihre Würdigung sein mag, als indifferente auf dem mora- lischen Gebiete erscheinen. Aus der Vermischung der einen mit der anderen Gattung von Urtheilen entspringt in der- gleichen Erörterungen vieles Gewirre. Aber allerdings ge- winnen jene indifferenten Tugenden moralische Bedeutung, insofern als sie erfreuen, fremdes Wohl fördern, nützliche
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gestellt werden. Solche sind also die correlaten Begriffe
von Leidenschaft, Muth, Genie. Da nämlich diese auf eine
Bedeutung eingeschränkt werden können, wo sie den Willen
als Naturkraft, Begabung (obgleich in so verschiedenen
Anwendungen) bezeichnen, so gelten jene noch besonders
als vernünftiger Wille, die Principien menschlicher Be-
mühung, Uebung, Arbeit. — Aber in diesen Tugenden und
ihren mannigfachen Variationen wird doch die eigentliche
und moralische Güte des Willens, wird daher die Güte
des Menschen nicht gefunden. Wie man durch seine
Fähigkeiten und Künste etwas Besonderes Seltenes Nütz-
liches ist, und ein guter Handwerker, ein guter Soldat, ein
guter Schriftsteller heissen mag, aber nicht ein guter
Mensch: so ist man durch jene Tugenden, durch guten
energischen Willen in Bezug auf irgendwelche vorgestellte
Leistungen vielleicht ein tüchtiger, ein bedeutender, aber
niemals ein guter Mensch. Die Gutheit (um so für den
allgemeinen Begriff zu sagen) des Menschen wird allein in
sein Verhalten zu anderen Menschen gesetzt, hat daher allein
auf jene zweite Reihe der Ausdrücke des Wesenwillens
Bezug. Sie ist die unmittelbar freundlich-günstige Tendenz
des Willens, die Rücksicht (»Blüthe edelsten Gemüthes«,
wie ein Dichter sagt), bereitwillige Mitfreude und Mitleid,
die Anhänglichkeit und dankbare Erinnerung an freund-
liche Gefährten des Lebens. So mögen wir die Reinheit
und Schönheit der »Gesinnung« als Aufrichtigkeit und
Wahrhaftigkeit; die Tiefe, wie wir sagen, und den Adel des
»Gemüthes« insonderheit als Güte; aber die Gutheit und
Rechtschaffenheit des »Gewissens«, jene zarte vielleicht ängst-
liche Gewissenhaftigkeit, als Treue bestimmen. Von diesen
dreien können alle natürlichen moralischen Werthe abge-
leitet werden. Im Vergleiche mit solchen müssen aber jene ge-
meinen Tüchtigkeiten des Willens, so bedeutend auch sonst
ihre Würdigung sein mag, als indifferente auf dem mora-
lischen Gebiete erscheinen. Aus der Vermischung der einen
mit der anderen Gattung von Urtheilen entspringt in der-
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winnen jene indifferenten Tugenden moralische Bedeutung,
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/157>, abgerufen am 22.11.2024.
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