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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887.

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Entwicklung der Technik: theils die Auflösung kunst-
hafter Arbeit in ihre Elemente durch Simplification und
die Vertheilung dieser zusammenhängenden, aber mit Ab-
sicht geschiedenen Stücke an dafür geschulte Specialisten;
theils, und besonders, die Erfindung von Werkzeugen,
welche über den Leib der einzelnen Arbeiter-Familie, und
über den Raum ihres Hauses ins Ungeheure hinauswachsen,
d. i. der Maschinerie. Die Wirkung ist dieselbe, wenn
die Haus-Werkstätte des selbständigen Meisters von ihm
selber zur Fabrik-Werkstätte erweitert, das Mannes-Werk-
zeug durch Massenwerkzeuge ersetzt wird. Hiernach sind
in der gesammten Entwicklung der Herrschaft des Handels
über die Arbeit, oder der Industrie, die 3 Phasen zu unter-
scheiden (gemäss der meisterhaften Analyse von K. Marx,
mit einer kleinen Modification der Auffassung), von welchen
aber die beiden letzten enger mit einander zusammenhängen,
als mit der ersten, nämlich 1) die einfache Cooperation,
2) die Manufactur, 3) die maschinenhafte (eigentliche und
grosse) Industrie. Der Begriff der Fabrik -- als der manu-
facture reunie
-- kann die beiden letzten Arten decken,
und so passender Weise der abhängigen Hausindustrie --
als der manufacture separee -- entgegengesetzt werden. --
Die Herrschaft des Handels oder des Kapitals hat zwar ihre
eigentliche und natürliche Sphäre in der gewerbeartigen
Production, wofür viele Ursachen zusammenkommen, von
welchen die wichtigsten ziemlich evident sind und nicht
hier erörtert zu werden brauchen. Dennoch hat sie ihre
Parallele in der Landwirthschaft, welche von ihrem Range
als Mutter aller regelmässigen Arbeit zu einem Zweige
der nationalen oder Welt-Industrie erniedrigt wird. Wenn
auch die besprochene Herrschaft des Landlords nicht direct
auf Waaren-Production ausgeht, so befördert sie doch die-
selbe, da die Geldrente den Producenten zwingt, den theuer-
sten Markt zu erstreben. Neben dem Landlord steht für
den Bauern der Kornhändler und der Wucherer, mit der
Absicht und dem Verstande, einen möglichst grossen Theil
seines in Geld zu verwandelnden Schweisses sich anzueignen.
Aber mit selbständiger Waarenproduction erhebt sich der
Gutshof über den Bauernhof: zuerst die Bauern als dienende

Entwicklung der Technik: theils die Auflösung kunst-
hafter Arbeit in ihre Elemente durch Simplification und
die Vertheilung dieser zusammenhängenden, aber mit Ab-
sicht geschiedenen Stücke an dafür geschulte Specialisten;
theils, und besonders, die Erfindung von Werkzeugen,
welche über den Leib der einzelnen Arbeiter-Familie, und
über den Raum ihres Hauses ins Ungeheure hinauswachsen,
d. i. der Maschinerie. Die Wirkung ist dieselbe, wenn
die Haus-Werkstätte des selbständigen Meisters von ihm
selber zur Fabrik-Werkstätte erweitert, das Mannes-Werk-
zeug durch Massenwerkzeuge ersetzt wird. Hiernach sind
in der gesammten Entwicklung der Herrschaft des Handels
über die Arbeit, oder der Industrie, die 3 Phasen zu unter-
scheiden (gemäss der meisterhaften Analyse von K. Marx,
mit einer kleinen Modification der Auffassung), von welchen
aber die beiden letzten enger mit einander zusammenhängen,
als mit der ersten, nämlich 1) die einfache Cooperation,
2) die Manufactur, 3) die maschinenhafte (eigentliche und
grosse) Industrie. Der Begriff der Fabrik — als der manu-
facture réunie
— kann die beiden letzten Arten decken,
und so passender Weise der abhängigen Hausindustrie —
als der manufacture séparée — entgegengesetzt werden. —
Die Herrschaft des Handels oder des Kapitals hat zwar ihre
eigentliche und natürliche Sphäre in der gewerbeartigen
Production, wofür viele Ursachen zusammenkommen, von
welchen die wichtigsten ziemlich evident sind und nicht
hier erörtert zu werden brauchen. Dennoch hat sie ihre
Parallele in der Landwirthschaft, welche von ihrem Range
als Mutter aller regelmässigen Arbeit zu einem Zweige
der nationalen oder Welt-Industrie erniedrigt wird. Wenn
auch die besprochene Herrschaft des Landlords nicht direct
auf Waaren-Production ausgeht, so befördert sie doch die-
selbe, da die Geldrente den Producenten zwingt, den theuer-
sten Markt zu erstreben. Neben dem Landlord steht für
den Bauern der Kornhändler und der Wucherer, mit der
Absicht und dem Verstande, einen möglichst grossen Theil
seines in Geld zu verwandelnden Schweisses sich anzueignen.
Aber mit selbständiger Waarenproduction erhebt sich der
Gutshof über den Bauernhof: zuerst die Bauern als dienende

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[78/0114] Entwicklung der Technik: theils die Auflösung kunst- hafter Arbeit in ihre Elemente durch Simplification und die Vertheilung dieser zusammenhängenden, aber mit Ab- sicht geschiedenen Stücke an dafür geschulte Specialisten; theils, und besonders, die Erfindung von Werkzeugen, welche über den Leib der einzelnen Arbeiter-Familie, und über den Raum ihres Hauses ins Ungeheure hinauswachsen, d. i. der Maschinerie. Die Wirkung ist dieselbe, wenn die Haus-Werkstätte des selbständigen Meisters von ihm selber zur Fabrik-Werkstätte erweitert, das Mannes-Werk- zeug durch Massenwerkzeuge ersetzt wird. Hiernach sind in der gesammten Entwicklung der Herrschaft des Handels über die Arbeit, oder der Industrie, die 3 Phasen zu unter- scheiden (gemäss der meisterhaften Analyse von K. Marx, mit einer kleinen Modification der Auffassung), von welchen aber die beiden letzten enger mit einander zusammenhängen, als mit der ersten, nämlich 1) die einfache Cooperation, 2) die Manufactur, 3) die maschinenhafte (eigentliche und grosse) Industrie. Der Begriff der Fabrik — als der manu- facture réunie — kann die beiden letzten Arten decken, und so passender Weise der abhängigen Hausindustrie — als der manufacture séparée — entgegengesetzt werden. — Die Herrschaft des Handels oder des Kapitals hat zwar ihre eigentliche und natürliche Sphäre in der gewerbeartigen Production, wofür viele Ursachen zusammenkommen, von welchen die wichtigsten ziemlich evident sind und nicht hier erörtert zu werden brauchen. Dennoch hat sie ihre Parallele in der Landwirthschaft, welche von ihrem Range als Mutter aller regelmässigen Arbeit zu einem Zweige der nationalen oder Welt-Industrie erniedrigt wird. Wenn auch die besprochene Herrschaft des Landlords nicht direct auf Waaren-Production ausgeht, so befördert sie doch die- selbe, da die Geldrente den Producenten zwingt, den theuer- sten Markt zu erstreben. Neben dem Landlord steht für den Bauern der Kornhändler und der Wucherer, mit der Absicht und dem Verstande, einen möglichst grossen Theil seines in Geld zu verwandelnden Schweisses sich anzueignen. Aber mit selbständiger Waarenproduction erhebt sich der Gutshof über den Bauernhof: zuerst die Bauern als dienende

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Zitationshilfe: Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/114>, abgerufen am 24.11.2024.