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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

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Die einzige glaubwürdige Ursache, um derentwillen sich ein Mensch mit Vernunft entschließen kan, ein Mitglied einer Geselschaft, ein Bürger eines Staats zu werden, ist unstreitig die, daß er glaubt, in dieser Verbindung glüklich zufein. Wird er aber sich glüklich schäzen können, wenn er so unterwürfig wird, daß ihm jede Freiheit, jedes Recht, jeder Vorzug, den ihm die Natur, oder die gesellschaftlige Verbindung gegeben haben, durch den unumschränkten Willen eines andern benommen werden kan? Und wird nicht eine Befugniß, die sich soweit erstreket, denjenigen, der durch sie leidet, in eine Art der Sklaverei stürzen, die sich nicht größer, nicht abscheulicher denken läßt? Zwar sind verschiedene Lehrer der Staatskunft kühn genug gewesen, zu behaupten, daß jeder, der sich der Herschaft anderer unterwirft, eben dadurch allen Gerechtsamen entfage, die ihm sonst von Natur, oder aus andern Ursachen zukommen- Aber, was für scheinbare Gründe sie auch zur Unterstüzung ihrer Meinung anführen, so ist es doch gewis, daß eine solche Entsagung eben darum nichtig, und von keiner gesezmäßigen Würkung sei, weil sie eine Abänderung derjenigen Gerechtsame in sich faßet, die dem Menschen wesentlich sind, und die er unmöglich verlieren kan, woferne er nicht, welches doch unmöglich ist, die ganze Natur eines Menschen verlieren soll. Wenn man also

Die einzige glaubwürdige Ursache, um derentwillen sich ein Mensch mit Vernunft entschließen kan, ein Mitglied einer Geselschaft, ein Bürger eines Staats zu werden, ist unstreitig die, daß er glaubt, in dieser Verbindung glüklich zufein. Wird er aber sich glüklich schäzen können, wenn er so unterwürfig wird, daß ihm jede Freiheit, jedes Recht, jeder Vorzug, den ihm die Natur, oder die gesellschaftlige Verbindung gegeben haben, durch den unumschränkten Willen eines andern benommen werden kan? Und wird nicht eine Befugniß, die sich soweit erstreket, denjenigen, der durch sie leidet, in eine Art der Sklaverei stürzen, die sich nicht größer, nicht abscheulicher denken läßt? Zwar sind verschiedene Lehrer der Staatskunft kühn genug gewesen, zu behaupten, daß jeder, der sich der Herschaft anderer unterwirft, eben dadurch allen Gerechtsamen entfage, die ihm sonst von Natur, oder aus andern Ursachen zukommen- Aber, was für scheinbare Gründe sie auch zur Unterstüzung ihrer Meinung anführen, so ist es doch gewis, daß eine solche Entsagung eben darum nichtig, und von keiner gesezmäßigen Würkung sei, weil sie eine Abänderung derjenigen Gerechtsame in sich faßet, die dem Menschen wesentlich sind, und die er unmöglich verlieren kan, woferne er nicht, welches doch unmöglich ist, die ganze Natur eines Menschen verlieren soll. Wenn man also

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Die einzige glaubwürdige Ursache, um derentwillen                      sich ein Mensch mit Vernunft entschließen kan, ein Mitglied einer Geselschaft,                      ein Bürger eines Staats zu werden, ist unstreitig die, daß er glaubt, in dieser                      Verbindung glüklich zufein. Wird er aber sich glüklich schäzen können, wenn er                      so unterwürfig wird, daß ihm jede Freiheit, jedes Recht, jeder Vorzug, den ihm                      die Natur, oder die gesellschaftlige Verbindung gegeben haben, durch den                      unumschränkten Willen eines andern benommen werden kan? Und wird nicht eine                      Befugniß, die sich soweit erstreket, denjenigen, der durch sie leidet, in eine                      Art der Sklaverei stürzen, die sich nicht größer, nicht abscheulicher denken                      läßt? Zwar sind verschiedene Lehrer der Staatskunft kühn genug gewesen, zu                      behaupten, daß jeder, der sich der Herschaft anderer unterwirft, eben dadurch                      allen Gerechtsamen entfage, die ihm sonst von Natur, oder aus andern Ursachen                      zukommen- Aber, was für scheinbare Gründe sie auch zur Unterstüzung ihrer                      Meinung anführen, so ist es doch gewis, daß eine solche Entsagung eben darum                      nichtig, und von keiner gesezmäßigen Würkung sei, weil sie eine Abänderung                      derjenigen Gerechtsame in sich faßet, die dem Menschen wesentlich sind, und die                      er unmöglich verlieren kan, woferne er nicht, welches doch unmöglich ist, die                      ganze Natur eines Menschen verlieren soll. Wenn man also
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[905/0917] Die einzige glaubwürdige Ursache, um derentwillen sich ein Mensch mit Vernunft entschließen kan, ein Mitglied einer Geselschaft, ein Bürger eines Staats zu werden, ist unstreitig die, daß er glaubt, in dieser Verbindung glüklich zufein. Wird er aber sich glüklich schäzen können, wenn er so unterwürfig wird, daß ihm jede Freiheit, jedes Recht, jeder Vorzug, den ihm die Natur, oder die gesellschaftlige Verbindung gegeben haben, durch den unumschränkten Willen eines andern benommen werden kan? Und wird nicht eine Befugniß, die sich soweit erstreket, denjenigen, der durch sie leidet, in eine Art der Sklaverei stürzen, die sich nicht größer, nicht abscheulicher denken läßt? Zwar sind verschiedene Lehrer der Staatskunft kühn genug gewesen, zu behaupten, daß jeder, der sich der Herschaft anderer unterwirft, eben dadurch allen Gerechtsamen entfage, die ihm sonst von Natur, oder aus andern Ursachen zukommen- Aber, was für scheinbare Gründe sie auch zur Unterstüzung ihrer Meinung anführen, so ist es doch gewis, daß eine solche Entsagung eben darum nichtig, und von keiner gesezmäßigen Würkung sei, weil sie eine Abänderung derjenigen Gerechtsame in sich faßet, die dem Menschen wesentlich sind, und die er unmöglich verlieren kan, woferne er nicht, welches doch unmöglich ist, die ganze Natur eines Menschen verlieren soll. Wenn man also

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Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 905. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/917>, abgerufen am 22.11.2024.