Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Christlige Lehren und Einrichtungen vermischte, auf Zauberei, Zeichendeuterei und Geisterbeschwerungen hielt, Juliano das Reich verhies und ihm seinen Aberglauben und Unglauben zugleich einflößete; andere von gleicher Art bestätigten dieses: indes verbarg er solche Neigung, verwaltete sogar das Amt eines Lesers in der Versamlung der Christen, lies den Kopf scheren, den Bart wachsen, betrug und kleidete sich als einen Mönch: bis er 355 zum Nachfolger im Reiche ernant ward, da er diese Lebensart, nicht aber den Schein des Christenthums faren lies, welchem Gottesdienste er nach angenommener höchsten Würde noch 351 beiwonete: als er nach Illyrien eingedrungen war und seine Waffen glükligen Fortgang hatten, fing er an die Gözenhäuser zuöfnen und öffentlig zuopfern: als er zur alleinigen Herschaft gelanget war, und seinem Einzug zu Constantinopel den 11 December 351 gehalten hatte, schafte er die überflüßigen Bedienten ab, lies das Verfaren der Lieblinge untersuchen und viele hinrichten; dagegen wurde sein Hof bald mit heidnischen Zauberern und Weltweisen angefüllet, wie beides damals verbunden zusein pflegte. Den Gözendienst herzustellen, das Christentum aber zudrukken war ein angelegentligstes Geschäft: doch vermied er bei lezterm die offenbare Gewalt, welche vorhin vergebens angewand worden, und jezt gegen eine angewachsene Menge nicht rathsam

Christlige Lehren und Einrichtungen vermischte, auf Zauberei, Zeichendeuterei und Geisterbeschwerungen hielt, Juliano das Reich verhies und ihm seinen Aberglauben und Unglauben zugleich einflößete; andere von gleicher Art bestätigten dieses: indes verbarg er solche Neigung, verwaltete sogar das Amt eines Lesers in der Versamlung der Christen, lies den Kopf scheren, den Bart wachsen, betrug und kleidete sich als einen Mönch: bis er 355 zum Nachfolger im Reiche ernant ward, da er diese Lebensart, nicht aber den Schein des Christenthums faren lies, welchem Gottesdienste er nach angenommener höchsten Würde noch 351 beiwonete: als er nach Illyrien eingedrungen war und seine Waffen glükligen Fortgang hatten, fing er an die Gözenhäuser zuöfnen und öffentlig zuopfern: als er zur alleinigen Herschaft gelanget war, und seinem Einzug zu Constantinopel den 11 December 351 gehalten hatte, schafte er die überflüßigen Bedienten ab, lies das Verfaren der Lieblinge untersuchen und viele hinrichten; dagegen wurde sein Hof bald mit heidnischen Zauberern und Weltweisen angefüllet, wie beides damals verbunden zusein pflegte. Den Gözendienst herzustellen, das Christentum aber zudrukken war ein angelegentligstes Geschäft: doch vermied er bei lezterm die offenbare Gewalt, welche vorhin vergebens angewand worden, und jezt gegen eine angewachsene Menge nicht rathsam

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0084" n="72"/>
Christlige Lehren und Einrichtungen                      vermischte, auf Zauberei, Zeichendeuterei und Geisterbeschwerungen hielt,                      Juliano das Reich verhies und ihm seinen Aberglauben und Unglauben zugleich                      einflößete; andere von gleicher Art bestätigten dieses: indes verbarg er solche                      Neigung, verwaltete sogar das Amt eines Lesers in der Versamlung der Christen,                      lies den Kopf scheren, den Bart wachsen, betrug und kleidete sich als einen                      Mönch: bis er 355 zum Nachfolger im Reiche ernant ward, da er diese Lebensart,                      nicht aber den Schein des Christenthums faren lies, welchem Gottesdienste er                      nach angenommener höchsten Würde noch 351 beiwonete: als er nach Illyrien                      eingedrungen war und seine Waffen glükligen Fortgang hatten, fing er an die                      Gözenhäuser zuöfnen und öffentlig zuopfern: als er zur alleinigen Herschaft                      gelanget war, und seinem Einzug zu Constantinopel den 11 December 351 gehalten                      hatte, schafte er die überflüßigen Bedienten ab, lies das Verfaren der Lieblinge                      untersuchen und viele hinrichten; dagegen wurde sein Hof bald mit heidnischen                      Zauberern und Weltweisen angefüllet, wie beides damals verbunden zusein pflegte.                      Den Gözendienst herzustellen, das Christentum aber zudrukken war ein                      angelegentligstes Geschäft: doch vermied er bei lezterm die offenbare Gewalt,                      welche vorhin vergebens angewand worden, und jezt gegen eine angewachsene Menge                      nicht rathsam
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0084] Christlige Lehren und Einrichtungen vermischte, auf Zauberei, Zeichendeuterei und Geisterbeschwerungen hielt, Juliano das Reich verhies und ihm seinen Aberglauben und Unglauben zugleich einflößete; andere von gleicher Art bestätigten dieses: indes verbarg er solche Neigung, verwaltete sogar das Amt eines Lesers in der Versamlung der Christen, lies den Kopf scheren, den Bart wachsen, betrug und kleidete sich als einen Mönch: bis er 355 zum Nachfolger im Reiche ernant ward, da er diese Lebensart, nicht aber den Schein des Christenthums faren lies, welchem Gottesdienste er nach angenommener höchsten Würde noch 351 beiwonete: als er nach Illyrien eingedrungen war und seine Waffen glükligen Fortgang hatten, fing er an die Gözenhäuser zuöfnen und öffentlig zuopfern: als er zur alleinigen Herschaft gelanget war, und seinem Einzug zu Constantinopel den 11 December 351 gehalten hatte, schafte er die überflüßigen Bedienten ab, lies das Verfaren der Lieblinge untersuchen und viele hinrichten; dagegen wurde sein Hof bald mit heidnischen Zauberern und Weltweisen angefüllet, wie beides damals verbunden zusein pflegte. Den Gözendienst herzustellen, das Christentum aber zudrukken war ein angelegentligstes Geschäft: doch vermied er bei lezterm die offenbare Gewalt, welche vorhin vergebens angewand worden, und jezt gegen eine angewachsene Menge nicht rathsam

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/84
Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/84>, abgerufen am 23.11.2024.