theilet, daß Karlstadt eine richtige Meinung nicht aufs beste vortrüge; wiewol sein eigener Vortrag, ist sei soviel als bedeutet, nicht so bequem gesunden würde als der, daß mein Leib soviel, als ein Zeichen meines Leibes, anzeigte. Die Wiederräufer traten dieser Lehre bei, wiewol sie theils die äuserligen Gnadenmittel sehr gering achteten: sie drungen aber, neben Verwerfung der Kindertaufe, vornemlig auf genaue Zucht bei der Gemeine, so von ihren Vorstehern durch den Ban zuerhalten und also das Reich des Gesalbten anzurichten sei, mit Aushebung aller weltligen Gewalt. Jene beiderlei Bekenner, die unwissend und ohne Betrachtung der Folgen den Grund legen halfen zur unumschränkten Gewalt weltliger Fürsten und Obrigkeiten, hätten diesen sogleich das eigentlige Vorsteheramt bei der Gemeine auftragen mögen, unter Bedingung einer auch über sie zuhandhabenden Zucht: nun, da die Schwärmer auf Zucht und Ordnung drungen, drungen sie weniger darauf und bekamen sie später oder gar nicht, weil sie sich von diesen Feinden der Obrigkeit unterscheiden wolten. Die Wiedertäufer wolten die weltligen Fürsten vertilgen um ihre schwärmerischen Lehrer und Vorsteher an deren Stellen zusezen; wobei die wenigsten bedachten, daß diese Vorsteher Fürsten wären, wen die Absicht erreichet würde: wen bei wenigem Erkentniße eine gute Bewegung entstehet, ist ein Ybermas von Traurigkeit weniger gefärlig, als eine voreilige Zufrieden-
theilet, daß Karlstadt eine richtige Meinung nicht aufs beste vortrüge; wiewol sein eigener Vortrag, ist sei soviel als bedeutet, nicht so bequem gesunden würde als der, daß mein Leib soviel, als ein Zeichen meines Leibes, anzeigte. Die Wiederräufer traten dieser Lehre bei, wiewol sie theils die äuserligen Gnadenmittel sehr gering achteten: sie drungen aber, neben Verwerfung der Kindertaufe, vornemlig auf genaue Zucht bei der Gemeine, so von ihren Vorstehern durch den Ban zuerhalten und also das Reich des Gesalbten anzurichten sei, mit Aushebung aller weltligen Gewalt. Jene beiderlei Bekenner, die unwissend und ohne Betrachtung der Folgen den Grund legen halfen zur unumschränkten Gewalt weltliger Fürsten und Obrigkeiten, hätten diesen sogleich das eigentlige Vorsteheramt bei der Gemeine auftragen mögen, unter Bedingung einer auch über sie zuhandhabenden Zucht: nun, da die Schwärmer auf Zucht und Ordnung drungen, drungen sie weniger darauf und bekamen sie später oder gar nicht, weil sie sich von diesen Feinden der Obrigkeit unterscheiden wolten. Die Wiedertäufer wolten die weltligen Fürsten vertilgen um ihre schwärmerischen Lehrer und Vorsteher an deren Stellen zusezen; wobei die wenigsten bedachten, daß diese Vorsteher Fürsten wären, wen die Absicht erreichet würde: wen bei wenigem Erkentniße eine gute Bewegung entstehet, ist ein Ybermas von Traurigkeit weniger gefärlig, als eine voreilige Zufrieden-
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0704"n="692"/>
theilet, daß Karlstadt eine richtige Meinung nicht aufs beste vortrüge; wiewol sein eigener Vortrag, ist sei soviel als bedeutet, nicht so bequem gesunden würde als der, daß mein Leib soviel, als ein Zeichen meines Leibes, anzeigte. Die Wiederräufer traten dieser Lehre bei, wiewol sie theils die äuserligen Gnadenmittel sehr gering achteten: sie drungen aber, neben Verwerfung der Kindertaufe, vornemlig auf genaue Zucht bei der Gemeine, so von ihren Vorstehern durch den Ban zuerhalten und also das Reich des Gesalbten anzurichten sei, mit Aushebung aller weltligen Gewalt. Jene beiderlei Bekenner, die unwissend und ohne Betrachtung der Folgen den Grund legen halfen zur unumschränkten Gewalt weltliger Fürsten und Obrigkeiten, hätten diesen sogleich das eigentlige Vorsteheramt bei der Gemeine auftragen mögen, unter Bedingung einer auch über sie zuhandhabenden Zucht: nun, da die Schwärmer auf Zucht und Ordnung drungen, drungen sie weniger darauf und bekamen sie später oder gar nicht, weil sie sich von diesen Feinden der Obrigkeit unterscheiden wolten. Die Wiedertäufer wolten die weltligen Fürsten vertilgen um ihre schwärmerischen Lehrer und Vorsteher an deren Stellen zusezen; wobei die wenigsten bedachten, daß diese Vorsteher Fürsten wären, wen die Absicht erreichet würde: wen bei wenigem Erkentniße eine gute Bewegung entstehet, ist ein Ybermas von Traurigkeit weniger gefärlig, als eine voreilige Zufrieden-
</p></div></body></text></TEI>
[692/0704]
theilet, daß Karlstadt eine richtige Meinung nicht aufs beste vortrüge; wiewol sein eigener Vortrag, ist sei soviel als bedeutet, nicht so bequem gesunden würde als der, daß mein Leib soviel, als ein Zeichen meines Leibes, anzeigte. Die Wiederräufer traten dieser Lehre bei, wiewol sie theils die äuserligen Gnadenmittel sehr gering achteten: sie drungen aber, neben Verwerfung der Kindertaufe, vornemlig auf genaue Zucht bei der Gemeine, so von ihren Vorstehern durch den Ban zuerhalten und also das Reich des Gesalbten anzurichten sei, mit Aushebung aller weltligen Gewalt. Jene beiderlei Bekenner, die unwissend und ohne Betrachtung der Folgen den Grund legen halfen zur unumschränkten Gewalt weltliger Fürsten und Obrigkeiten, hätten diesen sogleich das eigentlige Vorsteheramt bei der Gemeine auftragen mögen, unter Bedingung einer auch über sie zuhandhabenden Zucht: nun, da die Schwärmer auf Zucht und Ordnung drungen, drungen sie weniger darauf und bekamen sie später oder gar nicht, weil sie sich von diesen Feinden der Obrigkeit unterscheiden wolten. Die Wiedertäufer wolten die weltligen Fürsten vertilgen um ihre schwärmerischen Lehrer und Vorsteher an deren Stellen zusezen; wobei die wenigsten bedachten, daß diese Vorsteher Fürsten wären, wen die Absicht erreichet würde: wen bei wenigem Erkentniße eine gute Bewegung entstehet, ist ein Ybermas von Traurigkeit weniger gefärlig, als eine voreilige Zufrieden-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
Ligaturen werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.
Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/704>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.