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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

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der damaligen Kaiser und Könige; daher er nun anfing so über sie zugebieten, als ob er selbst Herr über die Länder wäre, die angemaste algemeine Gerichtbarkeit höher trieb, als einer seiner Vorfaren, gänzligen Gehorsam forderte, den Gehorsam gegen die Fürsten aber an ihr löbliges Verfaren band, in deßen Ermangelung derselben Herschaft unrechtmäßig sei, worüber ihm das Urtheil zustehe. Im selbigem Jahre 858 ward auch zu Constantinopel Ignatius, der Sohn des vormaligen Kaisers Michael Rangabes, welchen die Kaiserin Theodora zum dasigen Patriarchen bestellet hatte, von deren Sohne Michael 3 abgesezet. Nachdem dieser 854 seiner Mutter der Gewalt beraubet und ins Kloster gebracht hatte, stund ihr Bruder Bardas, als ernanter Cäsar, dem Reiche vor, indem sich Michael den Ausschweifungen ergab, welche seine Mutter aus Herschsucht ihm erlaubet hatte: es wurde aber Bardas durchs Gerücht einer Blutschande beschuldiget; Ignatius versagte ihm deswegen das Abendmal und ward hinwieder des Patriarchats beraubet. Obgleich die Kaiser zu Constantinopel von Constantino dem großen her sich einer ungemesnen Gewalt über Gottesdienst und Lehre bedienet hatten; so war doch zugleich die Meinung blieben, daß Lehrer und Aufseher, sonderlig die Patriarchen, verpflichtet wären, die Laster der Kaiser und Fürsten zutadeln, sie auch

der damaligen Kaiser und Könige; daher er nun anfing so über sie zugebieten, als ob er selbst Herr über die Länder wäre, die angemaste algemeine Gerichtbarkeit höher trieb, als einer seiner Vorfaren, gänzligen Gehorsam forderte, den Gehorsam gegen die Fürsten aber an ihr löbliges Verfaren band, in deßen Ermangelung derselben Herschaft unrechtmäßig sei, worüber ihm das Urtheil zustehe. Im selbigem Jahre 858 ward auch zu Constantinopel Ignatius, der Sohn des vormaligen Kaisers Michael Rangabes, welchen die Kaiserin Theodora zum dasigen Patriarchen bestellet hatte, von deren Sohne Michael 3 abgesezet. Nachdem dieser 854 seiner Mutter der Gewalt beraubet und ins Kloster gebracht hatte, stund ihr Bruder Bardas, als ernanter Cäsar, dem Reiche vor, indem sich Michael den Ausschweifungen ergab, welche seine Mutter aus Herschsucht ihm erlaubet hatte: es wurde aber Bardas durchs Gerücht einer Blutschande beschuldiget; Ignatius versagte ihm deswegen das Abendmal und ward hinwieder des Patriarchats beraubet. Obgleich die Kaiser zu Constantinopel von Constantino dem großen her sich einer ungemesnen Gewalt über Gottesdienst und Lehre bedienet hatten; so war doch zugleich die Meinung blieben, daß Lehrer und Aufseher, sonderlig die Patriarchen, verpflichtet wären, die Laster der Kaiser und Fürsten zutadeln, sie auch

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[281/0293] der damaligen Kaiser und Könige; daher er nun anfing so über sie zugebieten, als ob er selbst Herr über die Länder wäre, die angemaste algemeine Gerichtbarkeit höher trieb, als einer seiner Vorfaren, gänzligen Gehorsam forderte, den Gehorsam gegen die Fürsten aber an ihr löbliges Verfaren band, in deßen Ermangelung derselben Herschaft unrechtmäßig sei, worüber ihm das Urtheil zustehe. Im selbigem Jahre 858 ward auch zu Constantinopel Ignatius, der Sohn des vormaligen Kaisers Michael Rangabes, welchen die Kaiserin Theodora zum dasigen Patriarchen bestellet hatte, von deren Sohne Michael 3 abgesezet. Nachdem dieser 854 seiner Mutter der Gewalt beraubet und ins Kloster gebracht hatte, stund ihr Bruder Bardas, als ernanter Cäsar, dem Reiche vor, indem sich Michael den Ausschweifungen ergab, welche seine Mutter aus Herschsucht ihm erlaubet hatte: es wurde aber Bardas durchs Gerücht einer Blutschande beschuldiget; Ignatius versagte ihm deswegen das Abendmal und ward hinwieder des Patriarchats beraubet. Obgleich die Kaiser zu Constantinopel von Constantino dem großen her sich einer ungemesnen Gewalt über Gottesdienst und Lehre bedienet hatten; so war doch zugleich die Meinung blieben, daß Lehrer und Aufseher, sonderlig die Patriarchen, verpflichtet wären, die Laster der Kaiser und Fürsten zutadeln, sie auch

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Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/293>, abgerufen am 22.11.2024.