Botmäßigkeit waren auch dieses wichtige Stükke, worauf bei solcher AEnderung stark gedrungen wurde, daß das Osterfest solte zu gleicher Zeit mit Rom gefeiret und nicht vorn am Kopfe, sondern auf Römische Weise mitten auf demselben den Kirchendienern das Haar beschnitten werden; den alles muste römisch sein. Die Zusäze waren mannigfaltig, die der Stul zu Rom für so nothwendig als das Christenthum selbst, welches dadurch verdunkelt ward, erklärete: Dazu kamen die Bilder, so zuerst am Ende des vierten Jahrhunders hin und wieder in die Gotteshäuser gesezet waren, welcher Misbrauch zunam und bald in Abgötterei ausschlug, ohngeachtet alles Wiederspruches vernünftiger und frommer Leute; man verteidigte sie mit einem altheidnischen Behelfe, unter dem Vorwande, daß sie den Einfältigen zum Unterrichte dieneten, die daraus lernen könten, was sie anbeten solten und daran erinnert würden, ohne die Bilder selbst anzubeten: es äuserte sich indes nunmehr der abgöttische Misbrauch offenbar und ein Bischof zu Marseilles, der solches bemerkte, hielt fürs dienligste alle Bilder aus den Kirchen zuwersen: allein Gregorius tadelte solchen Eifer 601 mit Anfürung des alten Befehls der Heiden vom Unterrichte der Unwißenden. Schwaches Erkentnis leuchtet aus Gregorii Verfaren allenthalben hervor und entschuldiget es zum theile: am schwersten ist aber das zuent-
Botmäßigkeit waren auch dieses wichtige Stükke, worauf bei solcher AEnderung stark gedrungen wurde, daß das Osterfest solte zu gleicher Zeit mit Rom gefeiret und nicht vorn am Kopfe, sondern auf Römische Weise mitten auf demselben den Kirchendienern das Haar beschnitten werden; den alles muste römisch sein. Die Zusäze waren mannigfaltig, die der Stul zu Rom für so nothwendig als das Christenthum selbst, welches dadurch verdunkelt ward, erklärete: Dazu kamen die Bilder, so zuerst am Ende des vierten Jahrhunders hin und wieder in die Gotteshäuser gesezet waren, welcher Misbrauch zunam und bald in Abgötterei ausschlug, ohngeachtet alles Wiederspruches vernünftiger und frommer Leute; man verteidigte sie mit einem altheidnischen Behelfe, unter dem Vorwande, daß sie den Einfältigen zum Unterrichte dieneten, die daraus lernen könten, was sie anbeten solten und daran erinnert würden, ohne die Bilder selbst anzubeten: es äuserte sich indes nunmehr der abgöttische Misbrauch offenbar und ein Bischof zu Marseilles, der solches bemerkte, hielt fürs dienligste alle Bilder aus den Kirchen zuwersen: allein Gregorius tadelte solchen Eifer 601 mit Anfürung des alten Befehls der Heiden vom Unterrichte der Unwißenden. Schwaches Erkentnis leuchtet aus Gregorii Verfaren allenthalben hervor und entschuldiget es zum theile: am schwersten ist aber das zuent-
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0192"n="180"/>
Botmäßigkeit waren auch dieses wichtige Stükke, worauf bei solcher AEnderung stark gedrungen wurde, daß das Osterfest solte zu gleicher Zeit mit Rom gefeiret und nicht vorn am Kopfe, sondern auf Römische Weise mitten auf demselben den Kirchendienern das Haar beschnitten werden; den alles muste römisch sein. Die Zusäze waren mannigfaltig, die der Stul zu Rom für so nothwendig als das Christenthum selbst, welches dadurch verdunkelt ward, erklärete: Dazu kamen die Bilder, so zuerst am Ende des vierten Jahrhunders hin und wieder in die Gotteshäuser gesezet waren, welcher Misbrauch zunam und bald in Abgötterei ausschlug, ohngeachtet alles Wiederspruches vernünftiger und frommer Leute; man verteidigte sie mit einem altheidnischen Behelfe, unter dem Vorwande, daß sie den Einfältigen zum Unterrichte dieneten, die daraus lernen könten, was sie anbeten solten und daran erinnert würden, ohne die Bilder selbst anzubeten: es äuserte sich indes nunmehr der abgöttische Misbrauch offenbar und ein Bischof zu Marseilles, der solches bemerkte, hielt fürs dienligste alle Bilder aus den Kirchen zuwersen: allein Gregorius tadelte solchen Eifer 601 mit Anfürung des alten Befehls der Heiden vom Unterrichte der Unwißenden. Schwaches Erkentnis leuchtet aus Gregorii Verfaren allenthalben hervor und entschuldiget es zum theile: am schwersten ist aber das zuent-
</p></div></body></text></TEI>
[180/0192]
Botmäßigkeit waren auch dieses wichtige Stükke, worauf bei solcher AEnderung stark gedrungen wurde, daß das Osterfest solte zu gleicher Zeit mit Rom gefeiret und nicht vorn am Kopfe, sondern auf Römische Weise mitten auf demselben den Kirchendienern das Haar beschnitten werden; den alles muste römisch sein. Die Zusäze waren mannigfaltig, die der Stul zu Rom für so nothwendig als das Christenthum selbst, welches dadurch verdunkelt ward, erklärete: Dazu kamen die Bilder, so zuerst am Ende des vierten Jahrhunders hin und wieder in die Gotteshäuser gesezet waren, welcher Misbrauch zunam und bald in Abgötterei ausschlug, ohngeachtet alles Wiederspruches vernünftiger und frommer Leute; man verteidigte sie mit einem altheidnischen Behelfe, unter dem Vorwande, daß sie den Einfältigen zum Unterrichte dieneten, die daraus lernen könten, was sie anbeten solten und daran erinnert würden, ohne die Bilder selbst anzubeten: es äuserte sich indes nunmehr der abgöttische Misbrauch offenbar und ein Bischof zu Marseilles, der solches bemerkte, hielt fürs dienligste alle Bilder aus den Kirchen zuwersen: allein Gregorius tadelte solchen Eifer 601 mit Anfürung des alten Befehls der Heiden vom Unterrichte der Unwißenden. Schwaches Erkentnis leuchtet aus Gregorii Verfaren allenthalben hervor und entschuldiget es zum theile: am schwersten ist aber das zuent-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
Ligaturen werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.
Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/192>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.