Herr! Gnad und Weisheit gib den Thronen; Geduld und Treu dem Unterthan! Soll Fürst und Knecht gesichert wohnen: So lächle deine Huld sie an.
Könte ich jetzt wol ruhig zu Bette gehen, und mich meines rechtmäßigen Vermögens erfreuen, wenn mich nicht, auch während meines Schlafs, der Schutz der Obrigkeit be- wachte? Ohne Ordnung und Gesetze würde die Erde eine Räuber- höle und jeder Wagehals mein Tirann seyn. Die Obrigkeit ist von Gott und hat einen mächtigen Einfluß auf die Religion: Frömmigkeit und Treue gegen den Landesherrn sind daher genaue Gefährten.
Obrigkeiten tragen das Bild Gottes an sich. Der Anblick eines Monarchen setzt unsre ganze Seele in Bewegung. Lebten wir jetzt noch im Stande der rohen Natur, und wären wir uns folglich alle gleich, aber auch alle nackend und wild: so hätten die Menschen weniger Werth in unsern Augen, und von Gottes Ma- jestät, Herrschaft und Gerechtigkeit würden wir kaum etwas be- greifen können. Wo eine Ordnung ist, die ist von Gott, und er- leichtert uns den Weg zu ihm. Eins bietet dem andern die Hand. Der Nährstand besorgt die Angelegenheiten des Körpers; der Lehrstand arbeitet für den Geist; und der Wehrstand beschützet beide, auf daß sie in ihrer Arbeit nicht unterbrochen werden. Nehmt einen dieser Stände hinweg, so fallen Schulen und Kir- chen zusammen und die Kinderzucht verwildert. Bedenke ich nun, daß Fürsten und Landesherrn den Zügel von allen Ständen regie- ten, so sehe ich leicht ein, daß unser zeitliches Wohlseyn in ihren Händen ruhet. Sie schatten die Hoheit Gottes ab. Ein Wort! so ist es Krieg; tausend Menschen bluten und hundert tausend weinen. Ein Federzug! und es ist Friede. -- So schickt auch
Gott,
Tiedens Abendand. I. Th. D
Der 24te Januar.
Herr! Gnad und Weisheit gib den Thronen; Geduld und Treu dem Unterthan! Soll Fuͤrſt und Knecht geſichert wohnen: So laͤchle deine Huld ſie an.
Koͤnte ich jetzt wol ruhig zu Bette gehen, und mich meines rechtmaͤßigen Vermoͤgens erfreuen, wenn mich nicht, auch waͤhrend meines Schlafs, der Schutz der Obrigkeit be- wachte? Ohne Ordnung und Geſetze wuͤrde die Erde eine Raͤuber- hoͤle und jeder Wagehals mein Tirann ſeyn. Die Obrigkeit iſt von Gott und hat einen maͤchtigen Einfluß auf die Religion: Froͤmmigkeit und Treue gegen den Landesherrn ſind daher genaue Gefaͤhrten.
Obrigkeiten tragen das Bild Gottes an ſich. Der Anblick eines Monarchen ſetzt unſre ganze Seele in Bewegung. Lebten wir jetzt noch im Stande der rohen Natur, und waͤren wir uns folglich alle gleich, aber auch alle nackend und wild: ſo haͤtten die Menſchen weniger Werth in unſern Augen, und von Gottes Ma- jeſtaͤt, Herrſchaft und Gerechtigkeit wuͤrden wir kaum etwas be- greifen koͤnnen. Wo eine Ordnung iſt, die iſt von Gott, und er- leichtert uns den Weg zu ihm. Eins bietet dem andern die Hand. Der Naͤhrſtand beſorgt die Angelegenheiten des Koͤrpers; der Lehrſtand arbeitet fuͤr den Geiſt; und der Wehrſtand beſchuͤtzet beide, auf daß ſie in ihrer Arbeit nicht unterbrochen werden. Nehmt einen dieſer Staͤnde hinweg, ſo fallen Schulen und Kir- chen zuſammen und die Kinderzucht verwildert. Bedenke ich nun, daß Fuͤrſten und Landesherrn den Zuͤgel von allen Staͤnden regie- ten, ſo ſehe ich leicht ein, daß unſer zeitliches Wohlſeyn in ihren Haͤnden ruhet. Sie ſchatten die Hoheit Gottes ab. Ein Wort! ſo iſt es Krieg; tauſend Menſchen bluten und hundert tauſend weinen. Ein Federzug! und es iſt Friede. — So ſchickt auch
Gott,
Tiedens Abendand. I. Th. D
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0086"n="49[79]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head>Der 24<hirendition="#sup">te</hi> Januar.</head><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">H</hi>err! Gnad und Weisheit gib den Thronen;</l><lb/><l>Geduld und Treu dem Unterthan!</l><lb/><l>Soll Fuͤrſt und Knecht geſichert wohnen:</l><lb/><l>So laͤchle deine Huld ſie an.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">K</hi>oͤnte ich jetzt wol ruhig zu Bette gehen, und mich meines<lb/>
rechtmaͤßigen Vermoͤgens erfreuen, wenn mich nicht, auch<lb/>
waͤhrend meines Schlafs, <hirendition="#fr">der Schutz der Obrigkeit</hi> be-<lb/>
wachte? Ohne Ordnung und Geſetze wuͤrde die Erde eine Raͤuber-<lb/>
hoͤle und jeder Wagehals mein Tirann ſeyn. Die Obrigkeit iſt<lb/>
von Gott und hat einen maͤchtigen Einfluß auf die Religion:<lb/>
Froͤmmigkeit und Treue gegen den Landesherrn ſind daher genaue<lb/>
Gefaͤhrten.</p><lb/><p>Obrigkeiten tragen das Bild Gottes an ſich. Der Anblick<lb/>
eines Monarchen ſetzt unſre ganze Seele in Bewegung. Lebten<lb/>
wir jetzt noch im Stande der rohen Natur, und waͤren wir uns<lb/>
folglich alle gleich, aber auch alle nackend und wild: ſo haͤtten die<lb/>
Menſchen weniger Werth in unſern Augen, und von Gottes Ma-<lb/>
jeſtaͤt, Herrſchaft und Gerechtigkeit wuͤrden wir kaum etwas be-<lb/>
greifen koͤnnen. Wo eine Ordnung iſt, die iſt von Gott, und er-<lb/>
leichtert uns den Weg zu ihm. Eins bietet dem andern die Hand.<lb/>
Der Naͤhrſtand beſorgt die Angelegenheiten des Koͤrpers; der<lb/>
Lehrſtand arbeitet fuͤr den Geiſt; und der Wehrſtand beſchuͤtzet<lb/>
beide, auf daß ſie in ihrer Arbeit nicht unterbrochen werden.<lb/>
Nehmt einen dieſer Staͤnde hinweg, ſo fallen Schulen und Kir-<lb/>
chen zuſammen und die Kinderzucht verwildert. Bedenke ich nun,<lb/>
daß Fuͤrſten und Landesherrn den Zuͤgel von allen Staͤnden regie-<lb/>
ten, ſo ſehe ich leicht ein, daß unſer zeitliches Wohlſeyn in ihren<lb/>
Haͤnden ruhet. Sie ſchatten die Hoheit Gottes ab. Ein Wort!<lb/>ſo iſt es Krieg; tauſend Menſchen bluten und hundert tauſend<lb/>
weinen. Ein Federzug! und es iſt Friede. — So ſchickt auch<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Tiedens Abendand. <hirendition="#aq">I.</hi> Th. D</fw><fwplace="bottom"type="catch">Gott,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[49[79]/0086]
Der 24te Januar.
Herr! Gnad und Weisheit gib den Thronen;
Geduld und Treu dem Unterthan!
Soll Fuͤrſt und Knecht geſichert wohnen:
So laͤchle deine Huld ſie an.
Koͤnte ich jetzt wol ruhig zu Bette gehen, und mich meines
rechtmaͤßigen Vermoͤgens erfreuen, wenn mich nicht, auch
waͤhrend meines Schlafs, der Schutz der Obrigkeit be-
wachte? Ohne Ordnung und Geſetze wuͤrde die Erde eine Raͤuber-
hoͤle und jeder Wagehals mein Tirann ſeyn. Die Obrigkeit iſt
von Gott und hat einen maͤchtigen Einfluß auf die Religion:
Froͤmmigkeit und Treue gegen den Landesherrn ſind daher genaue
Gefaͤhrten.
Obrigkeiten tragen das Bild Gottes an ſich. Der Anblick
eines Monarchen ſetzt unſre ganze Seele in Bewegung. Lebten
wir jetzt noch im Stande der rohen Natur, und waͤren wir uns
folglich alle gleich, aber auch alle nackend und wild: ſo haͤtten die
Menſchen weniger Werth in unſern Augen, und von Gottes Ma-
jeſtaͤt, Herrſchaft und Gerechtigkeit wuͤrden wir kaum etwas be-
greifen koͤnnen. Wo eine Ordnung iſt, die iſt von Gott, und er-
leichtert uns den Weg zu ihm. Eins bietet dem andern die Hand.
Der Naͤhrſtand beſorgt die Angelegenheiten des Koͤrpers; der
Lehrſtand arbeitet fuͤr den Geiſt; und der Wehrſtand beſchuͤtzet
beide, auf daß ſie in ihrer Arbeit nicht unterbrochen werden.
Nehmt einen dieſer Staͤnde hinweg, ſo fallen Schulen und Kir-
chen zuſammen und die Kinderzucht verwildert. Bedenke ich nun,
daß Fuͤrſten und Landesherrn den Zuͤgel von allen Staͤnden regie-
ten, ſo ſehe ich leicht ein, daß unſer zeitliches Wohlſeyn in ihren
Haͤnden ruhet. Sie ſchatten die Hoheit Gottes ab. Ein Wort!
ſo iſt es Krieg; tauſend Menſchen bluten und hundert tauſend
weinen. Ein Federzug! und es iſt Friede. — So ſchickt auch
Gott,
Tiedens Abendand. I. Th. D
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 49[79]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/86>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.