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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

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Der 16te Januar.
müssen wachen können. Die Jünger Jesu konten es in Geth
mane nicht, und bekamen ihrer Schläfrigkeit wegen einen V[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
weis. Verschlafne Mütter, welche ihre Säuglinge erdrücke
und Menschen, welche bei ihren kranken Freunden nicht wach
können; oder Schlaftrunkne, welche die Stimme verirrter R[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
senden, die Warnungen vor plötzlicher Gefahr, oder das Aechz[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
eines Jammernden nicht hören: sind alle die nicht eben so sch[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
tenswerth, als es die Jünger am Oelberge waren? Wir stehe
zuweilen auf einem Posten, wo es traurige Folgen nach sich zi[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
hen kan, wenn wir uns vom Schlummer übermannen lassen. P[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
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die jemals den Erdkreis bedeckte, beim Angstgebet ihres göttliche[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Freundes ein: ach! wie oft bin ich schon über meinem eignen Ge-
bet eingeschlummert, und hörte also die Stimme Jesu nicht: geh[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
hin, schlaf in Frieden, deine Sünden sind dir vergeben!

Nein! ich will mich jetzt noch auf einige Minuten ermuntern,
und mit Gott reden. Ich will kein Sklave des mir zur Unzeit
anwandelnden Schlafs seyn: denn es werden noch wol Nächte
kommen, wo er mir nicht gehorcht, sondern von meinem Kran-
kenbette hinwegflieht! Innigster Dank sey dir, Herr der Natur!
für den Balsam des Schlafs: aber unmäßig will ich ihn nicht
gebrauchen, damit er mich nicht trunken mache. Preis und An-
betung für alle Wohlthaten, die ich durch dieses dein Geschenk
von je her erhalten habe! Aber umsonst erstattest du mir meine
Kräfte am Morgen nicht; ich, dein Haushalter sitze nur auf
Rechnung. Ich soll wuchern und von-deinen mir anvertrauten
Gütern reiche Zinsen liefern. O wie viele habe ich schon unter-
schlagen, oder in ein Schweißtuch vergraben, und als unnütz
liegen laßen! Wie wenn du mich jetzt vor dir fodertest: daß ich
Rechnung von meinem Haushalten thun solte! -- Verzeih, o!
Herr, dem ungetreuen Knechte, der jetzt sich vor dir demütiget,
und um Gnade fleht! Schenk mir durch nothdürftigen Schlaf
diese Nacht neue Kräfte: so will ich dir morgen mit neuem Eifer
dienen, und dir zur Ehre wachen!

Der

Der 16te Januar.
muͤſſen wachen koͤnnen. Die Juͤnger Jeſu konten es in Geth
mane nicht, und bekamen ihrer Schlaͤfrigkeit wegen einen V[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
weis. Verſchlafne Muͤtter, welche ihre Saͤuglinge erdruͤcke
und Menſchen, welche bei ihren kranken Freunden nicht wach
koͤnnen; oder Schlaftrunkne, welche die Stimme verirrter R[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
ſenden, die Warnungen vor ploͤtzlicher Gefahr, oder das Aechz[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
eines Jammernden nicht hoͤren: ſind alle die nicht eben ſo ſch[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
tenswerth, als es die Juͤnger am Oelberge waren? Wir ſtehe
zuweilen auf einem Poſten, wo es traurige Folgen nach ſich zi[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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Freundes ein: ach! wie oft bin ich ſchon uͤber meinem eignen Ge-
bet eingeſchlummert, und hoͤrte alſo die Stimme Jeſu nicht: geh[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
hin, ſchlaf in Frieden, deine Suͤnden ſind dir vergeben!

Nein! ich will mich jetzt noch auf einige Minuten ermuntern,
und mit Gott reden. Ich will kein Sklave des mir zur Unzeit
anwandelnden Schlafs ſeyn: denn es werden noch wol Naͤchte
kommen, wo er mir nicht gehorcht, ſondern von meinem Kran-
kenbette hinwegflieht! Innigſter Dank ſey dir, Herr der Natur!
fuͤr den Balſam des Schlafs: aber unmaͤßig will ich ihn nicht
gebrauchen, damit er mich nicht trunken mache. Preis und An-
betung fuͤr alle Wohlthaten, die ich durch dieſes dein Geſchenk
von je her erhalten habe! Aber umſonſt erſtatteſt du mir meine
Kraͤfte am Morgen nicht; ich, dein Haushalter ſitze nur auf
Rechnung. Ich ſoll wuchern und von-deinen mir anvertrauten
Guͤtern reiche Zinſen liefern. O wie viele habe ich ſchon unter-
ſchlagen, oder in ein Schweißtuch vergraben, und als unnuͤtz
liegen laßen! Wie wenn du mich jetzt vor dir foderteſt: daß ich
Rechnung von meinem Haushalten thun ſolte! — Verzeih, o!
Herr, dem ungetreuen Knechte, der jetzt ſich vor dir demuͤtiget,
und um Gnade fleht! Schenk mir durch nothduͤrftigen Schlaf
dieſe Nacht neue Kraͤfte: ſo will ich dir morgen mit neuem Eifer
dienen, und dir zur Ehre wachen!

Der
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[40[70]/0077] Der 16te Januar. muͤſſen wachen koͤnnen. Die Juͤnger Jeſu konten es in Geth mane nicht, und bekamen ihrer Schlaͤfrigkeit wegen einen V_ weis. Verſchlafne Muͤtter, welche ihre Saͤuglinge erdruͤcke und Menſchen, welche bei ihren kranken Freunden nicht wach koͤnnen; oder Schlaftrunkne, welche die Stimme verirrter R_ ſenden, die Warnungen vor ploͤtzlicher Gefahr, oder das Aechz_ eines Jammernden nicht hoͤren: ſind alle die nicht eben ſo ſch_ tenswerth, als es die Juͤnger am Oelberge waren? Wir ſtehe zuweilen auf einem Poſten, wo es traurige Folgen nach ſich zi_ hen kan, wenn wir uns vom Schlummer uͤbermannen laſſen. P_ trus, Jacobus und Johannes ſchliefen, in der wichtigſten Nach_ die jemals den Erdkreis bedeckte, beim Angſtgebet ihres goͤttliche_ Freundes ein: ach! wie oft bin ich ſchon uͤber meinem eignen Ge- bet eingeſchlummert, und hoͤrte alſo die Stimme Jeſu nicht: geh_ hin, ſchlaf in Frieden, deine Suͤnden ſind dir vergeben! Nein! ich will mich jetzt noch auf einige Minuten ermuntern, und mit Gott reden. Ich will kein Sklave des mir zur Unzeit anwandelnden Schlafs ſeyn: denn es werden noch wol Naͤchte kommen, wo er mir nicht gehorcht, ſondern von meinem Kran- kenbette hinwegflieht! Innigſter Dank ſey dir, Herr der Natur! fuͤr den Balſam des Schlafs: aber unmaͤßig will ich ihn nicht gebrauchen, damit er mich nicht trunken mache. Preis und An- betung fuͤr alle Wohlthaten, die ich durch dieſes dein Geſchenk von je her erhalten habe! Aber umſonſt erſtatteſt du mir meine Kraͤfte am Morgen nicht; ich, dein Haushalter ſitze nur auf Rechnung. Ich ſoll wuchern und von-deinen mir anvertrauten Guͤtern reiche Zinſen liefern. O wie viele habe ich ſchon unter- ſchlagen, oder in ein Schweißtuch vergraben, und als unnuͤtz liegen laßen! Wie wenn du mich jetzt vor dir foderteſt: daß ich Rechnung von meinem Haushalten thun ſolte! — Verzeih, o! Herr, dem ungetreuen Knechte, der jetzt ſich vor dir demuͤtiget, und um Gnade fleht! Schenk mir durch nothduͤrftigen Schlaf dieſe Nacht neue Kraͤfte: ſo will ich dir morgen mit neuem Eifer dienen, und dir zur Ehre wachen! Der

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Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 40[70]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/77>, abgerufen am 27.11.2024.